SZ-Adventskalender:Das große Glück mit der grünen Couch

München ist eine der reichsten Gegenden Deutschlands. Doch auch hier gibt es viel Armut. 5,3 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr für den SZ-Adventskalender gespendet. Fünf Menschen berichten stellvertretend für die vielen Spendenempfänger, was für sie die Hilfe der SZ-Leser bedeutet.

SZ-Adventskalender: In Sierra Leone musste Stephen um sein Leben fürchten, hier versucht er, beim Malen zur Ruhe zu kommen und den Weg in eine glücklichere Zukunft zu finden.

In Sierra Leone musste Stephen um sein Leben fürchten, hier versucht er, beim Malen zur Ruhe zu kommen und den Weg in eine glücklichere Zukunft zu finden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Fünf Menschen, deren Schicksal die SZ-Leser bei der 63. Spendenaktion des "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" bewegt hat, geben Auskunft: Sie berichten stellvertretend für die vielen Spendenempfänger in München und der Region, was für sie die Hilfe der SZ-Leser bedeutet.

An einem würdigen Grab

Wenn sie jetzt die Mutter besuchen und die Ehefrau, dann stehen sie vor einem Stein. Einem schönen, würdigen Grabstein, hell ist er und er trägt eine lange Inschrift. Es war der größte Wunsch von Franka, der Mama einen solchen Stein aufs Grab zu stellen, bislang war da nur ein Holzkreuz. Allein hätte das Frank Schwab mit seinen Kindern Franka und Markus (Namen geändert) nicht geschafft. Das Geld der Familie reichte oft nicht fürs Allernötigste, etwa fürs Essen.

Es war die Firma Aetas, die nach einem SZ-Bericht vor einem Jahr sofort meldete: Wir schenken der Familie diesen Grabstein. "Es ist uns einfach ein Anliegen", sagt Christine Petermichl von Aetas. Die Firma spendete zusammen mit F.X. Rauch Grabmale nicht nur den Stein für die Schwabs und auch noch für eine zweite bedürftige Familie, sie kümmerte sich auch um die Genehmigung der Behörden.

Für die Familie Schwab wären wohl allein die Formalien eine zu große Hürde gewesen. Denn der Vater fiel nach dem Suizid seiner Frau 2007 in ein tiefes Loch. Er versank in Depressionen, die Familie mit den Kindern, damals 12 und 13, drohte ganz zu zerbrechen. Inzwischen haben sie sich wieder nach oben gekämpft, ganz langsam, aber Kurt Schwab versichert, es gehe voran. "Das war alles großartig", sagt er zur Hilfe durch den SZ-Adventskalender. "Da haben wir uns riesig gefreut."

Es war wahrlich kein Luxus, den er sich und seinen Kindern gegönnt hat. Er hat seinen Kindern neue Kleidung gekauft, dem Sohn eine neue Matratze, und für alle einen Wasserkocher, der alte war kaputt. Er hat defekte Steckdosen ersetzt und einen Eimer Wandfarbe erstanden, um das Zuhause wieder schön zu machen. Und es gab nach langem wieder ein paar Weihnachtspäckchen. "Es war wunderbar", sagt er über den Adventskalender. "Dass es so etwas gibt!"

Alt heißt nicht farblos

Für Margaret Renner (Name geändert) ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Das alte, unbequeme Sofa hat die 73-Jährige dank der Spenden durch eine grüne Couch ersetzt, davor liegt ein knallroter Teppich. "Das macht sich sehr gut", sagt sie. "Es muss nicht alles schwarz, grau oder braun sein, nur weil man alt ist." Renner hat nur eine kleine Rente, die ihr nicht reicht, weshalb sie zusätzlich Grundsicherung im Alter bezieht. Ihre Eltern hatten einen Lebensmittelladen, in dem sie viel gearbeitet hat; aber für eine anständige Vorsorge reichte es, wie in so vielen kleinen Familienbetrieben, nicht. Und obwohl sie an Parkinson leidet und ihr das Gehen schwerfällt, verfällt sie nicht in Trübsaal. "Der da oben, der liebe Gott, der will mich noch nicht droben haben", sagt sie und lacht.

