ABC zu den Opernfestspielen:Buh-Rufe, Nackte und wilde Premierenfeiern

Die Münchner Opernfestspiele beginnen. Damit zwischen Kleiderwahl und Schlussapplaus nichts schief geht und Sie den Auftritt von Thomas Gottschalk nicht verpassen - hier das Wichtigste zu dem Gesellschaftsereignis.

Lisa Sonnabend

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Turandot

Quelle: ag.ddp

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Buh-Rufe, Nackte und wilde Premierenfeiern: Die Münchner Opernfestspiele beginnen. Damit zwischen Kleiderwahl und Schlussapplaus nichts schief geht, hier das Wichtigste zu dem Gesellschaftsereignis.

A wie Aufführung

Bei den Opernfestspielen sind in der Zeit vom 26. Juni bis 31. Juli mehr als 30 Aufführungen zu sehen - im Nationaltheater, Prinzregententheater, Cuvilliés-Theater und anderen Spielstätten. Wer zu dem gesellschaftlichen Großereignis geht, sollte sich vorher gut vorbereiten und sich ein paar Details über die einzelnen Aufführungen aneignen. Denn das Münchner Opernpublikum liebt es, vor oder nach der Vorstellung lässig den ein oder anderen Satz fallen zu lassen, um dem Gegenüber seine Opernkompetenz zu beweisen. Ob "Der Rosenkavalier" von Richard Strauss oder die Premiere von Saint Francois Assise von Oliver Messiaen - ein paar Fakten sollten Sie draufhaben bei einem Besuch der Festspiele.

Im Bild: Oper Turandot (Archiv)

Opernfestspiele in München, 2003

Quelle: sz.sonstige

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B wie Buh-Rufe

Buh-Rufe gehören in München zu jeder guten Inszenierung dazu. Egal, wie grandios der Solist gesungen hat, wie harmonisch das Orchester agierte - ein Münchner Opernbesucher findet immer einen Grund, um laut "Buh" zu rufen, wenn der Vorhang fällt. Oft zeichnen sich gerade hervorragende Inszenierungen dadurch aus, das ein Teil des Publikums seine Missbilligung kundtut, während die anderen frenetisch mit den Füßen trommeln.  

OLSEN ERIK LIE PROBE

Quelle: AP

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C wie Christentum

In den siebziger Jahren komponierte der gläubige Franzose Olivier Messiaen sein einziges Bühnenwerk: "Saint François d'Assise" - eine vierstündige Oper über den katholischen Heiligen Franziskus aus dem 13. Jahrhundert. Das Werk wird am 1. Juli in München aufgeführt, es ist die große Festpielpremiere in diesem Jahr.

Foto: Eine Aufführung von "Saint François d'Assise" im Jahr 1999 in Leipzig

BAYREUTHER FESTSPIELE - \"LOHENGRIN\"

Quelle: ag.dpa

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D wie Drama

Eine Oper ist nichts für schwache Nerven. Denn seichte Liebesgeschichten oder Komödien gibt es im Musiktheater nicht, stattdessen wird gemordet, Verrat begangen und es werden Intrigen geschmiedet. Auch bei den Münchner Opernfestspiele ist die Kost keine leichte, ein Drama reiht sich an das nächste. In Wagners "Lohengrin" wird Elsa zu Unrecht des Brudermordes angeklagt, in Beethovens "Fidelio" schleicht sich Leonore in den Kerker ein, um  ihren Mann zu retten, in Antonin Dvoraks "Rusalka" verzichtet die Protagonistin auf ihre Stimme in der Hoffnung, die Liebe des Prinzen zu erlangen.

Foto: Richard Wagners Lohengrin in einer Aufführung 2001

Münchner Opernfestspiele, 2007

Quelle: sz.lokales

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E wie Ehepartner

In die Oper geht man mit dem Ehepartner - die oder den Geliebten lässt man besser zuhause. Denn dies wäre viel zu riskant! Das Opernpublikum in München ist ein eingeschworener Kreis und liebt Klatsch und Tratsch. Hier bleibt nichts geheim und unkommentiert. Sie können sicher sein, dass Ihr Ehepartner beim nächsten Besuch darauf hingewiesen werden würde, dass Sie das letzte Mal mit jemand ganz anderen da gewesen sind.

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Quelle: sonstige

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F wie Feier

Premieren an der Staatsoper sind meist schneller ausverkauft, als Usain Bolt benötigt, um 100 Meter zurückzulegen. Ein Grund dafür ist: Danach gibt es eine Premierenfeier. Und Feiern an der Oper sind keineswegs so steif, wie man es bei dem altehrwürdigen Haus vermuten könnte. Hier wird getanzt und getrunken, als gäbe es kein Morgen. Der Intendant, die Solisten, die Maskenbildner - alle feiern kräftig mit.

