Krisenflüchtlinge vom Flughafen:Ein Märchen wird wahr

Flughafenfamilie

Endlich wieder richtig schlafen: Eine Frau hat der Familie vom Flughafen ein Zimmer in ihrer Wohnung zur Verfügung gestellt.

(Foto: Jakob Berr)

Eine griechisch-bulgarische Familie haust monatelang am Münchner Flughafen. Als ein Bericht über ihre Lage erscheint, setzt eine Welle der Hilfsbereitschaft ein. Eine Frau hat der Familie ein Zimmer in ihrer Wohnung gegeben, der Vater hat inzwischen drei Jobs.

Von Laura Meschede

Nein, für ein Interview hat Athonasios heute keine Zeit, beim besten Willen nicht. Morgen ist es auch schlecht, da arbeitet er in Osterdorf, 130 Kilometer von München entfernt. Sonntag würde vielleicht gehen, da hat er frei. Ach ja, vor ein paar Tagen hat das Fernsehen angerufen, aber er hat ihnen abgesagt - um eine Dokumentation zu drehen ist er nun wirklich zu beschäftigt.

Es ist ein Wirklichkeit gewordenes Weihnachtsmärchen, das Athonasios und seine Familie in den vergangenen Wochen erlebt haben und das ihm einen vollen Tagesplan und auch das Interesse des Fernsehens beschert hat. Das Märchen von Athonasios, Albena und Nikola beginnt mit einem Artikel der Süddeutschen Zeitung. Die drei leben oder besser gesagt: hausen zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Monaten am Münchner Flughafen, wo sie Flaschen sammeln, um sich etwas zu essen leisten zu können.

Die obligatorischen Behördengänge, um eine Arbeits- und eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, enden ohne Ergebnis, stets werden sie von einem Amt zum nächsten geschickt. Und die Tickets für die weite Fahrt in die Stadt sind teuer, ihre Hoffnung, hier ein neues, besseres leben beginnen zu können, sinkt immer weiter. Doch als die traurige Geschichte der drei Flüchtlinge mit griechisch-bulgarischer Herkunft erscheint, ändert sich von einem Tag auf den andere plötzlich alles. "So kann das nicht weitergehen", ist der Tenor vieler Reaktionen.

Unzählige Leser melden sich, wollen helfen, spenden, etwas von ihrer weihnachtlichen Stimmung weitergeben. Und so kommt es, dass jetzt, nur wenige Wochen später, die Situation für die drei ganz anders aussieht. Am Flughafen leben sie schon längst nicht mehr. Eine hilfsbereite Dame, die namentlich nicht in der Zeitung genannt werden möchte, hat ihnen ein Zimmer zur Verfügung gestellt.

Die Frau, die selbst nur eine Zweizimmerwohnung besitzt, entschied noch am gleichen Tag, an dem sie von dem Schicksal der Familie erfuhr, zu handeln - und bot der Familie an, in einem ihrer zwei Zimmer einzuziehen. "Wir haben danach erst einmal drei Tage so gut wie durchgeschlafen", erzählt Athonasios, "wir hatten so lange keine Möglichkeit mehr, uns wirklich auszuruhen."

"In spätestens zwei Monaten eine eigene Wohnung"

Und auch das Flaschensammeln gehört erst einmal der Vergangenheit an. Während Albena noch auf ihre Arbeitserlaubnis wartet, hat Athonasios inzwischen drei verschiedene Jobs. Fünf Stunden täglich ist er in verschiedenen Läden in der Nähe des Hauptbahnhofs als Reinigungskraft tätig, die restliche Zeit arbeitet er in einem Kaufhaus. In München und eben auch in Osterdorf. "Wenn alles gut geht, dann werden wir uns in spätestens zwei Monaten eine eigene Wohnung leisten können", sagt er, "das wäre ein wirklicher Erfolg."

Die Zeit bis dahin wird noch einmal hart, so viel ist klar. Denn sein erstes Gehalt wird erst Mitte Januar ausgezahlt und bis dahin besitzt die Familie noch insgesamt 18 Euro. Doch Athonasios ist zuversichtlich. "Die Zukunft kann ja nur besser werden als die Vergangenheit", sagt er und grinst. Und trotz aller Widrigkeiten ist schon ihre aktuelle Situation eine große Verbesserung zu ihrem Leben am Flughafen. "Ich muss mich wirklich noch einmal bei all den Leuten bedanken, die uns geholfen haben", sagt Athanasios. Bei dem Mann, der spontan bei ihnen vorbeigefahren war und ihnen Geld in die Hand gedrückt hatte. Bei der Frau, die ihnen ein Päckchen mit Weihnachtsgaben vor die Tür gelegt hat. Und natürlich bei der Dame, die ihnen das Zimmer zur Verfügung gestellt hat.

Im nächsten Monat wird die Familie übrigens noch einmal zum Flughafen zurückkehren. Zum Besucherpark, um genau zu sein. Athonasios' Chef hat nämlich angekündigt, Albena und vielleicht auch ihm selbst dort einen Job als Reinigungskraft zu verschaffen.

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