Bar "Zur Gruam":Die Turbo-Boazn

Prostituierte, Gangster, Grantler: Früher war die Gruam ein legendäres Absturzlokal, vor genau einem Jahr hat die kleine Eckkneipe wiedereröffnet. Verändert haben sich seitdem eigentlich nur die Gäste, der Charme ist geblieben.

Anna Fischhaber

Konkurrenzängste braucht die Gruam nicht haben. Sie liegt sozusagen im Niemandsland. Dort, wo die Thalkirchnerstraße unter einer Eisenbahnbrücke auf die Lagerhausstraße trifft, wo statt Mehrfamilienhäusern düstere Industriehallen stehen, wo München so Berlin ist wie sonst fast nirgendwo. Das Gute daran: Anwohner, die sich beschweren könnten, gibt es nicht. Vielleicht deshalb hat der Wirt vom Josef und Maria im Glockenbach die Kneipe vor einem Jahr übernommen. Vielleicht auch wegen ihres legendären Rufs.

Diesen Freitag ist erster Geburtstag. Die "Boazn deines Vertrauens" feiert mit 100 Liter Freibier, steht auf dem Flyer, der in der Kneipe ausliegt. Aber eigentlich existiert die Gruam natürlich schon viel länger. In der kleinen Eckkneipe trafen sich früher Zuhälter und Prostituierte vom Straßenstrich und die Fernfahrer vom Großmarkt nach getaner Arbeit. Die öffentliche Toilette gegenüber war als Schwulentreff bekannt.

Ein Baseballschläger, so erzählt man sich, war damals das wichtigste Inventar der Kneipe. Nach mehr als 30 Jahren musste Wirt Toni Holzer aus gesundheitlichen Gründen aufgeben, nun hat die Kneipe wieder offen. Verändert hat sich wenig. Zumindest äußerlich. Und das ist gut so.

Noch immer wirkt die Gruam düster. Der graue Rauputz samt Holzvertäfelung wird nur von ein paar Lichterketten erhellt. An der Wand hängen seltsame Bilder - eine nackte Frau etwa und ein Hirsch. Auch eine Marienstatue und eine Jukebox gibt es. Und doch ist die Gruam mehr als eine normale Boazn. Freitags legt ein DJ Elektro auf, Samstag wird auch andere Musik gespielt. Die Gäste sind jünger und hipper geworden, schick ist die Kneipe dennoch nicht, dafür ist sie zu authentisch.

"Turbo-Boazn", nennt Mitarbeiter Steffen Fries das Konzept. Weil man in der Gruam einfach alles könne - "dicke Party feiern genauso wie gemütlich an der Bar sitzen". Die Öffnungszeiten sind bislang etwas unregelmäßig, im Herbst will Fries aber wieder Donnerstag, Freitag und Samstag ab 20 Uhr aufsperren, während des Oktoberfests sogar jeden Tag.

Dann soll es auch wieder regelmäßig den nächtlichen Snack geben - solange der Vorrat reicht, werden Semmeln mit Wienern verkauft. Dazu Bier (Helles ab 3,20 Euro) und Schnaps. Allerdings nicht nur billiger Klarer, sondern auch zumindest eine Sorte guter Rum und Whiskey. Schließlich ist die Gruam eine Turbo-Boazn.

Zur Gruam, Thalkirchnerstraße 114, Do. bis Sa., ab 20 Uhr

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