Ende von Ottis Schlachthof:Mehr sog i ned

Nach 17 Jahren und 170 Folgen muss Ottfried Fischer Konsequenzen aus seiner Erkrankung ziehen: "Ottis Schlachthof" wird eingestellt. Doch auf der Bühne wird der Kabarettist weiter stehen - recht bald sogar.

Stephan Handel und Christian Mayer

Einmal, da kam der Michi Altinger auf die Bühne, er hatte ein T-Shirt an, auf dem eine vierstellige Nummer stand. Als er später am Stammtisch Platz nahm, fragte ihn Ottfried Fischer, was das denn für eine Zahl sei, und Altinger antwortete: Das sei die Geheimzahl von seiner, Fischers EC-Karte.

Das war hinterfotzig lustig, denn Fischer hatte gerade eine Affäre durchstanden, die ihn auch deshalb einiges an Geld kostete, weil er einigen nicht ganz billigen Damen jene Geheimzahl verraten hatte. Er hat dann aber doch grinsen müssen über die Gemeinheit seines Kollegen.

Das war viele Jahre lang verlässlich im ansonsten ja eher tristen Freitagabend-Fernsehprogramm: dass am letzten Freitag des Monats um 22.30 Uhr Ottfried Fischer buddhahaft an seinem Tisch saß, mit leicht herablassender Großzügigkeit seine Gäste ankündigte, die sodann ein kleines Solostückerl zum Besten gaben und schließlich am Stammtisch des Gastgebers landeten, der sie befragte zu Gott und der Welt. Kenner behaupteten, sie könnten ohne weiteres unterscheiden, wer sich Bier in den steinernen Krug einfüllen lasse und wer nur Apfelschorle.

Das ist nun zu Ende - Ottfried Fischer und der Bayerische Rundfunk teilten gestern mit, dass "Ottis Schlachthof" zum Ende des Jahres eingestellt wird - nach 17 Jahren und 170 Sendungen. Zur Begründung sagt Fischer: "Bis zuletzt habe ich versucht, den Kollegen Parkinson zu ignorieren. Beim Film und auf der Bühne kann man dieser Krankheit trickreicher begegnen, weniger da, wo's die Schlagfertigkeit braucht." Fischer hat vor gut vier Jahren seine Parkinson-Erkrankung öffentlich gemacht.

Vor gut einem Jahr wurde Fischer im "Schlachthof" Michael Altinger als ständiger Gast zur Seite gestellt. Zwar wurde allseits bestritten, dass diese Besetzung etwas mit der Krankheit zu tun habe - nun schreibt er selbst: "Bald mehrten sich die Stimmen, die keinem ,kranken Mann' mehr zusehen wollten." Christian Nitsche, Pressesprecher des BR, sagt: "Das war eine gemeinsame Entscheidung."

Zu seiner Zukunft meint Fischer, er werde "weiterhin, entschleunigt zwar, Bühnenprogramme spielen, Bücher schreiben und neue Projekte entwickeln". Der BR teilt mit, Fischer werde als "Gesicht des Senders" erhalten bleiben, Sprecher Nitsche erläutert, dies könne durch die "reichen Programmschätze" geschehen, also durch Wiederholungen, aber auch durch neue Formate: "Schauspieler oder Kabarettist - er kann ja beides."

Was mit dem Sendeplatz geschieht

Was mit dem Sendeplatz geschieht, ist noch nicht klar. Eine Weiterführung mit neuem Moderator, etwa als "Altingers Schlachthof" scheint jedoch nicht in Frage zu kommen: "Ohne Otti kann es die Sendung nicht mehr geben", sagt Christian Nitsche. Am gleichen Ort etwas anderes zu machen, das liegt jedoch durchaus im Bereich des Möglichen: "Die Location ist ja nicht schlecht und als Ort für Kabarett bestens eingeführt."

Fischers Kollegen und Mitspieler finden es einerseits bedauerlich, dass der Schlachthof, immerhin die zweitälteste deutsche Kabarettsendung nach den WDR-Mitternachtsspitzen, eingestellt wird. Andererseits gebühre dem Hauptakteur auch Respekt und Anerkennung, wie Christian Springer ("Fonse") sagt, der Ottfried Fischer mit pointierten Texten und Ideen versorgt hatte: "Einige Generationen von Kabarettisten hatten in seiner Sendung ihren Stapellauf. Ich selbst habe grandiose Erinnerungen daran: Es wird die einzige Sendung bleiben, in der ich mit Roberto Blanco Arabisch geplaudert habe."

Eine Beerdigungsstimmung für den dahinscheidenden Schlachthof sei es allerdings völlig unangemessen: "Es geht sowieso weiter, und im Herbst haben Ottfried, Michael Lerchenberg und ich Premiere mit einem gemeinsamen Bühnenprogramm", sagt Springer.

Der Münchner Kabarettist Helmut Schleich, ebenfalls ein langjähriger Stammgast im Schlachthof, hält den Rückzug für eine "absolut richtige und notwendige Entscheidung". Ottfried Fischer werde sich zum Jahresende "in Würde" verabschieden und sich dann anderen Plänen widmen können. Für Ottfried Fischer sei das auch eine "Befreiung, wenn der Druck weg ist, jeden Monat eine 60-Minuten-Sendung produzieren zu müssen".

Vor allem für die vielen Fans, die sich immer lange im Voraus um Karten für die Aufzeichnung bemüht hätten, sei es ein harter Schlag: "Der Schlachthof hatte seinen eigenen Charme: Es wurde immer sehr viel improvisiert, die Dialoge entstanden nach dem Zufallsprinzip, manchmal kamen wir neben der Satire auch ins Privatisieren. Das war schon einmalig." So einmalig wie eine Sendung, in der die Pin-Nummer des Moderators veröffentlicht wird - der darüber grinst wie ein bayerischer Buddha.

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