Ade, Häuser im Jugendstil :Ungenutzte Chance

Der Stadt mangelt es oft an rechtlichen Mitteln, um ortsbildprägende Strukturen zu erhalten. Trotzdem verzichtet sie auf den Erlass entsprechender Satzungen - aus Sicht des Bündnisses Gartenstadt ein fataler Fehler

Von Ellen Draxel

Das Bündnis Gartenstadt wünscht sich die Anwendung städtebaulicher Erhaltungssatzungen und Gestaltungssatzungen für München. Beide baurechtlichen Instrumente sollen helfen, das Ortsbild der Landeshauptstadt zu bewahren. Die bestehenden Vorgaben reichten nicht aus, Münchens Stadtgestaltung zielgerichtet zu beeinflussen, sagt Reinhard Sajons, Mitglied des Bündnisses und 20 Jahre lang Leiter der Stadtsanierung im benachbarten Augsburg.

Sajons wohnt in Aubing. Er erinnert sich noch lebhaft an ein Bauvorhaben von vor zwei Jahren an der Limesstraße. Ein altes Häuschen, eingebettet in Villen mit Walmdachhäusern und genau gegenüber dem denkmalgeschützten Jugendstilbau der Limesschule situiert, sollte durch einen modernen Neubau mit Terrassengeschoss und begrüntem Flachdach ersetzt werden. Lokalpolitiker und Nachbarn protestierten, auch die Experten der Stadtgestaltungskommission sprachen sich gegen die Neubaupläne aus. Genehmigt wurde der Bauantrag dennoch, wenn auch etwas modifiziert. Das Grundstück, hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) später erklärt, liege weder im Umgriff eines qualifizierten Bebauungsplans, noch gelte eine bestimmte Gestaltungssatzung. Mehr juristischer Spielraum als Appelle und die Behandlung in der Stadtgestaltungskommission stehe nicht zur Verfügung.

Ade, Häuser im Jugendstil : Darum geht es ihnen: Die Mitglieder des Bündnisses Gartenstadt haben sich dem Erhalt von Häusern wie diesem verschrieben. Das stattliche Anwesen mit Bäumen und viel Grün außen herum steht in der Menterschwaige.

Darum geht es ihnen: Die Mitglieder des Bündnisses Gartenstadt haben sich dem Erhalt von Häusern wie diesem verschrieben. Das stattliche Anwesen mit Bäumen und viel Grün außen herum steht in der Menterschwaige.

(Foto: Robert Haas)

Für das Bündnis Gartenstadt der Beweis, dass der Stadt rechtliche Mittel fehlen, wenn es darum geht, ortsbildprägende Strukturen zu erhalten. Deshalb verstehen Sajons und seine Mitstreiter nicht, wie das Planungsreferat dem Stadtrat vor ein paar Wochen ein Beschlusspapier zur Abstimmung vorlegen konnte, das den Erlass von Satzungen zur Regelung des Ortsbildes als "nicht zielführend" erachtet und deshalb "nicht befürwortet". Die Sitzungsvorlage behandelte eine Empfehlung der Bürgerversammlung von Untergiesing-Harlaching, ist nach Ansicht des Bündnisses aber stadtweit relevant.

Das Papier, über das der Planungsausschuss im Mai abzustimmen hatte, so kritisiert Sajons, ging mit keinem Wort darauf ein, dass gerade die städtebauliche Erhaltungssatzung in vielen Städten Deutschlands angewendet werde, oft schon seit Jahrzehnten. "Beispielhaft seien erwähnt: Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt. Besonders intensiv Dresden mit 23 Satzungen und 44 Ortskernsatzungen sowie zusätzlich 360 ha Satzungsgebiet allein aus dem letzten Jahr." Dazu kämen viele mittlere Großstädte und viele kleinere Städte. Eine Information, die für die Stadträte wichtig gewesen wäre, um die Brisanz des Themas einschätzen zu können. "Schlicht unterschlagen" worden sei vom Planungsreferat außerdem, so Sajons Vorwurf, dass "aus dem Landesamt für Denkmalpflege schon mehrfach der Hinweis kam, die Stadt solle doch endlich die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zur Erhaltung wichtiger Substanz anwenden".

Steinkirchner Straße in Gräfelfing, 2015

Das Spannungsverhältnis, in dem sich Kommunen bei der Genehmigung von Bauanträgen bewegen, verdeutlicht dieses Beispiel aus Gräfelfing.

(Foto: Catherina Hess)

Der Kernsatz des Beschlusses, man brauche in München diese baurechtlichen Instrumente nicht, da man mit dem vorhandenen Baurecht samt sämtlichen Satzungen und Verordnungen alles im Griff habe und zielgerecht steuern könne, ist aus Sicht des Bündnisses "einfach falsch". Die Forderung der Initiative: das Thema nicht ad acta zu legen, sondern weiterhin "offen und mit der Bereitschaft zu einem positivem Ergebnis" zu diskutieren.

Sie und ihr Team, sagt dazu Stadtbaurätin Elisabeth Merk, wüssten das Engagement des Bündnisses Gartenstadt und die konstruktiven Beiträge zum Thema "ausdrücklich zu schätzen". Derzeit allerdings könne der Erlass von Satzungen zur Regelung des Ortsbildes für München nicht befürwortet werden. "Einer qualifizierten Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieser Instrumente" aber werde sie sich "nicht verschließen". Das Planungsreferat, ergänzt Sprecher Ingo Trömer, erarbeite derzeit eine Rahmenplanung für Gartenstädte. Das Papier werde voraussichtlich erst 2018 dem Stadtrat vorgelegt.

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