Bogenhauser Villa vor Abriss:Ausgehöhltes Denkmal

Walmdachvilla, Kohlbergerstraße 5

Aus der Liste der schützenswerten Baudenkmäler gestrichen wurde diese Bogenhauser Villa. Lokalpolitiker und Nachbarn wollen ihren Abriss verhindern.

(Foto: Florian Peljak)

Weil im Innern einer alten Bogenhauser Villa zu viel verändert wurde, verliert das Gebäude seinen Schutzstatus. Jetzt will der neue Besitzer das Haus abreißen lassen und Luxuswohnungen bauen. Stadt und Anwohner protestieren.

Von Johannes Barthel

Seit fast 90 Jahren steht die Villa ruhig und idyllisch an der Kolbergerstraße 5, inmitten eines grünen Gartens, mit ihrer großenteils von Wein und Efeu bewucherten Fassade. Dass sie ihren hundertsten Geburtstag noch erleben wird, scheint aber eher unwahrscheinlich. Still und leise wechselte das denkmalgeschützte Haus den Eigentümer. Der neue Besitzer will sie abreißen und lieber einen Neubau errichten. Und eine Überprüfung des Landesamts für Denkmalschutz offenbarte, dass im Innern des Hauses so viel verändert wurde, dass es nicht mehr als Baudenkmal gelten kann.

Es ist eine verworrene Geschichte, die sich lange Zeit völlig im Verborgenen abgespielt hat. Erst, als die Nachbarn der Villa von ihrer Hausverwaltung ein Schreiben erhielten, dass es im Zuge der Anwohnerbeteiligung zu einem Vermessungs- und Abmarkungstermin kommen solle, gelangte die Angelegenheit an die Öffentlichkeit. Mit dem Brief, so erklärt eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, habe sie auch eine Flurkarte erhalten, auf der ein "massiver Baukörper" an Stelle der alten Villa zu erahnen war. Der neue Eigentümer des Grundstücks ist die Euroboden GmbH aus Grünwald, die sich auf das Luxussegment im Bereich Eigentumswohnungen spezialisiert hat. Und jetzt offenbar plant, die Villa abzureißen, um an ihrer Stelle ein Mehrfamilienhaus mit vier Vollgeschossen und einem Terrassengeschoss zu errichten.

Möglich ist das deshalb, weil das Gebäude seit Januar von der Liste der Baudenkmäler in Bayern verschwunden ist, auf der es zuvor seit 1981 stand. Die Untere Denkmalschutzbehörde, angesiedelt im Planungsreferat der Stadt München, leidet nach Aussage von Sprecherin Karla Schilde selbst darunter, dass das Landesamt für Denkmalpflege diese Streichung vorgenommen hat. Denn das hat Folgen: "Im Dezember hat die Euroboden die Abrissabsicht bei uns angezeigt, seit der Denkmalschutz im Januar erloschen ist, könnten theoretisch die Bagger anrollen", sagt Schilde. "Wir vor Ort versuchen hier natürlich zu retten, was zu retten ist", verdeutlicht sie die Bemühungen ihrer Behörde.

Beim Landesamt wiederum erfährt man, dass es vor der vermeintlich so plötzlichen Aufhebung des Denkmalschutzes ein mehrwöchiges Verfahren gegeben habe - von dem auch die Untere Denkmalschutzbehörde in München gewusst habe. Der neue Eigentümer konnte, wie Euroboden-Geschäftsführer Stefan Höglmaier mitteilte, "keine Qualitäten feststellen, die eine Denkmaleigenschaft rechtfertigen". Daraufhin trat Euroboden an das Landesamt für Denkmalpflege heran, das den Status der Villa als Baudenkmal überprüfte. Und bei einem Ortstermin feststellte, dass es gravierende Veränderungen an dem Bau gegeben habe: "Damals wurden ohne die dafür nötige denkmalschutzrechtliche Genehmigung Wände und die historischen Fußböden und Decken entfernt", erklärt Landesamts-Sprecherin Beate Zarges. Das sei deshalb so schwerwiegend, weil vor allem die Innenausstattung des Gebäudes der Grund für den Denkmalschutz war und es deshalb "entscheidende Denkmalwerte verloren hatte", so die Sprecherin.

"Ein Stück Kultur zum Wohnen" für eine handverlesene Klientel

Dass der Schwarze Peter nun beim Landesamt landen soll, weil dieses dem gesetzlichen Auftrag entsprechend die Villa aus der Liste gestrichen hat, kann Zarges nicht nachvollziehen: "Auf eine erste Anfrage im November hin teilte uns die Untere Denkmalschutzbehörde mit, dass sie keine Informationen zu den baulichen Veränderungen oder einem damaligen Erlaubnisverfahren habe." Erst drei Wochen nach Aufhebung des Denkmalschutzes und nachdem die Anwohner wegen des Vermessungstermins alarmiert waren, habe sich die Untere Denkmalschutzbehörde wieder beim Landesamt gemeldet. "Nun teilte man uns mit, dass eben doch Informationen aus dem Jahr 1986 vorlägen", erklärt Zarges. Diese angeforderten Dokumente seien aber bis heute nicht beim Landesamt eingegangen. Wohl auch deshalb, weil es sich dabei um Genehmigungen handelt, die den Anbau eines Wintergartens und Fensterumbauten betreffen - und die im Landesamt selbst längst bekannt sind.

"Über Änderungen des Innenausbaus liegen bei uns auch keine Informationen vor", stellt Schilde vom Planungsreferat klar. Man habe aber eine "vehemente Bitte" an die übergeordnete Behörde gestellt, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. "Schließlich ist die Villa ein ganz typisches Gebäude für diese Gegend und unserer Meinung nach allein deshalb erhaltenswert", sagt Schilde.

Ob diese Bitte etwas bewirkt? Schließlich ist man im Landesamt überzeugt, die aktuelle Prüfung äußerst gründlich und sensibel ausgeführt zu haben. Man könne jetzt die auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes getroffene Entscheidung nicht einfach nach politischem Willen revidieren, sagt Zarges. Inzwischen trat auch die Politik auf den Plan. Der Bezirksausschuss 13 beschloss in seiner jüngsten Sitzung einstimmig, dass die Stadt beim Landesamt darauf hinwirken solle, das Gebäude wieder unter Denkmalschutz zu stellen und damit den Abbruch und etwaige Folgen zu verhindern. "Dem Verlust des Denkmals und dem erwartbaren Dominoeffekt gilt es vorzubeugen", heißt es im Antrag der SPD.

Euroboden-Chef Höglmaier schreibt indes, dass seine Firma "unter der Voraussetzung eines Baudenkmals die Sanierung und Weiterentwicklung des Anwesens durchaus begrüßt hätte". Man finde das Gebäude aber eben nicht erhaltenswert und sehe die Entscheidung des Landesamtes für Denkmalschutz als Bestätigung an. Anders, als es aus dem Planungsreferat verlautbarte, behauptet Höglmaier auch, keine Abrissgenehmigung zu haben. Die Euroboden wirbt für sich, dass ihre handverlesene Klientel "ein Stück Kultur zum Wohnen" bekäme. Dafür soll manchmal auch ein Stück Architekturkultur wie die Villa in Bogenhausen der Abrissbirne zum Opfer fallen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: