Agricolaplatz:Verschwiegenes Kleinod

Blätterrauschen statt Verkehrsgetöse: Der Agricolaplatz dient den Laimern vor allem als Erholungsfläche.

Sabrina Ebitsch

Der Agricolaplatz ist der Gegenentwurf zum typischen Großstadtplatz, der Kontrapunkt zu Urbanität, Zentralität, Belebtheit: ein über die Viertelgrenzen im Westen Laims hinaus kaum bekanntes Kleinod, frequentiert vor allem von den Quartierbewohnern. Sein Name, wie 24 weitere Straßennamen in Laim, erinnert an Münchner Bürger, die die Stadt im 30-jährigen Krieg zum Schutz vor Verwüstung an die Schweden auslieferte.

Agricolaplatz: Grüne Oase: Für die Laimer ist der Agricolaplatz nicht nur Spielwiese und Flaniermeile, sondern auch ein beliebter Treffpunkt.

Grüne Oase: Für die Laimer ist der Agricolaplatz nicht nur Spielwiese und Flaniermeile, sondern auch ein beliebter Treffpunkt.

(Foto: Foto: Ebitsch)

Wie ein grüner Teppich ausgerollt mitten im Wohngebiet passt sich der rechteckige Agricolaplatz zwischen die Häuserzeilen ein, eine weitläufige Rasenfläche, nach außen hin abgeschirmt durch meterhohe Linden, Buchen, Kastanien mit bis zu zweieinhalb Metern Stammumfang, zwischen denen sich der Spaziergänger in der Dämmerung regelrecht verlieren kann.

Der Agricolaplatz ist ein Treffpunkt für die Laimer: Trampelpfade zum Spazierengehen durchziehen das Grün, am Wegrand stehen Tischtennisplatten, Bänke und Picknicktische. Außer einem Spielplatz mit dem Standardrepertoire Schaukel, Rutsche, Klettergerüst gibt es einen kleinen Rodelhügel. Ein Vater hebt seine drei Jungs aufs Klettergerüst, schubst sie auf der Schaukel an. Zwei Frauen gehen mit ihren Hunden spazieren, Pärchen schlendern Arm in Arm unter tiefhängenden Zweigen.

Mächtige Baumstämme als Torpfosten

In einer Ecke des Platzes, gut versteckt hinter Bäumen und Büschen, sitzen ein paar Jugendliche zusammen, kichern und spielen ab und zu Musik mit ihren Handys. Vorne spielt ein Vater mit ein paar Jungs Fußball, die mächtigen Stämme der dicht stehenden Bäume dienen als Torpfosten. Füße scharren auf dem Kiesboden, es ist kurz vor dem EM-Endspiel, "Finale!", schreit einer, als er trifft.

Sonst ist nicht viel zu hören am Agricolaplatz, ein Vorstadtidyll mit rauschenden Bäumen und zwitschernden Vögeln. Umsäumt ist der Platz an allen vier Seiten von Wohnhäusern, großteils genossenschaftlicher Wohnungsbau des frühen 20. Jahrhunderts, ein-, zwei-, allerhöchstens dreistöckig. Dazwischen nur das Torbogenstüberl, eine kleine Eckkneipe mit Dartscheiben und Gärtchen, benannt nach dem Torbogen hin zur Vohburger Straße, unter dem sie liegt. Viele Lichter sind nicht zu sehen und auch als die Straßenlaternen angehen, dringt durch die Phalanx der Bäume nicht viel ins Innere des Agricolaplatzes. Dunkelheit und Stille mitten in der Stadt.

Hell und laut ist es nur an der Südwestecke. Durch das dichte Laub schimmert die bunte Lichterkette des Laimer's, ein Gasthof mit Biergarten, im selben Gebäude ist auch das einzige Kino des Stadtbezirks, das Neue Rex, untergebracht. Das Laimer's ist ein Traditionslokal, vor mehr als 100 Jahren als Bürgerbräu gegründet. Während des Ersten Weltkriegs standen hier die Soldaten Schlange, weil es als Kriegsverpflegungsstation diente. Beides, Kino und Kneipe, sind Laimer Institutionen, für deren Erhalt die Bewohner gekämpft haben. Heute sitzen sie beim Bier unter Kastanien, schauen auf den grünen Dschungel schräg gegenüber und freuen sich vielleicht, dass es nicht gar so urban zugeht.

Alle reden vom Gärtnerplatz, dabei gibt es Plätze, die ebenso schön sind - die SZ stellt sie in lockerer Reihenfolge vor.

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