Ärger mit der Postbank:Die Bank sagt noch nicht mal Servus

Postbank legt Geschäftszahlen vor

Weil ein Briefzusteller einen Kontoauszug versehentlich zurückschickt, werden die Konten eines Münchner Anwalts ohne Vorwarnung gesperrt.

(Foto: dpa)

Das Konto ist gedeckt und Rechtsanwalt Berger seit mehr als 30 Jahre Kunde bei der Postbank: Alles gut, möchte man meinen. Doch als Kontoauszug 100 nicht zugestellt werden kann, nimmt das Drama seinen Lauf.

Von Bernd Kastner

Walter Berger ist Rechtsanwalt, hat seit 23 Jahren seine Kanzlei am Isartor, wohnt seit gut 30 Jahren in Garching, und ist seit mehr als 30 Jahren Kunde der Postbank. Das wäre nicht erwähnenswert, hätte er nicht eines Tages im Juli eine Nachricht von der Telekom bekommen. Er hatte seine Rechnung nicht bezahlt, 55,93 Euro hätten per Lastschrift abgebucht werden sollen von seinem Postbankkonto. Wurden sie aber nicht.

Damit beginnt eine Geschichte, die lustig klingt, für Anwalt Berger (Name geändert) aber gar nicht spaßig war. An jenem Tag, so erinnert sich Berger und so geht es auch aus seiner Korrespondenz hervor, habe er zunächst bei der Postbank angerufen. Um aber telefonisch Auskunft zu bekommen, hätte er ein Kennwort nennen müssen. Das aber hat er nicht, weil er nicht am Telefonbanking teilnimmt. Also schickt er wenig später eine E-Mail an die Bank und bittet um Aufklärung, schließlich sei sein Konto gedeckt. Keine Reaktion.

Zwei Tage später versucht es Berger mit einem Telefax. Inzwischen weiß er, dass schon zwei Lastschriften von seinem Kanzleikonto nicht ausgeführt wurden. Sein Fax klingt verärgert, er schickt es mittags ab. Keine Reaktion. Nachmittags um fünf steckt er das Fax in einen Briefumschlag und schickt es per Post. Er ist wütend: "Das ist geschäftsschädigend, unerträglich und skandalös. Bitte sorgen Sie unverzüglich für Aufklärung und Korrektur."

Tags darauf, an einem Freitag, geht Berger in seiner Not in die Postbank am Hauptbahnhof, und dort, so berichtet er, trifft er tatsächlich auf eine engagierte Mitarbeiterin. Jetzt erfährt er, dass sein Konto gesperrt ist, und nach einer dreiviertel Stunde teilt sie ihm die Ursache mit: Ein Kontoauszug sei vom Postboten mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt verzogen" zurückgeschickt worden. Man muss wissen, dass die Bank Berger seine Kontoauszüge beinahe täglich per Post zuschickt.

Es muss der Auszug Numero 100 gewesen sein, folgert Berger, denn der kam nicht bei ihm an, und es muss am 11. Juli passiert sein. Nummer 99 und Nummer 101 habe er erhalten, seine reguläre Briefzustellerin kenne ihn ja persönlich, aber an jenem Tag habe ein Vertreter gearbeitet. Berger ruft bei der Geschäftskundenbetreuung der Postbank in München an und bittet um rasche Erledigung. Abends versucht er am Automaten Geld abzuheben. Vergeblich.

Am Montag darauf ist das Konto immer noch gesperrt. Nun beauftragt er einen Kollegen, ihn anwaltlich zu vertreten. Inzwischen ist die Zahl der nicht ausgeführten Lastschriften auf fünf gestiegen, die Zahl der ignorierten Überweisungsaufträge auf drei. Erneut ruft Berger an, und siehe da, nun erfolgt der Durchbruch, es ist der 21. Juli. Bergers Konto ist wieder freigegeben, nach rund einer Woche.

Drei weitere Tage vergehen, ehe Berger erfährt, dass auch sein Privatkonto gesperrt worden war. Das habe er bemerkt, weil seine Stromrechnung nicht bezahlt worden war. Bleibt die Frage: Warum das alles?

Nach einem Schreiben der Postbank platzt Berger der Kragen

Die Post meldet sich vergleichsweise rasch, der Standardbrief klingt locker-flockig: "Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben sich die Mühe gemacht, uns Ihre Erfahrungen mit unserem Service zu schildern. Dafür sagen wir ,Danke'." Dann wird die Post konkret: "Wie Sie uns mitteilen, wurde für Sie bestimmte Briefpost zurückgeschickt - das tut uns leid." Man werde das intern prüfen. "Mit freundlichen Grüßen, Ihr Kundenservice Brief". Später, auf Anfrage der SZ, erklärt ein Postsprecher, dass man nicht wisse, ob etwas schief gelaufen sei, aber wenn, dann tue es der Post natürlich leid.

Es dauert bis zum 29. Juli, bis auch die Postbank, "Team Nachforschung", ihrem Kunden Berger schreibt, per Brief: "Sie fragen, warum wir ihr Konto gesperrt haben, und sind darüber verärgert. Das können wir gut nachvollziehen." Es folgt der Verweis auf die unzustellbare Post und dass man in solchen Fällen verpflichtet sei zu handeln. "Selbstverständlich haben wir Ihr Konto sofort wieder einsatzbereit gemacht."

Jetzt platzt Berger der Kragen: Sofort wieder einsatzbereit? Tatsächlich hat es eine Woche und unzählige Beschwerden gebraucht. Warum, fragt er, hat man ihn nicht mal informiert über die Sperrung? Warum nicht nachgefragt wegen seiner Adresse, per Brief, per Mail, per Telefon, es gäbe viele Wege? Warum wurde auch das Privatkonto gesperrt? Und warum reagierte so lange niemand auf seine Beschwerden?

Immerhin, auf entsprechende Fragen der SZ an die Postbankzentrale in Bonn erfolgt eine Reaktion. Zunächst erläutert ein Sprecher mündlich, wie es funktionieren sollte, wenn ein Brief zurückkommt. Alles sei genau geregelt. Zur Causa Berger aber gibt es nur eine oberflächliche Antwort, weil inzwischen ein Verfahren bei der Bafin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, laufe.

Dort hat sich Berger beschwert, und ehe die Postbank der Bafin nicht geantwortet habe, darf der Sprecher nur sagen: Dass es "leider" bei der Sperrung "zu Missverständnissen und Unannehmlichkeiten gekommen" sei. "Das bedauern wir." Man sei verpflichtet, die Adressbestände aktuell zu halten, um die Zusendung sensibler Daten sicher zu gestalten. In diesem Fall aber hätten interne Prozesse "nicht optimal funktioniert". In den nächsten Tagen werden man "direkt auf Herrn Berger zugehen und ihm unser Vorgehen erläutern und etwaige Schäden regulieren".

Eine Frage wird dem Postbankkunden Berger wohl nie beantwortet werden: Was wäre gewesen, wenn er sich im Juli für ein paar Wochen im Urlaub befunden hätte? Was wäre mit seinen Telefonanschlüssen geschehen, mit fristgebundenen Überweisungen ans Gericht? Er ist ganz froh, dass er auf diese Fragen nie eine Antwort bekommen wird.

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