850. Stadtgeburtstag:Münchner Geschichten

Sprint mit Wotan, Laufen in Lederhosen und ein barmherziger Brezenspender - 200 mitunter sehr skurrile Projekte zum Stadtgeburtstag stammen von den Bürgern. Wir stellen fünf vor.

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Sprint mit Wotan, Laufen in Lederhosen und ein barmherziger Brezenspender - 200 mitunter sehr skurille Projekte zum Stadtgeburtstag stammen von den Bürgern. Wir stellen fünf vor.

Wotan rennt

Für Wotan macht sie alles, sogar einen Umzug. Wotan ist Dackel und "die sind anspruchsvoll", sagt Renate Platzöder. Die 70-Jährige ist deshalb aus München raus aufs Land gezogen. ,"Ein Dackel will oft Gassi gehen." Und er ist ein "bayerisches Urviech", sagt Platzöder.

Rauhaardackel "Waldi" war Maskottchen der Olympischen Spiele 1972 in München, Dackel Wotan ist auf dem Plakat zum 850. Geburtstag der Landeshauptstadt zu sehen. Und deshalb hat Platzöder auch ein Bürgerprojekt zum Thema organisiert: eine Dackelwanderung im Englischen Garten.

Mit 60 Hunden rechnet Platzöder am 6. September um elf Uhr am Brunnen vor der Universität. Von dort geht es zwei Stunden lang durch den Englischen Garten. Sie will den Dackel wieder in das Bewusstsein der Münchner rücken. ,"Im 19. Jahrhundert hatte praktisch jede Familie einen Dackel", sagt die Juristin. Man entdeckte die Natur, die Leute zog es in den Wald, und die Jagd war nicht mehr nur dem Adel vorbehalten, erklärt sie.

"Der Dackel begleitet den Menschen gerne und wurde ursprünglich für die Jagd auf Fuchs und Dachs gezüchtet." Allerdings ist der Dackel mittlerweile aus dem Stadtbild weitgehend verschwunden. "Auf hundert Hunde kommt in München nur noch ein Dackel", sagt die Organisatorin. Sie wolle den Menschen zeigen, was für ein liebenswertes Tier der Dackel ist, wie gut er sich benimmt, und dass auch die Hundebesitzer meist wohlerzogene Menschen sind.

Platzöder muss es ja wissen: Ihr Wotan war schon auf diversen Modenschauen, er ist ein begehrtes Model. Der achtjährige Hund wird im September natürlich auch dabei sein. Das Ziel der Wanderung muss unbedingt ein Wirtshaus sein, sagt Platzöder. "Dackelleute sind ein eigener Schlag, die sind gesellig."

Foto: Andreas Heddergott

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Schwitzen beim Kindllauf

Das Münchner Kindl wird am 19. Juli vor Freude Luftsprünge machen. Denn allein zu seinen Ehren werden an diesem Tag junge und alte, sportlichere und weniger sportliche Menschen mit und ohne körperliche Einschränkungen insgesamt vier Stunden lang durch die Münchner Innenstadt joggen.

Acht Läufe hat Organisator German Hehn für seinen "Münchner Kindllauf" beim Altstadtringfest geplant. Allein fünf Läufe gelten Kindern im Alter von drei bis 14 und gehen über - dem Münchner Stadtgeburtstag gebührende - 850 Meter, ferner gibt es einen Elite-Lauf für die Profis sowie Jedermann-Wettbewerbe über 8500- oder 3850 Meter.

Einen zünftigen Lauf hat der Organisator mit ins Programm genommen. "Es wird einen Lederhosn- und Dirndllauf geben", erklärt Hehn, selbst passionierter Mittelstreckenläufer und Fackelträger bei den Olympischen Spielen 2004.

Doch auch die übrigen Läufer müssen sich über ein dem Anlass gebührendes Erscheinungsbild keine Sorgen machen. Denn sie bekommen ein eigenes Münchner-Kindllauf-T-Shirt. Bedruckt natürlich mit dem Bild des kleinen Mönchs, das Künstlerin Barbara von Johnson eigens für das Ereignis entworfen hat. "Die Veranstaltung ist ein rein gemeinnütziges Ereignis. Alle Erlöse gehen an das Münchner Kinderhospiz", sagt Hehn und hofft auf viele Anmeldungen.

Foto: oh

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Der Brezenreiter

Robin Hood war gestern - 2008 ist das Jahr des Brezenreiters. Denn auch München hatte seinen mittelalterlichen Held in Strumpfhosen. Und der wird nun anlässlich des Stadtgeburtstages wieder seiner wohltätigen Mission nachgehen und Gebäck spendend durch die Altstadt reiten.

