The XX in München:Auf der Suche nach dem Zauber

Jahresrückblick 2012

Betreten stets in Schwarz die Bühne: The XX - hier bei einem Konzert im November in Madrid.

(Foto: dpa)

Sie sind weder schrill noch laut, Wucht hat ihre Musik trotzdem: The XX aus London gelten als Band der Stunde. Doch beim Konzert in München geht von ihrem Charme etwas verloren.

Von Lisa Sonnabend

Vor einer Woche hopsten hier Deichkind in Federkleidern über die Bühne, die Zuschauer johlten und tanzten enthemmt. Und nun? Das Gegenteil einer schrillen Show, das Gegenteil von lauter Musik, das Gegenteil von irrem Popzirkus. The XX betreten am Freitagabend um 21.30 Uhr die Bühne im Münchner Zenith.

Die drei Londoner stehen einfach nur da und machen Musik: intensiv, verträumt, hypnotisch, verletzlich, melancholisch. Das Prinzip: Weniger ist mehr. Doch nicht nur die schrille Show von Deichkind, auch der Minimalismus von The XX hat Wucht.

In einem Interview hat die Band ihren Stil einmal folgendermaßen beschrieben: "Unsere Musik soll klingen wie ein schwach belichtetes Foto. Dieses Foto zeigt letztlich dasselbe wie ein grell beleuchtetes, aber einige Elemente bleiben im Verborgenen."

Im September erschien "Coexist", das zweite Album des jungen Trios. Wenn nun in wenigen Tagen wieder Jahresrückblicke erscheinen und Musikexperten ihre Lieblingsalben 2012 küren, dann wird oft der Name The XX auftauchen. Die Band macht eine einzigartige Wave-Electro-Pop-Mischung, eine Art moderne, weiterentwickelte Variante von Joy Division oder Massive Attack. Romy Madley Croft und Oliver Sim singen in ihrer nonchalanten Art, immer poetisch, manchmal nur gehaucht oder flüsternd, und ab und an zupfen sie dazu an Gitarre und Bass. Im Hintergrund steht das dritte Mitglied: Jamie XX sorgt für die Electrobeats.

Die Kulisse im Zenith ist schlicht. Ein weißer Vorhang verdeckt die Wand auf der Bühnenrückseite, davor stehen die drei Musiker - gekleidet ganz in Schwarz. Manchmal werden sie von einem Lichtkegel angestrahlt. Meist sind sie jedoch umhüllt von Nebel.

Das Konzert in München ist eines von nur wenigen Deutschlandkonzerten. Am Mittwoch spielten The XX in Hamburg, am 4. Dezember folgt ein Auftritt in Köln. Das Dilemma der Band ist: Live leidet die Musik. Um in einem kleinen Konzertsaal aufzutreten, sind The XX mittlerweile viel zu bekannt - dort kann sich ihre Musik auch nicht voll entfalten. In einer großen Halle, wie dem gut gefüllten, aber nicht ausverkauftem Zenith, entwickeln die Songs zwar Wucht - es leidet jedoch die Akustik. Die Musik kommt meist nur als verschwommener Klangeppich an, die Zuschauer lassen sich ablenken, unterhalten sich, drängeln sich zur Bar. Vom Zauber von The XX geht etwas verloren.

Nach einer guten Stunde wird "Infinity" von der ersten Platte angestimmt, der letzte Song vor den Zugaben. Der weiße Vorhang hinter der Bühne wird hochgezogen, eine riesiges X erscheint dahinter und wird in hellem Licht beleuchtet. Dann hält die Musik kurz inne. Ehe sie weitergeht. Intensiv, verträumt, hypnotisch, verletzlich, melancholisch.

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