Vergabe von Spenderorganen:Münchner Klinik räumt Auffälligkeiten ein

Nach den Skandalen in Göttingen und Regensburg gerät nun München in die Schlagzeilen: Auch im Klinikum rechts der Isar hat es Auffälligkeiten bei der Vergabe von Spenderorganen gegeben. Nach Angaben von Staatsanwaltschaft und Wissenschaftsministerium lässt sich der Verdacht auf Manipulationen jedoch bislang nicht erhärten.

Vor zwei Monaten wurden erstmals Manipulationen bei der Organvergabe an Transplantationszentren in Deutschland bekannt. Nun ist auch eine Klinik in München unter Verdacht geraten. Im Klinikum rechts der Isar gibt es offenbar Unregelmäßigkeiten.

Das Rechts der Isar bekommt in dem Bericht der Prüfer ein vernichtendes Urteil ausgestellt.

Auffälligkeiten bei der Organvergabe: Das Klinikum rechts der Isar in München.

(Foto: Lukas Barth/dpa)

Nun hat das Krankenhaus "einzelne Auffälligkeiten" bei Lebertransplantationen der vergangenen Jahre eingeräumt. Insgesamt gehe es um neun Fälle. "Insbesondere wurden Unstimmigkeiten bei Angaben zur Dialyse sowie bei Laborwerten festgestellt", sagte der ärztliche Direktor des Klinikums rechts der Isar, Reiner Gradinger, auf einer Pressekonferenz am Mittag.

Nach den Verdachtsfällen in Regensburg und Göttingen sei eine interne Arbeitsgruppe eingesetzt geworden. Diese habe alle 163 Lebertransplantationen seit Januar 2007 "aus eigenem Antrieb" untersucht. Dabei habe es "einzelne Auffälligkeiten" gegeben.

Um diese Auffälligkeiten transparent und lückenlos aufzuklären, seien die Informationen in Absprache mit dem bayerischen Wissenschaftsministerium am 24. August an die Bundesärztekammer sowie an die Staatsanwaltschaft München zur Prüfung weitergeleitet worden.

Außerdem habe das Klinikum die entsprechenden internen Abläufe bei der Dokumentation und der Qualitätskontrolle im August grundlegend überarbeitet. "Wir selbst haben größtes Interesse an einer schnellstmöglichen, vorbehaltlosen und umfassenden Aufklärung", sagte Gradinger.

Die Staatsanwaltschaft sagte am Vormittag, der Verdacht auf Manipulationen lasse sich bislang nicht erhärten. "Vom ersten Anschein haben wir keinen ausreichenden Anfangsverdacht für eine Straftat", sagte ein Sprecher. Die Prüfung der Vorwürfe sei aber noch nicht abgeschlossen. Ein Gutachter unterstützt die Behörde bei der Frage, ob es im Klinikum rechts der Isar strafrechtlich relevante Manipulationen gab.

"Es ist alles weitergegeben worden"

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, kritisierte im Zusammenhang mit dem neuen Verdacht gegen die Münchner Klinik die bayerischen Behörden. "Mich irritiert sehr, dass aus der bayerischen Staatsregierung vor einiger Zeit vermeldet worden war, dass man die bayerischen Programme überprüft und nichts gefunden habe", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Die Auffälligkeiten im Münchner Klinikum rechts der Isar würden einmal mehr zeigen, dass eine unabhängige Prüfung durch eine Kommission der Selbstverwaltung wahrscheinlich "genauer und besser prüft, als eine reine Kommission der betroffenen Ministerien".

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) wies die Kritik von Montgomery zurück. "Fakt ist: Das Klinikum hat die Bundesärztekammer von sich aus informiert. Es ist alles weitergegeben worden." Die Öffentlichkeit habe man herausgehalten, weil man der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen überlassen wollte, sagte Heubisch.

Ein Sprecher des Ministers sagte: Es gebe keinen Verdacht auf aktive Manipulation bei den Lebertransplantationen. Das Krankenhaus habe sieben Fälle an das Ministerium gemeldet, bei denen es "Auffälligkeiten" gab - aber nach bisherigem Stand gebe es keinen Verdacht der absichtlichen Manipulation von Patientendaten.

Bereits vor zwei Monaten waren Skandalfälle in Göttingen und Regensburg bekannt geworden. Dort soll ein Oberarzt die Labordaten seiner Patienten gefälscht haben, damit diese schneller eine neue Leber bekamen. Die Süddeutsche Zeitung hatte den Skandal publik gemacht.

In Deutschland wird seitdem heftig über die Organvergabe debattiert. Bund, Länder, Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzte haben sich auf strengere Kontrollen verständigt.

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