Stolz, edel und großmütig - so könnte der Steckbrief des Brezenreiters lauten. "Solche Männer braucht die Stadt", dachten sich Tobias Hörl, John Mullarney und Matthias Puschnig, als sie das Porträt der Stadtlegende in der Heilig-Geist-Kirche sahen.

"Wir begannen dann akribisch zu recherchieren. Diesen Brauch gab es tatsächlich. Er wurde im 14. Jahrhundert von dem reichen Kaufmann Burkhard Wadler und seiner Frau Heilwig ins Leben gerufen", erklärt Hörl. 3000 Brezen verteilte der Reiter - wahrscheinlich ein Knecht der Handelsfamilie - einmal im Jahr.

Die Tradition hielt sich über 500 Jahre. Dann allerdings fand der gutherzige Brauch ein grausames Ende. Im Jahre 1801 gingen dem unglückseligen Burschen die Brezen aus. Woraufhin ihn die enttäuschten und wütenden Bedürftigen angeblich übel zurichteten. Das war vorerst das Ende der Geschichte.

Bis jetzt. Nun wird der Vorzeige-Münchner am 30. April passend zum 850. Stadtgeburtstag wieder aktiv. Im schwarz-goldenen Adelskostüm startet er um 15.30 am Viktualienmarkt. Dabei spendet er jedoch nicht allein Brezen, sondern auch Gelder für die Sozialstiftung, dem altertümlichen Geist getreu als "Salzmaut" tituliert.

Foto: Stephan Rumpf

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Was die Münchner wünschen

Seit 850 Jahren haben die Münchner Träume, Hoffnungen, Visionen. Es sind eben diese persönlichen Sehnsüchte, denen Tänzerin Silke Heusinger in ihrem Wünsche-Projekt zum Stadtgeburtstag auf den Grund gehen möchte. Rund 100 "Wunsch-Interviews" möchte sie ab Mai mit den Münchnern führen, am 10. August präsentiert sie diese in Video- und Klanginstallationen im Botanikum der Öffentlichkeit.

Spartenübergreifende Gesangs- und Tanzdarbietungen sind darüberhinaus geplant. "Ich möchte mit Menschen unterschiedlichsten Alters, sozialer Abstammung und kulturellen Hintergrunds in Kontakt treten und ihre persönlichen Visionen herausfinden", erklärt die Tänzerin ihr Vorhaben.

Denn eines weiß Heusinger aus ihrer täglichen Arbeit als Bewegungstherapeutin und -trainerin: "Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, dass sich die Wünsche der Menschen nur wenig unterscheiden. Sie wollen alle geliebt werden, sehnen sich nach Anerkennung und sorgen sich um ihre Umwelt." Auf diese Gemeinsamkeiten möchte die Tänzerin die Menschen aufmerksam machen.

"Es geht mir um die Wahrnehmung, dass es Dinge gibt, die viel simpler sind, als man denkt", erklärt Heusinger. "Die Menschen sollen den Mut entwickeln, ihre Wünsche auch tatsächlich zu formulieren und zu realisieren." Heusinger hofft auf das Engagement ihrer Interviewpartner.

Eine altersübergreifende Gruppe für Tanz baut sie derzeit auf, zweimal in der Woche sollen sich die Mitglieder in ihrem Tanzstudio in Pöcking treffen. "Ich möchte die Menschen dazu anregen, ihre Wünsche auch in Bewegungen umzusetzen", sagt die Tänzerin.

Foto: oh

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München 1158 - Ein Streitfall

Das kommt uns doch allen bekannt vor: Die Verkehrsführung in und um München, wirtschaftliche Interessen von Bürgern und Verwaltern, Pöstchen-Rangeleien in den Reihen der Stadtregierung. Doch handelt es sich hierbei keineswegs um das alltägliche Themenspektrum der Lokalredaktion. Vielmehr geht es um den Ur-Streit der Stadtgeschichte. Sozusagen der Beginn von Intrigen, Klüngel, Buhlen ums Platzrecht an der Isar.

Das Jubiläum zum 850. Stadtgründungstag nehmen vier Historiker zum Anlass die Geburtsstunde der Landeshauptstadt zu inszenieren. Und zwar als Mischung zwischen mittelalterlichem Rededuell und Late-Night-Show mit Unterhaltungsfaktor. Denn Hubertus Seibert, Lorenz Meier, Jan Keupp und Richard Bauer werden in den Rollen von Herzog Heinrich dem Löwen, Kaiser Friedrich Barbarossa, Bischof Otto von Freising und der damaligen Stadtvertretung probieren, ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen.

Auch das Publikum soll aktiv an der Diskussion teilnehmen. Wer weiß, vielleicht wird dort ja ein Bürgerentscheid zum Thema Isarholzbrücke Realität.

Foto: NDR

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