Schnappschüsse aus dem Nachtleben:"Sie lassen sich gehen, sie geben Gas"

Wenn der Bass wieder einsetzt und alle die Hände in die Luft reißen: Der Münchner August Castell-Castell geht gerne feiern - und hat immer die Digitalkamera dabei. Warum im Club die besten Schnappschüsse entstehen, wieso sie nun sogar im Museum zu sehen sind und wie sich der Rausch der Nacht auf einem Foto einfangen lässt.

Lisa Sonnabend

August Castell-Castell, 32, macht eine Ausbildung zum Wirtschaftsfachwirt, geht gerne aus - und hat dabei immer die Kamera dabei. Seine Schnappschüsse fangen den Rausch und die Flüchtigkeit der Nacht ein. Von Freitag an sind einige der Bilder im Stadtmuseum zu sehen - im Rahmen der Clubreihe Nachtmuseum.

Süddeutsche.de: Was ist so faszinierend an der Nacht?

August Castell-Castell: Tagsüber arbeiten die Menschen oder gehen in die Uni, nachts im Club sind sie außer Rand und Band. Sie entfliehen dem Alltag, sie lassen sich gehen, drücken auf die Tube, geben Gas. Ich mag dieses Ausgeflippte, deswegen gehe ich auch so gerne aus.

Süddeutsche.de: Wenn Sie die Feiernden ablichten, sind sie dann nicht sauer, wenn sie wieder "normal" sind und sich auf Ihrer Webseite wiederfinden?

Castell-Castell: Es meldet sich nur ganz selten jemand und sagt: Bitte lösch das Foto. Manchmal allerdings heißt es: Entferne das Bild bitte schnell, da bin ich mit einer Frau abgelichtet und das darf meine Freundin auf keinen Fall sehen.

Süddeutsche.de: Wie kamen Sie auf die Idee, die Nacht mit Fotos festzuhalten?

Castell-Castell: Ich hatte auch schon früher immer meine Digitalkamera dabei, wenn ich Freunde getroffen habe, und habe Fotos von dem Abend gemacht. Meine Freunde sagten dann oft ein paar Tagen später: Zeig mal die Fotos von neulich her! Deswegen habe ich die Webseite www.augustcc.com gestartet, damit sie die Bilder unkomplizierter anschauen können. Irgendwann kamen dann auch fremde Leute und Veranstalter auf mich zu und haben mir angeboten, auf ihren Partys zu fotografieren. Damit verdiene ich jetzt ganz gut Geld.

Süddeutsche.de: Was unterscheidet Ihre Bilder von Partypics, die auf Online-Portalen wie Nachtagenten hochgeladen werden?

Castell-Castell: Diese Partypics zeigen meist grinsende Gesichter von Leuten, die am nächsten Tag beweisen wollen: Schaut her, ich bin auf diesem Foto im Internet, ich war dabei! Meine Bilder sind Schnappschüsse, es geht mehr um das Drumherum, um das, was eine Party ausmacht. Sie halten einen gewissen Moment fest.

Süddeutsche.de: Kann man die Flüchtigkeit, das Rauschhafte der Nacht denn wirklich festhalten?

Castell-Castell: Es gelingt mir nicht immer, aber immer wieder. Zum Beispiel, wenn einer gerade total auf die Musik ausrastet, wenn der Nebel auf der Tanzfläche emporsteigt oder wenn der DJ auf die Tanzenden blickt. Oder wenn die Musik kurz pausiert, dann der Bass wieder einsetzt und alle die Hände in die Luft reißen.

Süddeutsche.de: Wo kann man in München derzeit am besten weggehen?

Castell-Castell: Die Nummer-eins-Adresse ist für mich momentan das Bob Beaman. Der Club ist wunderschön. Der Raum ist dunkel gehalten, er hat eine beeindruckende Lichtinstallation an der Decke. Das Soundsystem ist wohl das beste in der ganzen Stadt. Und die DJ-Auswahl ist immer gut. Das Publikum ist bunt gemischt. Hier entstehen meist gute Bilder.

Nachtmuseum im Stadtmuseum mit der Ausstellung von August Castell-Castell und Musikprogramm, St.-Jakobs-Platz 1, am 27. und 28. Januar sowie 3. und 4. Februar ab 20 bzw. 22 Uhr.

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