Besucher der Festspiele des Nationaltheaters Muünchen, 2005

Quelle: sz.lokales

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G wie Garderobe

Die Kleiderordnung für die Münchner Oper lässt sich für Männer sehr einfach beschreiben: so elegant wie möglich. Der Herr trägt einen dunklen Anzug oder Smoking - ob mit Krawatte oder Fliege ist egal. Die Dame muss einen Opernbesuch dagegen akribisch vorbereiten. Die angemessene Kleidung errechnet sich aus einer komplizierten Formel mit den Faktoren "Welches Kleid habe ich das letzte Mal getragen?", "Welcher Designer ist derzeit angesagt?" und "Welche Farbe passt zur Aufführung?" Das Kleid darf dabei durchaus extravagant sein - ob in grellem Pink oder in gewagtem Schnitt. Wer in ausgefallener Garderobe kommt, sollte jedoch wissen: Ein beliebter Sport beim Münchner Opernpublikum ist es, die Kleider der anderen Besucherinnen gründlich unter die Lupe zu nehmen. Und wer auffällt, wird besonders oft und kritisch kommentiert.

PFÄLZER WEINPROBIERSTUBEN

Quelle: SZ

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H wie Häppchen

Ein Glas Sekt, ein kleines Tramezzino: In der Pause strömen die Zuschauer zu den Verpflegungsständen, um sich ein Häppchen zu genehmigen. Doch satt wird dort keiner und den Durst können die Zuschauer auch nicht recht stillen, denn die Portionen sind sehr klein und Wasser wird nur in 0,2-Liter-Flaschen und zu hohen Preisen verkauft. Es empfiehlt sich stattdessen, nach der Vorstellung eines der umliegenden Lokale aufzusuchen. Ein Klassiker ist die Pfälzer Weinstube in der Residenzstraße, nur wenige Schritte von der Oper entfernt. Dort gibt es große Portionen und der Wein fließt in Strömen.

Nikolaus Bachler, 2008

Quelle: sz.sonstige

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I wie Intendant

Seit der Spielzeit 2008/2009 ist Nikolaus Bachler Intendant der Münchner Staatsoper. Zuvor war er beim Burgtheater in Wien tätig. Bachler, der in München die Nachfolge von Peter Jonas antrat, formulierte als sein Ziel, die Bayerische Staatsoper als erstes Opernhaus in Deutschland und als Teil der "big five" der Welt zu etablieren. Er kommt dabei ganz gut voran.

Präsidentenkonzert in der Münchner Staatsoper, 2006

Quelle: sz.lokales

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J wie Jugend

Auch die Münchner Oper hat ein Nachwuchsproblem: Deswegen gibt es zu den Festspielen und auch in der Nicht-Festpielzeit Angebote Pakete gelten für Schüler, Studenten sowie Wehr- und Zivildienstleistende unter 30 Jahren. Für Veranstaltungen, die unter dem "Programm Junges Publikum" ausgewiesen sind, können Jugendliche zum Beispiel aus einem beschränkten Kontingent Sitzplatzkarten zum Preis von 10 Euro erwerben.

Kartensuche von weiblichem Opernfan für Rigoletto, 2005

Quelle: sz.lokales

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K wie Karten

Es ist nicht ganz so schwierig, an Karten zu kommen wie bei den Festspielen in Bayreuth. Doch auch in München sind die Plätze heiß begehrt. Für die meisten Vorstellungen sind keine Tickets mehr zu ergattern. Eine Übersicht über Restkarten finden Sie hier. Tickets kosten zwischen vier und fast 200 Euro. Einige Opernfans geben jedoch auch dann nicht auf, wenn es heißt: ausverkauft. Sie versuchen, am Abend der Vorstellung noch an Karten zu gelangen - in der Hoffnung, dass jemand ein Ticket abzugeben hat und sie vor der Oper verkauft. Die Erfolgsaussichten sind hier jedoch ziemlich gering.

Mikhail Petrenko

Quelle: ap

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L wie Länge

Wenn Sie einmal drin sind, kommen Sie nicht so leicht wieder raus! Opern-Neulinge sollten sich nicht gleich Werke im Wagner-Länge aussuchen. Fünf Stunden halten Anfänger nur selten durch. "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss dauert etwa zwei Stunden und 20 Minuten (ohne Pause), Beethovens "Fidelio" drei Stunden (eine Pause) und Richard Wagners "Lohengrin" schlappe vier Stunden und 50 Minuten (zwei Pausen).

