Essen an Münchner Schulen:Ein Rezept für alle

Essen an Münchner Schulen: Für das Essen an Münchner Schulen sollen bald einheitliche Standards gelten.

Für das Essen an Münchner Schulen sollen bald einheitliche Standards gelten.

(Foto: Catherina Hess)

München will einheitliche Regeln für die Verpflegung in Schulen und Kindergärten festlegen - und fordert als erste deutsche Großstadt von Essensanbietern einen Bioanteil von 50 Prozent. Ob das für die Eltern höhere Preise bedeutet?

Katja Riedel

Es soll das Ende von Kraut und Rüben sein, zumindest organisatorisch. Die Stadt will das Durcheinander bei der Schulverpflegung in München beenden und einheitliche Standards für das Mittagessen an Schulen, Kindergärten, Horten und Tagesheimen festlegen: Auf den Tellern der Kinder könnten die beiden Gemüsesorten damit sogar noch häufiger landen als bisher.

Am Mittwoch wird der Bildungsausschuss nach jahrelangen Planungen des Bildungs- und Gesundheitsreferates die Kriterien verabschieden, nach denen sich europaweit Caterer bewerben können, die von Herbst an täglich für etwa 30 000 Kinder und Pädagogen kochen sollen. Die Vorgaben, die sie erfüllen müssen, sind streng: Mit einem Bioanteil von mindestens 50 Prozent des Warenwertes und gut einem Drittel Frischkost stellt München als erste Großstadt die Cateringindustrie vor eine Aufgabe, die diese bisher noch nicht gewohnt ist.

München gehe damit einen beispielhaften Weg, sagt Volker Peinelt von der Hochschule Niederrhein, dessen "AG Schulverpflegung" im vergangenen Jahr dem deutschen Schulessen ein mieses Zeugnis ausgestellt hatte: "Genau so stelle ich mir Schulverpflegung vor." Dass München nicht nur auf Bio, sondern auch auf ein neues Versorgungssystem namens "Cook & Chill" setzt, hält er für den geeignetsten Weg, viele Einrichtungen zentral zu versorgen.

Überall, wo die technischen Gegebenheiten vorhanden sind, sollen Mahlzeiten erst kurz vor dem Verzehr wieder erhitzt werden. Dies gilt als appetitlicher und schonender als das stundenlange Warmhalten, das haben auch Geschmacksstudien von Peinelts Forschungsgruppe ergeben.

Pädagogisches Kochen

Wo in München bereits andere Verpflegungssyteme gut funktionieren, dürfen diese weiter bestehen. Dies betrifft auch Konzepte wie das Pädagogische Kochen am Luisengymnasium, bei dem Schüler mitkochen. Insgesamt aber stehen Umwälzungen anfür diejenigen, die das Essen liefern sollen. Großcaterer wie die bundesweiten Marktführer Dussmann, Sodexo oder Apetito beziehen ihre Waren aus Preisgründen meist noch von Lieferanten, die konventionell anbauen. Wollen sie sich auf die Münchner Ausschreibung bewerben, müssten sie erst neue Lieferanten suchen.

Wie teuer ein Schul- oder Kitaessen künftig sein wird, lasse sich vor der Ausschreibung noch kaum vorhersehen, sagt Joachim Lorenz, Leiter des Referats für Gesundheit und Umwelt. Das Projekt "Bio für Kinder", mit dem die Stadt und die Umweltabteilung des Tollwood-Festivals seit sechs Jahren den Ausbau der Bioernährung in Kitas vorangetrieben haben, kommt zu einem überraschenden Fazit: Bioessen in Kinderbetreuungseinrichtungen sei zwar teurer - aber günstiger als befürchtet.

Auf durchschnittlich 30 Cent Mehrkosten pro Essen kommt Stephanie Weigel, die Leiterin des Projektes. An 32 Einrichtungen habe man gemeinsam mit den Leitungen komplett auf Biokost umgestellt, zwei Jahre lang übernahm "Bio für Kinder" für insgesamt 648.000 Biomahlzeiten die Mehrkosten.

Fleischkonsum einschränken?

Die Erkenntnisse sind nun auch in das neue Verpflegungskonzept der Stadt eingeflossen, an dem die "Bio für Kinder"-Initiatoren beteiligt waren. Umweltreferent Lorenz folgert: "Bio ist möglich. Besonders, wenn man den Fleischkonsum einschränkt". Als Bedingung, an die sich die künftigen Caterer halten müssen, wird neben dem Grundsatz, regionale und saisonale Waren zu verwenden, auch Fleisch aus artgerechter Tierhaltung verlangt. Eier müssen zumindest aus Freilandhaltung stammen.

Ob es tatsächlich Caterer geben wird, die all dies zu den bisher in Horten und Tagesheimen üblichen Preisen von 3,10 Euro für Eltern plus städtischem Zuschuss anbieten können, ist offen. Ebenso wie die Frage, ob die Stadt deshalb die Gebührenordnung anheben muss. Bei einem Vorlauf, der aktuell stattfindet, vermeldete das Bildungsreferat, dass es nur wenige Interessenten gegeben habe.

In zwei Einrichtungen musste die Stadt, anders als geplant, eigenes Personal einsetzen, um einen Interessenten zu finden. Gerade für Caterer, die bereits selbst hochwertige Konzepte entwickelt haben, ist eine Ausschreibung in der Größenordnung von 30.000 Essen nicht attraktiv. Etwa für Carola Petrone, eine der Patinnen von "Bio für Kinder", die ausschließlich Bioprodukte verwendet. Ihr Unternehmen "Il Cielo" wurde gerade zum Caterer des Jahres ausgezeichnet. Bewerben will sie sich trotzdem nicht.

Auch im Schulreferat glaubt man, dass die Ausschreibung eher für die Marktführer interessant sein dürfte, die aufgrund geringer Margen auf die Masse setzen. Der Caterer Apetito, der nach eigenen Angaben zehn Prozent der Schulverpflegung an deutschen Schulen übernimmt, hält die Preissensibilität für Lebensmittel speziell im Kita- und Schulmarkt für "sehr hoch", sagt ein Sprecher. Aber: "In München ist die Bereitschaft, etwas höhere Preise für Schulessen zu zahlen, eher größer."

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