Das Meer malen

Das Meer malen

Einen besonderen Tag hat der SZ-Adventskalender Nasdar B. und ihrem Sohn ermöglicht. Der habe diesen Tag so sehr genossen, dass er noch immer davon erzähle, sagt sie. Im Sommer sind sie in die Alte Pinakothek gegangen - die Mutter, ihr Achtjähriger und eine Mitarbeiterin des Jugendamts. Die ganze Zeit über habe Ali die Begleiterin gelöchert mit Fragen zu den Bildern: Welche Menschen da zu sehen sind, welche Tiere, und wie es so ist, am echten Meer. Ali hat es ja noch nie gesehen. "So viel wollte er wissen, dass ich gar keine Zeit hatte, selbst zu fragen", sagt die Mutter.

Den Museumsbesuch hatte Ali sich gewünscht. Wie auch das Rad und den Roller, den seine Mutter ihm jetzt gekauft hat - von den Spenden der SZ-Leser. Die Klassenkameraden, erzählt B., hätten ihn schon aufgezogen wegen des alten Fahrrads. "Du mit deinem Babyrad", hätten sie gesagt. Und deshalb wollte Ali nur noch zu Fuß in die Schule gehen. Der Vater hatte ja längst schon ein neues Rad versprochen. Nur wurde nichts daraus. "Stattdessen hat er ihm zum Geburtstag einen Anzug mitgebracht, zu klein und in einer Farbe, die sein Sohn nicht mag", ärgert sich die Mutter.

Das Verhältnis zwischen der Irakerin und dem Mann, den andere für sie ausgesucht hatten, war noch nie ein gutes. Das wenige Geld habe er für Alkohol und Zigaretten ausgegeben, sagt sie. Als er begann, sie zu schlagen, floh Nasdar B. in eine betreute Unterkunft, wo Mutter und Sohn noch heute leben. Nasdar B. hat sich einen Minijob gesucht, damit hält sie sich und ihren Sohn über Wasser, so gut es geht.

An die Spender solle sie liebe Grüße und Dank ausrichten von ihrem Sohn, der gerade in der Schule ist, sagt die 37-Jährige. "Die haben so viel für uns gemacht", habe er gesagt. Ein paar Ausflüge haben sich Mutter und Sohn von den Spenden noch gegönnt: an den Starnberger See, an den Tegernsee. Das Wasser, sagt B., sei ihrem Sohn zwar zu kalt zum Baden gewesen. Aber seit dem Besuch im Museum habe er begonnen zu malen. Seen und Flüsse und Meere.

Wenn Pflege krank macht

Bei den Adils (Namen geändert), die 2001 aus dem Irak nach Deutschland geflohen waren, fehlte es an vielem im vergangenen Jahr. Das Sofa war kurz davor auseinanderzubrechen, das Essen lagerte auf dem Balkon, weil der Kühlschrank schon längst den Geist aufgegeben hatte, und von vier Herdplatten funktionierte nur noch eine einzige. Die Mutter ist seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmt und muss von ihrer Familie rund um die Uhr gepflegt werden.

Sami Adil tut dies seit Jahren, und er macht es gerne. Arbeiten aber kann er nicht, schließlich muss er sich nicht nur um die Frau, sondern auch um seine drei Kinder kümmern. Von den Spenden des Adventskalenders haben die Adils neue Küchengeräte angeschafft, kaputte Möbel repariert oder ausgetauscht. Zudem konnte Sami Adil das erste Mal seit vielen Jahren Weihnachtsgeschenke für seine zwei älteren Töchter und den kleinen Sohn kaufen. "Das hat die Kinder sehr glücklich gemacht", sagt Adil. "Und auch ich war sehr dankbar für die Hilfe. Der SZ-Adventskalender war die einzige Einrichtung, die uns geholfen hat."

Doch das Glück meint es erneut nicht gut mit der irakischen Familie. Mutter Adils Zustand hat sich seit Jahresfrist verschlechtert, und auch Sami Adil setzen die Belastungen der Pflege weiter stark zu. Sein Blutdruck ist zu hoch, seine Sehfähigkeit deshalb eingeschränkt, er hat Probleme mit dem Gleichgewicht. "Es wäre schön, wenn ich den Kindern auch in diesem Jahr wieder Weihnachtsgeschenke machen könnte", sagt er.

