Teatro Tapas:Andalusische Wohlfühl-Atmosphäre

Teatro Tapas in Haidhausen

30 bis 40 verschiedene Tapas-Varianten stehen jeden Abend zur Auswahl - da fällt die Entscheidung gar nicht so leicht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Gedämpftes Licht, eine meterlange Bar und ein ordentlicher Lärmpegel: Im Teatro Tapas in Haidhausen wird spanisches Flair mit viel Hingabe zelebriert - bei den Speisen ist jedes Tellerchen eine Überraschung.

Paula Morandell

So ist das mit Traditionen: Ihren Ursprung zu bestimmen ist schwer, und auch zur Entstehung spanischer Tapas gibt es mehrere Geschichten. Nach der urigsten Version, die auch plausibel klingt, deckten die Wirte in Spanien ihre Weingläser mit einer Scheibe Brot ab, als Schutz vor lästigen Fliegen. Und weil es sich anbot, noch etwas Hübsches auf die Brote draufzupacken, taten das die Wirte: Eingelegte Sardellen, Paprikastreifen, Wurstscheiben.

Zu den belegten Happen kamen kleine Portionen warmer und kalter Gerichte, im Grunde sind Tapas also Beiwerk - nämlich Begleiter, die zu Getränken gereicht werden. Was, sozusagen nebenbei, die Wirkung der Alkoholika mildert und mehr Getränkeumsatz bringt. Nach der ursprünglichen Idee - aber vielleicht ist das auch eine dieser Verklärungen der guten alten Zeit - kosteten die Beigaben den Weintrinker angeblich keine Pesete extra, aber wer kann sich das heute leisten?

Im Mutterland der Tapas hält man solche herzerwärmenden Bräuche vielleicht noch hoch, trotz oder gerade wegen der Finanzkrise. Aber im teuren München darf sich keiner wundern, wenn die kleinen Speisen etwas kosten: Im "Teatro Tapas" in der Balanstraße pro Tellerchen vier Euro und nach 23 Uhr, zur Happy Hour, immer noch 3,10 Euro.

Da kommt im Laufe eines Abends einiges auf der Rechnung zusammen, weil Lokale mit Häppchen-Konzept darauf setzen, dass der Gast den Überblick verliert - und in der ersten Begeisterung mehr bestellt, als er zu sich nehmen kann. So ging es auch uns beim Besuch des Teatro Tapas, in einem hübschen Altbau in Haidhausen gelegen.

Wie vom Fremdenverkehrsamt arrangiert

In dem Gebäude an der Ecke zur Pariser Straße wird spanisches Flair mit so viel Hingabe zelebriert, dass man fast vermuten könnte, es stecke das Fremdenverkehrsamt dahinter. Von tiefhängenden Lampen in Szene gesetzt und unter Glashauben geschützt, reihen sich an der über Eck gebauten, sicher zehn Meter langen Bar die Schüsseln mit Tapas aneinander.

Mit verzierten Weißbrotscheibchen hat das freilich nichts mehr zu tun. Geschmorte Fleischgerichte, eingelegte Gemüse, Meeresgetier: 30 bis 40 verschiedene Varianten stehen allabendlich zur Auswahl, und die Gäste rücken mit Zettel und Stift an, um die Nummern ihrer Favoriten dem emsigen Personal weiterzureichen. Umgehend werden die Teller geliefert.

So läuft das natürlich nur, wenn man überhaupt einen Platz gefunden hat im Teatro Tapas - übrigens eine vom umtriebigen Wirt geschützte Bezeichnung. Wobei der aus Algerien stammende Hausherr noch in scheinbar aussichtslosen Situationen die Tische stets neu arrangiert, um ein weiteres Grüppchen unterzubringen. Wer sich für einen Besuch entscheidet, sollte also wissen, dass das Teatro fast immer voll ist - trotz der 140 Sitzplätze, entweder an gediegen eingedeckten Plätzen entlang der Fenster oder auf Hockern an Holztischen.

Jedes Teller überrascht - gut oder schlecht

Der Erfolg liegt vielleicht weniger an den Speisen als am Konzept, das geschickt auf andalusische Wohlfühlatmosphäre setzt. Über der Bar werben in weichen Farben gemalte Motive für "Vino del mes", was schlicht Wein des Monats heißt, oder Jamón Serrano. Diaprojektoren werfen Fotos an die Wände, auch der Lärmpegel erinnerte an Lokalitäten in südlichen Gefilden. Die Tapas selbst - nun ja. Da nichts à la minute zubereitet wird, erschien die Qualität höchst unterschiedlich. Jedes Tellerchen barg zumindest eine Überraschung, die mal positiv ausfiel oder enttäuschend, wenn der Geschmack nicht dem äußeren Anschein entsprach. Denn hübsch anzusehen waren die Tapas durchwegs.

Mageres Kalbfleisch zum Beispiel wurde zusammen mit getrockneten Pflaumen gekocht und ergab ein wohlschmeckendes Schmorgericht. Schön mürbe kam auch das Schweinefleisch mit süßen Kartoffeln auf den Tisch. Das Kaninchen stimmte angesichts der vielen Senfkörner in der Sauce skeptisch wegen der möglichen Schärfe, die Bedenken verflogen aber mit dem ersten Bissen. Was in der Teatro-Küche in großen Töpfen vor sich hin schmurgelt, geriet meist tadellos.

Schön anzusehen und fad schmeckend

Es gab aber auch Tapas aus Zutaten, die sich einfach nicht eignen für diese Art Zubereitung. Mit dem frischen Thunfisch samt Kapern und Sherry-Essig wurde Morandell gar nicht glücklich, er war hart und ausgetrocknet, das Tellerchen ging halbvoll zurück. Auch das Huhn, sowohl in Champignons gefüllt wie in der Version mit Speck und Salbei, war überraschend trocken und fad. Der Salat aus Aubergine und Bulgur indessen: fein gewürzt, ebenso der Löwenzahn mit Pinienkernen und Balsamico.

Mehr Reize für's Auge bot schließlich die Crema catalana mit schöner Zuckerkruste, aber neutralem Geschmack. Der Flan schmeckte angenehm vanillig, wurde aber zu kalt serviert. Als Standard-Begleitung bietet das Teatro je einen einfachen Rot- und Weißwein an. Authentischer und ausgereifter erschien der schwarz-rote Covila Crianza zu 6,30 Euro das Glas.

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