Abschleppdienst in der Kritik:Schwerbehinderte vor Klinik abkassiert

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Eine Schwerbehinderte parkt zehn Minuten länger als erlaubt vor einer Klinik, ihr Auto wird abgeschleppt. Sie muss fast 300 Euro zahlen, um zu erfahren, wohin. Schuld ist das Krankenhaus: Es hat die umstrittene Abschleppfirma beauftragt.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Der Streit zwischen Autofahrern und der umstrittenen Abschleppfirma "Parkräume KG" vor den Gerichten nimmt kein Ende. Das immer wieder als "Wildwestmanier" charakterisierte Geschäftsmodell wird von betroffenen Falschparkern als blanke Abzocke empfunden. Allerdings richtet sich ihr Unmut neuerdings weniger gegen die KG, als gegen deren Auftraggeber. Zu denen gehört auch das städtische Klinikum Bogenhausen - es sieht sich seit einiger Zeit immer wieder mit Rückzahlungsklagen konfrontiert.

So wie im Fall der an Kinderlähmung leidenden Anita B., die einen amtlichen Parkausweis für Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung hat. Sie hatte ihren Opel auf einem regulären Parkplatz der Klinik direkt neben den Stellplätzen für Behinderte geparkt, da diese besetzt waren. Auf ihrer Ausnahmegenehmigung, die hinter der Windschutzscheibe lag, steht unter anderem, dass sie auf Plätzen mit zeitlicher Begrenzung auch über die erlaubte Höchstdauer hinaus parken darf. In diesem Fall waren 30 Minuten zulässig.

Als die Schwerbehinderte nach 40 Minuten zurückkam, musste sie erfahren, dass ihr Auto fünf Minuten zuvor durch die Firma "Parkräume" abgeschleppt worden war: Bevor man ihr verriet wohin, hatte sie 297,50 Euro an die Firma zu bezahlen. Diesen Betrag und noch diverse Taxifahrten ließ die Schwerbehinderte durch Rechtsanwalt Dirk Gründler beim Klinikum einklagen. Vor dem Amtsgericht gab die Klinikleitung nach: Samt Anwaltskosten muss sie nun 322,50 Euro erstatten.

So einfach will sie es dagegen einem Münchner nicht machen, der seinen kranken Vater in die Notaufnahme des Krankenhauses gebracht hatte. Dazu parkte er auf nicht allgemein freigegebenen Stellplätzen an der Zufahrt. Als er zurückkam, war sein Auto auf Veranlassung der Parkräume KG auf ein Abschleppfahrzeug aufgeladen worden. "Obwohl das Amtsgericht München in vergleichbaren Fällen nur eine Schadensersatzforderung für das Abschleppen in Höhe von 120 Euro für begründet hält, musste der Betroffene 297,50 Euro an die KG zahlen, bevor das abgeschleppte Auto wieder abgeladen wurde", sagt Gründler. "Hätte er nicht bezahlt, wäre sein Wagen abtransportiert worden."

Am Montag wurde der Fall vor dem Amtsgericht verhandelt. Unter dem Strich wird vom Klinikum nun eine Rückzahlung von 177 Euro verlangt. Das Gericht wird in einigen Wochen sein Urteil verkünden. Dass grundsätzlich das Geschäftsmodell der Parkräume KG zulässig ist, haben Landgerichte und der Bundesgerichtshof zwar bestätigt. Höchstrichterlich ungeklärt ist aber noch, wie viel sie dafür abkassieren darf. Daher laufen ihre Auftraggeber derzeit stets Gefahr, eventuell überhöhte Preise zurückzahlen zu müssen.

Offen ist auch noch, ob die 20. Strafkammer des Landgerichts München I eine Anklage zur Hauptverhandlung zulässt, die durch die Staatsanwaltschaft gegen den Geschäftsinhaber der Parkräume KG und einen Außendienstmitarbeiter wegen Erpressung und Körperverletzung erhoben wurde.

© SZ vom 18.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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