Im Bild: Wagners "Gotterdämmerung", 2010 in Salzburg

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Quelle: sz.lokales

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M wie Musik

Die größte Rolle bei einer Opernaufführung spielt immer noch die Musik, die Inszenierung ist deswegen zweitrangig. Nur wenn Orchester und Sänger sich in einer harmonischen Symbiose bewegen, kann eine Aufführung gelingen. Wenn Sie während der Vorführung bemerken, dass Ihr Sitznachbar die Augen geschlossen hat, kommen Sie nicht auf die Idee, diesen anzustupsen, um ihn zu wecken. Nein, Ihr Nachbar ist nur ein richtiger Musikgenießer!

Münchner Opernfestspiele 'Alice in Wonderland'

Quelle: ag.dpa

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N wie Nagano

Bereits als Achtjähriger dirigierte Kent Nagano einen Kirchenchor in Kalifornien. Seit 2006 leitet er als Generalmusikdirektor die Bayerische Staatsoper. Als im Juli 2010 bekannt wurde, dass sein Vertrag in München über das Jahr 2013 nicht verlängert wird, war die Enttäuschung unter dem Münchner Opernpublikum groß. Sein Verhältnis zu Opern-Intendant Nikolaus Bachler gilt als angespannt. Als Begründung für seinen Weggang nannte Nagano die kulturpolitischen Entwicklungen in München. Während der Opernfestspiele dirigiert er u.a. am 1. Juli die Premiere von "Saint François d'Assise" von Olivier Messiaen, am 2. und 6. Juli Wagners "Lohengrin" sowie am 9. Juli die "Oper für alle".

Premiere von "Lohengrin" bei den Münchner Opernfestspielen, 2009

Quelle: sz.sonstige

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O wie Oper für alle

Die beliebteste Veranstaltung auf den Festspielen ist die Oper für alle. Bei freiem Eintritt campieren die Münchner in weit weniger eleganter Robe als bei einem normalen Opernbesuch vor dem Nationaltheater. Sie breiten Decken aus, machen Picknick und trinken ein Gläschen Wein aus dem Plastikbecher. In diesem Jahr am 8. Juli wird die Oper "Fidelio" von Ludwig van Beethoven auf dem Max-Joseph-Platz übertragen. Und am 9. Juli spielen das Bayerische Staatsorchester und Attacca, das Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchester, Werke von Richard Wagner, Johannes Brahms und Richard Strauss.

Einweihung der mobilen Spielstaette 'Pavillon 21 Mini Opera Space'

Quelle: ag.ddp

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P wie Pavillon

Für die Zeit der Opernfestspiele steht zum zweiten Mal ein spektakulärer Bau auf dem Marstallplatz. In dem Pavillon 21, der von dem Wiener Architekturbüro Coop Himmelb(l)au entworfen wurde, finden ungewöhnliche Musiktheater-Aktionen statt, aber auch Autokino, Clubbing, Performances und Videokunst. Eröffnung ist am 28. Juni mit der Kammeroper "Make Noe Noise". Der Pavillon kann jederzeit wieder abgebaut und an anderer Stelle für andere Veranstaltungen wieder aufgebaut werden.

Führung in der Münchner Staatsoper

Quelle: sz.sonstige

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R wie Rang

Prinzipiell gilt: Allzu viel Beinfreiheit hat man an der Bayerischen Staatsoper nirgends, da die Reihen recht dich aufeinander folgen und die Sitze eng nebeneinander stehen. Da kommt es schon einmal zum Clinch mit dem Nachbar, wenn man die Füße zu weit rüberbaumeln lässt. Ob man einen Sitzplatz im Rang oder im Parkett wählen sollte, bleibt jedem selbst überlassen. Im Parkett, wo in den ersten Reihen in der Regel auch die Prominenten sitzen, ist man deutlich näher am Geschehen dran. Viele ziehen aber einen Platz im Rang vor, da man von oben einen besseren Überblick auf das Bühnengeschehen hat und weil einige meinen, der Klang der Musik entfalte sich dort besser. Es gibt aber auch Opernbesucher, die freiwillig Stehplätze wählen - und das nicht nur, weil diese mit Abstand am günstigsten sind: Die Stehplatzliebhaber behaupten, sie könnten sich besser auf die Aufführung konzentrieren, wenn sie nicht so eingequetscht dasitzen und sich auch einmal die Füße vertreten können. Ansichtssache!

