Kritik an EU-Richtlinie:München fürchtet um sein Wasser

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Münchens Trinkwasser kommt zu großen Teilen aus dem Mangfalltal. Auf unserem Bild wird das Wasser in einem riesigen Behälter im Wasserschloss Reisach gesammelt, bevor es über dicke Rohre nach München geleitet wird. (Foto: Catherina Hess)

Brüssel will die Wasserversorgung künftig ausschreiben lassen. In München sorgt das für Unruhe: Zwar sollen die Kommunen bei der Vergabe weiter freie Hand haben, doch ob die Stadtwerke die komplizierten EU-Vorschriften erfüllen, ist fraglich.

Von Dominik Hutter

Die von der Europäischen Kommission geplante Ausschreibung der Wasserversorgung führt zu Unruhe im Rathaus und bei den Stadtwerken. "Absoluter Schwachsinn" sei das, schimpft Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD) - auf längere Sicht sei die anerkannt hohe Qualität des Münchner Wassers in Gefahr. In Brüssel winkt man ab, alles halb so wild: Denn die Kommunen könnten weiterhin selbst entscheiden, ob sie ausschreiben oder ihr eigenes Unternehmen, in München also die Stadtwerke, mit der Versorgung beauftragen.

Der Teufel steckt allerdings im Detail: Denn die Stadtwerke erfüllen nach Einschätzung von Versorgungschef Stephan Schwarz nicht die in komplizierten Zusatzklauseln geregelten Mindestanforderungen an einen Kommunalbetrieb - sodass das Wasser nach Verabschiedung der Richtlinie wohl doch ausgeschrieben werden müsste. Dann könnten bald Private dafür zuständig sein, was aus Münchner Hähnen sprudelt.

Der zuständige EU-Wettbewerbskommissar Michel Barnier pocht zwar auf die Autonomie der Kommunen, in deren Entscheidung über die Wasserversorgung Brüssel keinesfalls eingreifen wolle. Inhouse-Vergabe nennt sich das Prinzip, das den Kommunen eine freie Vergabe an ihr eigenes Unternehmen ermöglicht. Das soll auch diesmal gelten. Allerdings hält es die EU-Kommission nach mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für sinnvoll, einheitliche Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe zu schaffen. Und eines dieser Kriterien besagt, dass das Kommunalunternehmen mindestens 80 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen für den Eigentümer, also die Stadt München, erzielen muss, berichtet Schwarz. Das aber trifft auf die Stadtwerke nicht einmal annähernd zu. Schließlich stammt der Großteil aller Einnahmen von Privaten - den Münchner Strom- und Gaskunden vor allem, aber auch den Fahrgästen der MVG.

Die neue Konzessions-Richtlinie steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Eine endgültige Entscheidung des EU-Parlaments fällt aber wohl erst im Mai. Schwarz ist zuversichtlich, die Neuerung mit Lobbyarbeit noch verhindern zu können - immerhin haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände auf die Seite der deutschen Stadtwerke geschlagen.

"Wasserversorgung ist eine Grundversorgung", findet Schwarz - da dürfe man keine Qualitätsabstriche machen. Auch Reiter, der im kommenden Frühjahr die Nachfolge Udes antreten will, hält den bislang hohen Investitionsaufwand fürs Münchner Wassernetz für unbedingt notwendig. Und den könne nur ein kommunales Unternehmen wie die Stadtwerke gewährleisten. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) zeigt sich empört, dass die EU schon wieder eine neue Privatisierungs-Attacke gegen die Kommunen reitet.

Anders als beim Strom soll beim Wasser aber auch künftig nur ein Anbieter auf dem Markt sein. Nach den Plänen der EU findet der Wettbewerb einmalig bei der Vergabe der Konzession statt - und dann erst wieder, wenn sie ausläuft. Die deutschen Ängste, bald könne eine bräunliche Chlorbrühe aus den Hähnen kommen, stößt in Brüssel auf Kopfschütteln. Schließlich hätten es die Kommunen selbst in der Hand, die Ausschreibungskriterien zu formulieren.

Was auf München bezogen hieße: Die Stadt könnte es zur Bedingung machen, weiterhin einwandfreies Wasser aus Mangfall- und Loisachtal zu beziehen. Die Frage ist dann nur noch, von wem. Dies allerdings hält Schwarz für eine Illusion. Denn selbstverständlich gehe es Privaten nach einem Zuschlag darum, möglichst bald Gewinne zu machen. "Dann werden Schlupflöcher gesucht, das ist völlig normal." Die Politik der Stadtwerke dagegen sei langfristig ausgelegt, auf Generationen. Da nützten auch Schlupflöcher nichts. Schließlich habe die Stadt im Ernstfall Zugriff auf die Entscheidungen des eigenen Unternehmens.

© SZ vom 22.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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