Einführung eines verbilligten Semestertickets:Auf der Strecke geblieben

Seit fast 20 Jahren wird in München über die Einführung eines verbilligten Semestertickets diskutiert. Bisher ohne Erfolg. Im November dürfen die Studenten der drei Münchner Hochschulen erneut abstimmen. Auf Facebook haben sich Gegner und Befürworter schon in Stellung gebracht.

Ursula A. Ohliger

Es sind noch drei Monate, dann können die Studenten der Münchner Hochschulen erneut darüber abstimmen, ob sie ein Semesterticket wollen oder nicht. Im Internet haben sich Gegner und Befürworter schon in Stellung gebracht. Die Juso-Hochschulgruppen werben eifrig auf ihrer Facebook-Seite "Meine Stimme für das Münchner Semesterticket", die Gruppe "Zahl dein Ticket selbst - ohne Münchner Semesterticket" lehnt das Vorhaben dagegen ab - das Semesterticket sei falsch verstandene Solidarität.

U-Bahnhof Universität in München, 2010

Günstige Fahrt zur Vorlesung: Die Studenten der LMU lehnten bei der letzten Abstimmung im Jahr 2009 ein verpflichtendes Ticket für alle ab.

(Foto: Catherina Hess)

Fast alle größeren Universitätsstädte haben es, nur in München scheitert die Einführung eines Tickets seit fast 20 Jahren. Der Kerngedanke eines Semestertickets ist, dass alle Studenten einen verpflichtenden Beitrag leisten müssen, ob sie den öffentlichen Nahverkehr nutzen oder nicht. Dafür bekommen Studenten günstigere Tarife als derzeit.

Bei einer ersten Abstimmung im Jahr 2009 sprach sich zwar eine große Mehrheit der Studenten an der Technischen Universität und an der Hochschule München für ein solches Ticket aus, die Studenten der LMU aber votierten mit einer knappen Mehrheit gegen die Einführung. Damit war das Projekt vorerst gescheitert. Vor einigen Wochen nun startete die Rathaus-SPD einen neuen Anlauf.

Das aktuelle Modell sieht vor, dass alle Studenten einen verpflichtenden Sockelbetrag von 59 Euro pro Semester entrichten. Damit können die Studenten das MVV-Gesamtnetz werktags von 18 Uhr abends bis 6 Uhr morgens und am Wochenende ganztätig nutzen. Dieser Solidarbeitrag ist gegenüber dem 2009 abgelehnten Modell um 20 Euro gesenkt worden. Zusätzlich können die Studierenden für weitere 141 Euro ein Aufpreisticket kaufen, mit dem sie dann während des Semesters und in der vorlesungsfreien Zeit - also sechs Monate lang - das gesamte MVV-Netz zu jeder Tageszeit nutzen können.

Vom 21. November bis 2. Dezember nun dürfen die etwa 96.000 Studierenden von LMU, TU und Hochschule München erneut über die Einführung des Semestertickets abstimmen. Das Ticket kommt aber nur, wenn sich an den drei Hochschulen jeweils eine Mehrheit der Studenten dafür ausspricht.

"Ich bin für das Semesterticket, weil die Studierendenschaft in München insgesamt davon profitiert", sagt Stefan Bschorer, stellvertretender Vorsitzender des AStA an der TU München. "In anderen Städten müssen Studierende für den verpflichtenden Sockelbetrag oft mehr als 150 Euro bezahlen. Viele MVV-Nutzer in der Innenstadt und Studierende, die täglich zu ihren Fakultäten, etwa nach Garching, pendeln müssen, werden finanziell entlastet."

Wider den Solidaritätsgedanken

Die Gegner kritisieren vor allem den Solidaritätsgedanken. Sie schreiben auf ihrer Facebook-Seite, dass Studenten, die nicht mehr bei den Eltern im Vorort wohnen, sondern in der Innenstadt, mit dem Semesterticket häufig draufzahlen würden. Schließlich hätten sie teure Mieten zu finanzieren und kämen zudem oft mit dem Fahrrad statt mit U- oder S-Bahn zur Uni.

Einführung eines verbilligten Semestertickets: Viele Studenten die in der Münchner Innenstadt wohnen, nutzen ihr Fahrrad, um in die Uni zu kommen. Ein Semesterticket wäre nur eine zusätzliche Belastung für sie.

Viele Studenten die in der Münchner Innenstadt wohnen, nutzen ihr Fahrrad, um in die Uni zu kommen. Ein Semesterticket wäre nur eine zusätzliche Belastung für sie.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Das Semesterticket ist weder eine Umverteilung von stark nach schwach, wie bei Sozialabgaben, noch von schlecht nach gut, wie bei Umweltsubventionen, sondern von MVG-Wenignutzern zu MVG-Vielnutzern - ohne jede Not", kritisiert Andreas Ditler, Student der Elektrotechnik an der TU. Er ist Mitinitiator der Gruppe "Zahl dein Ticket selbst". Auch Bschorer räumt ein, dass das Ticket nicht für alle Studierenden eine finanzielle Entlastung brächte: "Es gibt Argumente gegen das Ticket, und ich kann es verstehen, dass Leute, die nie den MVV nutzen, das nicht zahlen wollen."

Sollte die Abstimmung Ende November positiv ausfallen, wird das Ticket - so die derzeitige Planung - zunächst zwei Jahre auf Probe eingeführt. Denn nur wenn sich mehr als 62 Prozent der Münchner Studenten für das Aufpreisticket entscheiden, macht die MVG keine Verluste, so zumindest die bisherige Berechnung. Die Stadt München soll daher auf Antrag der SPD zusichern, dass die Kosten in den ersten beiden Jahren ausgeglichen werden.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass an allen drei Unis eine klare Mehrheit für das Ticket stimmen wird", sagt Bschorer. Dafür spricht derzeit, dass die Pro-Seite bei Facebook wesentlich mehr Unterstützer hat als die Gegner. "Die vergangene Abstimmung zeigte deutlich, dass die Mehrheit nicht immer hinter den Lautesten steht", kontert sein Widersacher Andreas Ditler.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: