Immobilien-Unternehmer will Mieter loswerden:Drohung mit der Schwiegermutter

Ein Immobilien-Unternehmer will seine Mieter in der Maxvorstadt loswerden - mit einem juristischen Kniff. Doch das Landgericht äußert Zweifel, ob tatsächlich Eigenbedarf vorliegt.

Ekkehard Müller-Jentsch

In einem anderen Haus wohnen wollen sie nicht. Und Geld, selbst eine stattliche Summe als Entschädigung für einen Umzug, interessiert sie schon gar nicht. In dem alten Haus Blütenstraße 8 in der Maxvorstadt herrscht zwischen dem neuen Eigentümer und den letzten vier alteingesessenen Mietern Eiszeit. Hubert Haupt, einer der großen Player auf dem Münchner Immobilienmarkt, hat es deshalb mit einem juristischen Kniff versucht.

Für eine der Dachwohnungen hat er für seine Schwiegermutter ein sogenanntes lebenslanges dingliches Wohnungsrecht ins Grundbuch eintragen lassen. Und nun klagt die 76-Jährige wegen Eigenbedarfs gegen eine etwa gleich alte Mieterin, die schon seit 34 Jahren dort lebt. Dieser Tage wurde vor dem Landgericht München I verhandelt.

Das Haus in der Blütenstraße hat schon bessere Zeiten gesehen, etwa als 1897 Rainer Maria Rilke dort wohnte. Zuletzt hat das Anwesen mehrmals den Eigentümer gewechselt: Vor etwa vier Jahren kaufte es die Domagk-Gewerbepark GmbH, deren Geschäftsführer Hubert Haupt ist. Er ist in den Fußstapfen seines Vaters Horst ins Immobiliengewerbe eingestiegen.

Er habe das Haus Blütenstraße dann privat seiner eigenen Firma abgekauft, sagte Haupt nun vor Gericht. Obwohl er, wenn man Klatschkolumnisten trauen darf, "ein traumhaftes Domizil im Herzogpark" sein Eigen nennt, möchte der junge Baulöwe, er ist erst 43, die Mehrfamilienimmobilie für sich und seine Familie nutzen. Dazu will er das Gebäude, das in seinen Augen derzeit nur eine Ruine ist, "kernsanieren".

Offenbar mit finanziellen Abfindungen wurde Haupt etwa neun Mieter nach und nach los. Doch ein harter Kern von vier Mietparteien sperrt sich. Obwohl vor dem Haus schon ein Gerüst steht, Bauarbeiter im Treppenhaus den Putz abgeklopft haben und es aus den leeren Wohnungen kalt durchs ganze Haus zieht, denken die Altbewohner nicht daran, das Feld zu räumen.

Juristische Fehler

Als mit Geld nichts zu erreichen war, wagte Haupt den Schwiegermutter-Trick. In erster Instanz nahm ein Mietrichter die Umzugswünsche ernst und gab der Klage der alten Dame statt. Die Richter der 14. Kammer am Landgericht München I machten nun aber in der Berufungsverhandlung deutlich, dass der Amtsrichter juristische Fehler gemacht habe. Dann ließen sie sich von der klagenden Schwiegermutter genau erklären, wie es mit den Plänen stehe.

Dabei stellte sich heraus, dass die Seniorin derzeit in einer Eigentumswohnung in Unterhaching lebt und ihr Münchner Wunsch-Zuhause noch nie von innen gesehen hat. Die Dame meinte immer wieder, dass ihr Schwiegersohn das alles für sie erledigen werde, sie vertraue seinen Erfahrungen.

Auch wie der speziell für sie vorgesehene "altersgerechte Umbau" aussehen sollte, wusste sie nicht zu sagen. Nur, dass ein Lift ins Haus eingebaut werden solle. Ihr sei wichtig, in die Nähe von Tochter und Enkelkinder zu ziehen. Als der Vorsitzende ihr klar machte, dass sie in dieser Stadtlage schon länger nach einem Parkplatz suchen würde, als die Fahrt von Unterhaching nach Bogenhausen dauert, zuckte sie erstaunt mit den Schultern.

50.000 Euro für den Umzug

Das Gericht hörte dann Hubert Haupt als Zeugen an. Auf die Frage, warum er seiner Schwiegermutter nicht eine der freien Wohnungen geben wolle, sagte er: "Ich glaube nicht, dass ich diese Entscheidung rechtfertigen muss." Dann beklagte er, dass mit den Altmietern nicht zu reden sei. Ob er einmal bei ihnen geklingelt habe, wollte der Richter wissen. Die Antwort war die eines gestressten Geschäftsmannes: "Ich arbeite zwölf Stunden am Tag und schaffe Wohn- und Gewerberaum in München - ich bin nicht bereit, stundenlang wie ein Bettler vor einer Tür zu stehen."

Dann machte er vom Zeugenstuhl aus ein Angebot an die beklagte Mieterin und die drei übrigen Mieter hinter ihr in der Zuschauerbank: "Ich zahle jedem 50.000 Euro, wenn er auszieht." Als sich das Gericht zu einer Zwischenberatung zurückzog, wandte sich Haupt direkt an die Parteien. Um die Mieter herum sanieren wolle er nicht. "Ich zahlen ihnen gutes Geld, damit sie die Möglichkeit haben, eine gute Alternative zu finden - daran ist doch nichts Verwerfliches." Er erntete Kopfschütteln. Auch wenn sie eine Million bekomme, wolle sie bleiben, sagte die beklagte Mieterin.

Das Gericht kehrte zurück und machte Haupt und seiner Schwiegermutter deutlich: "Es bestehen Zweifel, ob alles wirklich so sein kann." Haupt sagte daraufhin, dass er im Zweifelsfall das Gerüst abbauen und gar nichts tun werde. Das Gericht schlug vor, dass sich Mieter und Hauseigentümer endlich zusammensetzen. Man werde mit der Urteilsverkündung vier Wochen warten, ob sich doch noch gemeinsam eine Gesamtlösung erarbeiten lasse. Andernfalls wird am 5. Dezember das Urteil verkündet.

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