Affäre in der Münchner CSU:JU-Chef trotz Ämterverbots

  • Der Kreisverband München-Mitte hat am Wochenende den 22-jährigen Studenten Laurenz Kiefer trotz Ämtersperre zum neuen Vorsitzenden gewählt.
  • Die sechsmonatige Ämtersperre hatte er aufgebrummt bekommen, weil er sich die kompletten Mitgliederdaten des JU-Kreisverbands besorgt hatte, um effizienter für sich zu werben.

Von Dominik Hutter

Der Unmut in der Münchner CSU-Zentrale ist nicht zu überhören. "Genau das wollten wir verhindern", sagt Bezirksgeschäftsführer Frank Gübner. Parteichef Ludwig Spaenle bekundet seine tiefe Sorge über das Vorgehen des Parteinachwuchses. Die Junge Union (JU) hat es trotzdem getan: Ihr Kreisverband München-Mitte hat am Wochenende den 22-jährigen Studenten Laurenz Kiefer zum neuen Vorsitzenden gewählt. Obwohl der CSU-Bezirksvorstand ihm nur wenige Tage zuvor eine sechsmonatige Ämtersperre aufgebrummt hatte, weil Kiefer sich die kompletten Mitgliederdaten des JU-Kreisverbands besorgt hatte, um wirkungsvoller für sich werben zu können. "Das stimmt uns schon bedenklich", sagt Gübner.

Möglich wurde die Wahl, die sehr knapp ausging, durch einen Einspruch Kiefers vor dem Bezirksschiedsgericht, das über parteiinterne Streitigkeiten entscheiden muss. Das Gericht will sich nach Auskunft Gübners erst im Mai mit dem Fall Kiefer befassen, erklärte aber den Sofortvollzug der Ämtersperre für unwirksam. Das bedeutet: Sollten sich die Richter später doch noch der Meinung des CSU-Bezirksvorstands anschließen, muss die Wahl des JU-Kreischefs wiederholt werden. Gübner hält das keineswegs für unwahrscheinlich, schließlich habe sich das Schiedsgericht bislang nur mit dem Sofortvollzug auseinandergesetzt, nicht aber mit den Vorfällen vor der Wahl. Der jetzige Spruch müsse "nicht zwingend Signalwirkung haben".

Auer will die Wahl nicht anfechten

Kiefer hat sich am Samstagabend mit 38 zu 36 Stimmen gegen Valentin Auer, den CSU-Fraktionssprecher im Bezirksausschuss Maxvorstadt, durchgesetzt. Auer wurde Stellvertreter und will die Wahl, die ordnungsgemäß abgelaufen sei, nach eigenem Bekunden nicht anfechten. Über die noch anstehenden Ordnungsmaßnahmen müssten "die zuständigen Stellen entscheiden". Kiefer will sich zu dem laufenden Verfahren beim Schiedsgericht nicht äußern. "Ich hatte den Eindruck, dass es bei der Wahl um die Sache ging", erklärte er. Erstes Ziel sei es nun, "mit ausgestreckter Hand" die Geschlossenheit des JU-Kreisverbands zu stärken.

Dass das gelingt, gilt in der CSU keineswegs als ausgemacht. Beobachter der Wahl berichten von zwei Lagern im JU-Kreisverband Mitte - eines davon, das auf Seiten Kiefers steht, bestehe aus erst in den vergangenen zwei Jahren eingetretenen JU-Mitgliedern, die vielen Alteingesessenen zuvor gar nicht bekannt gewesen seien. Dieses Vorgehen erregte kürzlich auch bei den Ortsverbandswahlen im CSU-Kreisverband Mitte Aufsehen, wo es auffallend viele Übertritte und Neueintritte gegeben hatte; das kann die Mehrheitsverhältnisse maßgeblich beeinflussen. CSU-Bezirkschef Spaenle sah sich daraufhin zu einer Brandrede genötigt, in der er die Machenschaften der aufstrebenden Jungpolitiker deutlich kritisierte.

Insider gehen allerdings auch davon aus, dass die Wahl Kiefers einer Art Trotzreaktion entspringt, wie sie für Jugendorganisationen von Parteien nicht ungewöhnlich ist. Viele JU-ler wollten sich vom Bezirksvorstand nicht vorschreiben lassen, wen sie an die Spitze ihres Kreisverbands wählen. Kiefer hat vor der Wahl offenbar ganz gezielt auf dieses Pferd gesetzt. Der Jungpolitiker ist - falls sich das Schiedsgericht auf seine Seite schlägt - für zwei Jahre gewählt.

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