Turnschuh - Tenor - Jonas Kaufmann

Quelle: ag.dpa

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S wie Solist

In der Rockmusik spricht man von Leadsängern, in der Oper von Solisten. Diese zeigen in Arien oder Duetten, was sie drauf haben. Ihre Stimmlage ist Sopran, Mezzosopran, Alt, Tenor, Bariton oder Bass. Besonders beliebt beim Münchner Publikum ist Startenor Jonas Kaufmann, er tritt bei den Opernfestspiele in der Rolle des Florestan in Beethovens "Fidelio" auf.

German TV host Thomas Gottschalk gestures during the television show 'Wetten, dass..?' on Balearic Island of Mallorca

Quelle: REUTERS

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T wie Thomas Gottschalk

Vor wenigen Tagen moderierte er zum letzten Mal die "Wetten, dass...?"-Sommershow, in wenigen Tagen steht er in München auf der Bühne: Thomas Gottschalk moderiert die "Oper für alle"-Vorstellungen am 8. und 9. Juli.

Urabanauten

Quelle: oh

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U wie Urbanauten

Am 28. Juni gibt es einen Programmpunkt im Rahmen der Festspiele, der so gar nicht zum Opernpublikum passen mag: Die Urbanauten und die Staatsoper organisieren einen Flashmob und rufen zur "Opernhausbesetzung" auf. "Oper für alle, mal anders", wollen sie bieten. Los geht es um 18:48 Uhr in der Münchner Innenstadt. Wo sich der Schwarm genau trifft, erfahren die Münchner, wenn sie sich auf der Facebook-Seite oder über Twitter anmelden. Möglich ist auch eine Teilnhahme per SMS, dies kostet allerdings 4,99 Euro.

'Der Freischuetz' im Festspielhaus Baden Baden

Quelle: ag.ddp

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V wie Verkleidung

Eine Oper ist nicht nur ein Fest fürs Ohr, sondern meist auch ein Fest fürs Auge. Denn die meisten Aufführungen sind aufwendig inszeniert, die Kostüme der Sänger und Statisten üppig. Früher trugen die Solistinnen meist ein langes, wallendes Kleid, die Solisten einen Anzug. Doch in letzter Zeit werden die weiblichen Darstellerinnen zunehmend in Miniröcke gesteckt und die männlichen Darsteller schon einmal in einen eng anliegenden, rosa Lackanzug. Und was im Theater in Mode ist, hat natürlich auch schon in der Oper Einzug gehalten: Es ist schon der ein oder andere Nackerte über die Bühne gelaufen. Das Geschrei ist dann natürlich immer groß - und die Buhrufe am Ende der Vorstellung sind noch lauter.

Im Bild: ungewöhnliche Kostüme beim "Freischütz" in Baden-Baden, 2009

Screenshot Blog Oper

Quelle: Screenshot: blog.staatsoper.de

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W wie Web 2.0

Seit gut einem Jahr hat sich Münchens Haus der Hochkultur ins World Wide Web vorgewagt - und schlägt sich dabei erstaunlich gut. Das Blog der Oper (blog.staatsoper.de) bietet interessante Infos und gibt Einblicke hinter die Kulissen. Und auf Facebook hat die Oper bereits über 5000 Fans (www.facebook.com/home.php#!/baystaatsoper?ref=ts). Ein Blick lohnt!

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Quelle: sonstige

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Z wie Zuschauerreaktionen

Das Münchner Opernpublikum! Nicht jede Oper muss nach der Vorstellung bedingungslos gelobt werden. Man erinnere sich nur an die Folge der BR-Serie, als Monaco Franze nach der Vorstellung mithört, wie der Kritiker seiner Zeitung durchtelefoniert: "A rechter Scheißdreck war's. Altmodisch bis provinziell." Prinzipiell gilt: Ein kritisches Wort macht sich im Gespräch immer nicht schlecht. Allerdings sollten Sie sich für Ihr Urteil auch eine Begründung ausdenken - diese muss auch nicht unbedingt Hand und Fuß haben. Denn der Otto-Normal-Opernbesucher kennt sich meist auch nicht wirklich aus. Sagen Sie zum Beispiel: "Der Bariton hat im zweiten Akt einen Durchhänger gehabt, da kam er schon arg flach rüber." Ein anerkennendes Nicken ist Ihnen so sicher. "A rechter Scheißdreck war's" sollten Sie also nur sagen, wenn Sie wissen, die gleichen Worte stehen morgen in der Zeitung - so wie bei Monaco Franze.

© sueddeutsche.de/Lisa Sonnabend
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