Gegen düstere Erinnerungen

Gegen düstere Erinnerungen

Auch für junge Flüchtlinge wie Stephen, die ohne Eltern nach München kamen, haben sich die Leser engagiert. Vor Stephen, so sagt sein Betreuer, baut sich jeden Morgen eine Mauer auf. Die muss er überwinden, um sich dem Tag gewachsen zu fühlen: Aufstehen, in die Schule gehen, zum Fußballtraining fahren. Nach herkömmlichem Maßstab sind das keine großen Herausforderungen, aber Stephen Camara (Name geändert) kosten solche Dinge Kraft.

Der 19-Jährige floh vor zwei Jahren hierher, ohne seine Eltern, weil er in Sierra Leone um sein Leben fürchten musste. Seither wohnt er in der Heßstraße, in einer Unterkunft für "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge", wie es im Behördendeutsch heißt. Die Zimmer für 14 Jugendliche sind spartanisch eingerichtet, trotzdem bieten sie denen ein Zuhause, die oft monatelang auf der Flucht waren, in Ungewissheit und Angst. Die Traumata ihrer Vergangenheit, Gewalterfahrungen oder gar der Verlust der Eltern, kommen oft erst hier an die Oberfläche. Depressionen, Antriebslosigkeit, Panikattacken - solche Krankheitsbilder sind häufig in der Einrichtung.

Stephen kennt diese Phasen, in denen er sich wie gelähmt fühlt, genauso wie der zwei Jahre jüngere Mustafe aus Somalia. Für sie sind schon vermeintliche Kleinigkeiten eine wichtige Hilfe, weil sie Halt geben im neuen Leben: Ein Teppich, der das Zimmer etwas wohnlicher macht, eine Fußballausrüstung, weil Austoben beim Sport die düsteren Erinnerungen zumindest für ein paar Stunden vertreibt - solche Anschaffungen hat der SZ-Adventskalender ermöglicht. Vor allem brauchen die Flüchtlinge ein Gefühl der Sicherheit, um wirklich anzukommen in Europa, dem Wunderland, das natürlich kein Wunderland ist. Sicherheit bedeutet: Bleiben können, und das lässt sich nur mit guten Anwälten in den Asylverfahren erreichen. Auch hier haben die Spenden geholfen.

Stephen hat vor kurzem seine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Er will wieder mehr malen, sagt er, sein Hobby hat er lange vernachlässigt. Und Mustafe, der ebenfalls in Deutschland bleiben darf, hat vor einer Woche einen großen Schritt gewagt. Er ist ausgezogen aus der Heßstraße. In der Schule laufe es gut, er will im Sommer seinen Hauptschulabschluss machen. "Ich kann jetzt meinen eigenen Weg gehen", sagt er.

So können Sie spenden

Wer helfen will, wird um ein Geldgeschenk gebeten; Sachspenden können leider nicht entgegengenommen werden. Bareinzahlungen sind von Montag bis Donnerstag von 9.30 bis 18 Uhr sowie Freitag und Samstag von 9.30 bis 16 Uhr im Münchner SZ-Servicezentrum, Fürstenfelder Straße 7, möglich.

Sicher online spenden können Leser im Internet unter www.sz-adventskalender.de. Überweisungen sind auf folgendes Konto möglich:

"Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V." Stadtsparkasse München Konto-Nr.: 600 700 BLZ: 701 500 00

Spenden sind steuerlich abzugsfähig; bis zu einem Betrag in Höhe von 200 Euro reicht der vereinfachte Nachweis. Bei Spenden in Höhe von mehr als 200 Euro senden wir Ihnen die Spendenbestätigung zu, sofern auf der Überweisung der Absender vollständig angegeben ist. Jede Spende wird ohne Abzug dem guten Zweck zugeführt. Alle Sach- und Verwaltungskosten, die entstehen, trägt der Süddeutsche Verlag.

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