Allach:Ein Ort erschafft sich seine Mitte

Der Oertelplatz am Allacher Bahnhof soll das neue, lange ersehnte Quartierszentrum des Viertels werden. Die 3,3 Hektar große Fläche ist fast zu klein für die vielen Ideen der Bürger, die nun in den Wettbewerb einfließen

Von Julian Raff, Allach

Leergeräumt, wie er sich seit Monaten präsentiert, bietet der Oertelplatz am Allacher Bahnhof auf den ersten Blick reichlich Gestaltungsspielraum. Die Einwohnerversammlung zum neuen Quartierszentrum machte aber schnell deutlich, dass die verfügbaren 4500 Quadratmeter kaum ausreichen werden, alle Ideen und Wünsche zu verwirklichen.

Etwa 60 Anwohner waren gekommen, um ihre Anregungen an den Bezirksausschuss (BA) Allach-Untermenzing und den Investor heranzutragen. Die in Grünwald ansässige MOEG und MOEW GmbH (München Oertelplatz Gewerbe- beziehungsweise Immobilien) verwertet 3,3 Hektar Grund im Streifen zwischen Bahngleis, Oertelplatz und Lautenschlägerstraße. Voraussichtlich noch bis Dezember wird dort bis in sechs Meter Tiefe der Boden saniert. Das Erdreich ist belastet mit Kohleresten aus der Dampflok-Ära, die hier bis in die Fünfzigerjahre hinein gelagert wurden.

Im Südteil des Areals entstehen später acht Punkthäuser an der Lautenschlägerstraße, östlich davon ein Reihenhaus-Ensemble und im Süden ein L-förmiger Bau, der unter anderem eine Kindertagesstätte aufnehmen wird. Der Oertelplatz im Norden geht nach erfolgter Sanierung ins Eigentum der Stadt über. Flankiert wird er zur Bahn hin von einem "Solitärgebäude" mit gemischter Wohn- und Büronutzung. Südwestlich davon entsteht ein Einkaufszentrum mit rund 8000 Quadratmetern Ladenfläche. Ob das nicht zu groß sei, wollte ein besorgter Bürger wissen, aber Christine Fischer, Sprecherin des Investors, beruhigte: Es sei zehn Mal kleiner als das Olympia-Einkaufszentrum. Zwei Tiefgaragen für Kunden und Pendler werden insgesamt 470 Stellplätze bieten.

Abgesehen vom Anlieferverkehr, der südlich über die Hintermeierstraße abgewickelt werden soll, erfolgt die Zufahrt hauptsächlich über eine Rampe im Nordteil des Platzes. Auch sonst wird dessen nördliche Hälfte mit Taxiständen und einer um die Tiefgaragenzufahrt herum angelegten Bus-Wendeschleife ganz vom Verkehr beansprucht. Für Anwohner, die jemanden mit dem Auto zum Bahnhof bringen oder abholen, sind Kurzzeit-Halteflächen vorgesehen, von Verkehrsplanern passend "Kiss-and-Ride"-Plätze getauft.

Wer zum Bahnhof radelt, findet dort künftig 300 Bike-and-Ride Plätze vor, wo er sein Fahrrad diebstahlsicher am Rahmen anschließen kann - so der Vorschlag. Die Südhälfte des Geländes soll für den eigentlichen Quartiersplatz reserviert bleiben. Besonderen Beifall fand hier - mit Blick auf den heißen Sommer - die Anregung, einen Brunnen oder besser gleich eine Fontäne mit Wasserspielen zu bauen. Wie einer der beigeladenen Stadtplaner versicherte, handelt es sich nicht nur um eine aus der Hitze des Moments geborene Idee. Bäume, Bänke und Brunnen hätten noch jeden Platz aufgewertet, zu viel offene Fläche hingegen lade weder bei Sonnenglut zum Verweilen ein, noch an windigen Herbsttagen.

Über eventuelle Freiluft-Gastronomie hinaus wünschte sich eine Mehrheit der Anwesenden Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang, trotz vereinzelter Sorgen um die Nachtruhe der Anwohner. Ob sich auf der begrenzten Fläche weitergehende Ideen wie ein Mini-Theatron für Freiluftaufführungen realisieren lassen, bleibt fraglich. Noch enger würde es, falls dort ein Wochenmarkt eingeplant wird, so verlockend diese Idee Anfangs auch schien. Laut städtischer Auskunft bräuchten die Marktstände etwa 500 Quadratmeter freie Fläche. Entsprechend skeptisch äußerte sich die Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA), Heike Kainz (CSU), und konnte schließlich ein Zwei-Drittel-Votum gegen den Wochenmarkt in die nächste BA-Sitzung mitnehmen.

Wie viel Fläche dem Quartiersplatz bleibt, hängt nicht zuletzt von der künftigen Gestaltung der Lautenschlägerstraße ab. Die zunächst geplante Komplett-Abriegelung zur Vesaliusstraße ist derzeit vom Tisch, auch wenn dies den Platz angenehmer und für Kinder sicherer machen könnte, wie eine Anwohnerin bemerkte. In der Georg-Reismüller- und der Vesaliusstraße sind derzeit keine Umbauten geplant, vor allem letztere bleibt dabei schon durch den engen Querschnitt und parkende Autos einigermaßen verkehrsberuhigt.

Der Investor sicherte zu, die Bürgerideen so weit wie möglich in den Auslobungstext für den Gestaltungswettbewerb aufzunehmen, der im Herbst beginnt. Eine Entscheidung ist für Januar 2016 vorgesehen. Bis Frühjahr 2018 könnten der neue Oertelplatz und die angrenzenden Bauten dann fertig gestellt sein. Das Ende ist also in Sicht für die Allacher, die sich schon seit einem halben Jahrhundert nach einer herzeigbaren Ortsmitte sehnen.

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