Allach:Neu-Land

Kesselhaus auf dem Diamalt Gelände in München Allach, 2014

Schöner Anblick: Das von privat renovierte Kesselhaus gehört zu den Baudenkmälern des Geländes.

(Foto: Robert Haas)

Die Stadt will das Diamalt-Gelände mit seinen denkmalgeschützten Bauten wie dem Kesselhaus und der alten Suppenwürzefabrik nach Jahren der Brache in ein Wohngebiet umwandeln

Von Anita Naujokat, Allach

Es ist ein Gebiet mit einer ganz besonderen Note: das Diamalt-Gelände. Die Stadt will das einstige Industriegebiet mit seinen denkmalgeschützten Bauten wie dem von privat renovierten Kesselhaus und der alten Suppenwürzefabrik in der Mitte des Geländes nach langen Jahren der Brache in ein Wohngebiet umwandeln. Bis zu 680 Wohnungen für 1600 Einwohner könnten dann auf dem immerhin 8,5 Hektar großen Grundstück zwischen der Ludwigsfelder Straße im Norden, der Bahnlinie München - Treuchtlingen im Osten und der Georg-Reismüller-Straße im Westen entstehen.

Allach prägt das Spannungsfeld zwischen alter und neuer Industrie(-kultur), bäuerlichen Strukturen und Moderne: Historisch betrachtet hat es sich aus einem Straßendorf zu einem Stadtteil mit der höchsten Industriedichte in ganz München entwickelt, verfügt mit der Angerlohe, dem Allacher Forst, dem Lochholz und Äckern, Wiesen und Feldern aber auch über eingestreute Grün- und Schutzflächen. Dies soll sich auch auf dem Diamalt-Areal künftig widerspiegeln. Als ein städtebauliches Ziel hat das Planungsreferat definiert, die Baudenkmäler in die Wohnbebauung zu integrieren und zugleich große Erholungsflächen zu schaffen. Entlang der Bahn und der Ludwigsfelder Straße sollen höhere Gebäude ermöglicht werden, die zur Georg-Reismüller-Straße hin abfallend immer niedriger werden. Öffentliche Grünanlagen sind vor allem im Westen an der Georg-Reismüller-Straße geplant, die den Bewohnern und benachbarten Anwohnern zur Erholung dienen sollen. Erschlossen werden soll das Areal, das der Isaria Wohnbau gehört, von der Ludwigsfelder Straße aus.

Bedenken meldete der Bezirksausschuss (BA) darüber an, wie der Verkehr außerhalb des Gebiets aufgenommen werden könne. "Deshalb verstehen wir nicht, wie die weitere Verbindung von der Pasteurstraße zum Karlsfelder S-Bahnhof mit einem Federstrich beiseite gewischt worden ist", sagte Stefanie Martin (CSU), Vorsitzendes des Unterausschusses Planung und Bau. Dieses Stück hätte mit der geplanten Straße über das Junkers-Gelände eine durchgängige Verbindung von der Ludwigsfelder Straße bis zur S-Bahn-Station schaffen sollen, war aber unlängst vom Planungsreferat abgelehnt worden. In der Beschlussvorlage für den Stadtrat geht die Behörde von 1800 bis 2100 zusätzlichen Fahrzeugbewegungen pro 24 Stunden aus, die "voraussichtlich vom umliegenden (Haupt-)Straßennetz aufgenommen werden" können. "Wir wollen, dass parallel zur Entwicklung des Geländes die verkehrliche Situation angefasst wird, damit wir nicht im Chaos enden", forderte die CSU-Stadträtin und BA-Chefin Heike Kainz. Bernd Willer aus dem Planungsreferat, der dem BA die Pläne vorstellte, sagte dies in der Sitzung zu. Frühzeitig in dem noch ganz am Anfang stehenden Verfahren wollen die Stadtbezirksvertreter auch verbindlich wissen, wo die Kinder der künftigen Bewohner in die Schule gehen sollen. Zwar sind Horte und Krippen vorgesehen, die Schulversorgung sei aber zu allgemein dargestellt, monierte Stefanie Martin.

Strittig innerhalb des BA und fast die ganze Diskussion beherrschend war allerdings die Frage, ob die ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Mauer entlang der Georg-Reismüller-Straße erhalten bleiben soll oder nicht. Während die Grünen die Einfriedung als perfekt zum Ensemble passend einstuften, sehen andere wie Friedrich Schneller (SPD) in ihr nichts als eine verfallene "ganz einfache Industriemauer", die das Areal nur abschotte.

Der Untermenzinger Historiker Walter G. Demmel, der die Diamalt und das Gelände umfassend erforscht hat - diesen Freitag erscheint sein Buch dazu -, nannte den Streit unverständlich: Es könnten ja Durchbrüche geschaffen werden, um Sichtachsen und optische Bezüge herzustellen. Die alte Suppenwürze sei "ein Signal für die Siedlung und ganz Allach", sagte Demmel. Ihr Bild dürfe durch kein hohes Haus geschmälert werden. Im Gegenteil, müsse man mit diesem Gebäude wuchern: "So etwas gibt es in ganz München kaum noch."

Voraussichtlich vor der Sommerpause wird sich der Stadtrat mit der Änderung des Flächennutzungsplans und dem Aufstellungsbeschluss befassen. Er soll die Grundlage für einen dann folgenden städtebaulichen Wettbewerb bilden.

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