Diskussion über Gewaltexzesse:Politiker zweifeln am Schnapsverbot

Kein Schnaps mehr nach Mitternacht? So will Polizeipräsident Schmidbauer die Gewalt auf der Sonnenstraße eindämmen. Doch sein Vorschlag stößt bei allen Parteien auf wenig Gegenliebe. Es fehlt die Rechtsgrundlage, eine Kontrolle ist in der Praxis kaum durchführbar. Die Clubbetreiber machen nun eigene Vorschläge.

Dominik Hutter und Christiane Lutz

Bar in München, 2011

Schnapsflaschen in einer Münchner Bar: Müssten die Flaschen bei einem Verbot ab Mitternacht weggesperrt werden?  

(Foto: Stephan Rumpf)

Kein Schnaps mehr nach Mitternacht? Dieser Vorschlag von Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer wird bei den großen Fraktionen im Münchner Rathaus distanziert bis ablehnend beurteilt. "Ich bin gegen ein solches Verbot", erklärt die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger. Sie hegt gehörige Zweifel, dass damit eine Eindämmung der Gewalttaten rund um die Clubszene in der Münchner Innenstadt erreicht werden kann.

Auch CSU-Fraktionschef Josef Schmid hält die Schmidbauer-Idee für "nicht zielführend" - der Rechtsanwalt fragt sich zudem, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Sanktion eigentlich ausgesprochen werden könnte. Eine Sorge, die auch den SPD-Kollegen Alexander Reissl umtreibt: "Ich glaube kaum, dass sich ein Gesetzgeber für ein solches Verbot findet".

Die Stadt könne es jedenfalls nicht verhängen. Der Königsweg, da sind ich die Politiker einig, führe über eine Kooperation zwischen Sicherheitskräften und Wirten, die auf ihre Gäste achtgeben müssten. Eine solche Initiative will Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle am Donnerstag vorstellen.

Die schon länger geführte Debatte um Gewalttaten unter Alkoholeinfluss war am Wochenende wieder aktuell geworden, nachdem drei bislang unbekannte Täter zwei junge Männer in einer Grünanlage der Innenstadt attackiert und einen davon schwer verletzt hatten. Ob Alkohol dabei eine Rolle gespielt hat, ist noch unklar.

Wie soll man das kontrollieren?

Die Polizei warnt aber schon länger vor der stark wachsenden Zahl an alkoholbedingten Gewaltexzessen. "Wir haben in der Tat ein zunehmendes Problem", betont Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle, der den Vorschlag Schmidbauers daher nachvollziehbar und diskussionswürdig findet. "Aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass das ein sinnvoller Weg wäre". Das Ganze sei wohl "eher ein Denkanstoß".

Für Blume-Beyerle ist vor allem die praktische Umsetzung eines solchen Verbots ein Rätsel: "Wie soll man das kontrollieren?" Wie wollen die Behörden ohne zu probieren Wasser und Wodka auseinander halten? Ab wann läuft ein Mischgetränk unter dem Begriff Schnaps? Wie lassen sich opulente Schnaps-Bestellungen kurz vor Mitternacht vermeiden und wie der Verkauf unter der Theke? Blume-Beyerle ist überzeugt: Das haut nicht hin.

Diskussion über Gewaltexzesse: Erlaubt oder verboten: Ab wann gilt ein Cocktail als hochprozentiges Getränk?

Erlaubt oder verboten: Ab wann gilt ein Cocktail als hochprozentiges Getränk?

(Foto: Stephan Rumpf)

Kampf gegen den Exzess

Am Donnerstag will der Referent deshalb zusammen mit den Wirten eine Initiative vorstellen, wie Exzesse an der "Feierbanane" zwischen Maximiliansplatz und Sendlinger Tor bekämpft werden können. Unter dem Motto "Cool bleim, friedlich feiern" wollen Behörden und Gastronomen gemeinsam darauf achten, dass die Party-Abende nicht aus dem Ruder laufen.

Das Kreisverwaltungsreferent will künftig verstärkt Aufenthaltsverbote verteilen: Wer negativ auffällt, darf für einen bestimmten Zeitraum die nächtliche Feierbanane nicht mehr betreten. Grünen-Stadträtin Nallinger findet aber, dass auch an den Bars viel mehr unternommen werden könnte: übers Getränke-Angebot und die Preise.

Auch die Clubbetreiber Harry Klein, David Süß (Harry Klein) und Jakob Faltenbacher (Milchbar) sehen ein mitternächtliches Alkoholverbot kritisch "es wäre mit Sicherheit ein einzigartiges Experiment", sagt Süß, "aber das würde nur dazu führen, dass Clubbesucher zuhause noch kräftiger Vorglühen oder einen Flachmann mit Hochprozentigem mitschmuggeln".

Schlange vor einem Münchner Klub.

Die sogenannte Feierbanane in der Sonnenstraße lockt an den Wochenenden bis zu 10.000 Besucher an.

(Foto: Stephan Rumpf)

Freundschaft und Nähe zur Polizei herstellen

Die Leute, die auf Gewalt aus seien, provozierten diese mit oder ohne Alkohol, sind sich die Clubbetreiber einig. In keinem der beiden Clubs sei es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Steigerung an Gewalttaten gekommen. Jetzt, wo auf der Sonnenstraße am Wochenende oft um die 10.000 Menschen unterwegs wären, steige natürlich das Risiko von Schlägereien und Auseinandersetzungen, allerdings läge das in der Natur der Sache und nicht am Alkohol.

Die Clubbetreiber plädieren dafür, mehr Kontaktbeamte der Polizei auf der Feierbanane einzusetzen. Diese könnten helfen, "Freundschaft und Nähe zur Polizei herzustellen", so Süß, und gleichzeitig Gewalttaten zu verhindern. "Das Rauchverbot verlief noch relativ glimpflich,", sagt Faltenbacher, "bei Alkohol würden die Leute mehr rebellieren." Der Alkoholkonsum von Jugendlichen sei auch Erziehungssache, so Süß, "dass die Eltern da früher eingreifen, das wäre so meine Vision."

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