59:1:Völlig losgelöst

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Live-Club mit Programm: Im 59:1 rocken Independent-Künstler die Bühne und junge Münchner twisten wie in Woodstock über die Tanzfläche.

Susanne Popp

Hämmernde Elektro-Beats kombiniert mit Gitarren-Riffs, die überfüllte Tanzfläche ist in diffuses Licht getaucht: So wie das 59:1 beim Auftritt der Handsome Furs am Samtstagabend stellt man sich Underground-Clubs in London vor. Retro und ein bisschen vintage.

Dan Boeckner, ehemaliger Sänger von Wolf Parade, rockt mit seiner Frau Alexei Perry als Indierock-Duo Handsome Furs im 59:1. (Foto: Foto: Susanne Popp)

Rückblick: Bis September 2007 residierte in dem kleinen Clubraum in der Sonnenstraße 27 die Monofaktur. Und auch wenn sich die Location mit den roten Wänden und lack-schwarzen Ledersofas kaum verändert hat, ist der Club rockiger und alternativer geworden. Jede Woche gibt es Live-Konzerte und DJ-Sets von Independent-Künstlern aus aller Welt. An diesem Samstag standen die Handsome Furs aus Montreal auf der Bühne.

Die Performance von Dan Boeckner und seiner Ehefrau Alexei Perry am Drumcomputer vereint solides Gitarrenspiel und eingängige Melodien mit kühler Elektronik. Ruhige und schöne Gesangspassagen kontrastieren das rasante Wechselspiel zwischen analogen und digitalen Elementen und reflektieren die Kritik des Duos an Technologie und Fortschritt.

Röhrenjeans, Bohemienschuhe und Sixties-Tuch

Nach dem Auftritt der Handsome Furs ist an diesem Abend normaler Clubbetrieb angesagt: Eine gelungene Mischung aus Soul und Sixties-Rock mit Breakbeat-Einlagen schallt unter dem Motto "Teenage Kicks" aus den Boxen. Dementsprechend Sixties-like wird das Bein geschwungen, über die Tanzfläche getwistet und die Hände im "Do-the-monkey"-Stil geschüttelt.

Allerdings wirbelt nur ein kleiner Teil des Publikums derart durch den Club. Das Gros der Menge hält sich lieber an seiner Bierflasche fest, Headbanging-Versuche beschränken sich auf schüchternes Kopfnicken. Das muss aber auch so sein, denn im 59:1 trifft man vor allem szenig-alternative Studenten - nur der ein oder andere Rockabilly hat sich unter die Mittezwanziger gemischt. Schickimicki und Society sucht man also vergeblich - die Leute vor der Bühne sehen aus wie die Leute auf der Bühne und am DJ-Pult.

Um nicht aufzufallen, empfiehlt sich beim Styling der Griff zur Röhrenjeans und für die Herren wahlweise Karohemd mit Lederjacke oder luftig-lockeres Sakko. Neben Chucks dominieren spitze Bohemienschuhe und weiße Tennis-Sneaker. Und als Hommage an die Sixties binden die weiblichen Gäste das Halstuch dekorativ ins Haar - "freier, wilder, lebendiger" heißt das Credo.

Dies zeigt sich auch bei der Wahl der Getränke: Longdrinks und Cocktails bleiben eher die Ausnahme, vor allem Bier (3,10 Euro) und Wein (3,40 Euro) gehen im Club über die Theke. Von dort beobachtet Frank Bergmeyer, der auch das Netzer&Overath und den Bergwolf besitzt, das Publikum. Nur ab und zu verschwindet er im Hinterzimmer, um mit den Künstlern die ein oder andere Zigarette zu qualmen. Denn eigentlich ist das 59:1 ein Nichtraucherclub.

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