Debatte in der Linkspartei:Doch wieder Krieg?

Talkrunde 'Lischka trifft...'

Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linken, steht angesichts des Vormarsches des IS in Kobanê vor schwierigen Fragen - die die Grundhaltung seiner Partei betreffen.

(Foto: dpa)

Die Mörderbanden des IS bringen in der deutschen Linkspartei einen Glaubenssatz ins Wanken: Nie wieder Krieg. Linke für einen Militäreinsatz, das ist eine Revolution - und für viele der Anfang vom Ende.

Kommentar von Constanze von Bullion

Bei der Linkspartei brennt mal wieder die Hütte, und diesmal brennt sie lichterloh. Nach dem Ärger um die Wechselwähler zur AfD und dem Streit um den Unrechtsstaat namens DDR ist jetzt ein Konflikt aufgebrochen, der ans Allerheiligste der Partei rührt: die Ablehnung jeden Kriegseinsatzes mit deutscher Beteiligung. Seit die Mörderbanden des Islamischen Staates (IS) die Kurdenstadt Kobanê einnehmen und da ein Volk überrannt wird, das seit Generationen zu den Geschundenen der Erde gehört, gerät auch in der deutschen Linken ein Glaubenssatz ins Wanken: Nie wieder Krieg.

Die Linkspartei hat diesen Satz verinnerlicht wie keine zweite Partei in Deutschland. Sie lehnt jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr ab. Und sie hat sich, das ist ihr zugutezuhalten, seit vielen Jahren für die Kurden engagiert und auf diesem Feld die Nachfolge der Grünen angetreten. Wenn man so will, ist das kurdische Volk ein Patenkind der Linken geworden. Weshalb die Genossen nun in eine Debatte stolpern, die so spannend wie aberwitzig ist. Ihre Überschrift lautet: Rettet die Kurden! Sofort! Aber bittschön ohne uns.

14 Politiker der Linken, unter ihnen bekannte Reformer aus dem Bundestag, haben ein Positionspapier verfasst, in dem eine "militärische Unterstützung" der Kurden gegen den IS gefordert wird. Der UN-Sicherheitsrat soll sich des Konflikts annehmen, die Weltgemeinschaft den Dschihadisten zeigen, was eine Harke ist.

Militäreinsatz ja, Bundeswehr nein

Linke für einen Militäreinsatz, das ist eine Revolution. Schon wütet es an der Basis, Linken-Obfrau Sahra Wagenknecht nennt das Papier "naiv". Die kompromisslose Anti-Kriegs-Haltung gilt als Alleinstellungsmerkmal der Linken, der Verzicht darauf vielen als Anfang vom Ende. Weshalb die Initiatoren der Debatte es vermeiden, die Sache laut zu Ende zu denken.

Wer nach der UN ruft und überzeugt ist, dass gegen den IS nur Kanonen helfen, eröffnet eine wichtige Debatte. Er wird aber alle Not haben zu erklären, wieso Deutsche da nur Zaungäste sein dürfen. Das nämlich tun die Verfasser des Papiers. Militäreinsatz ja, Bundeswehr nein, sagt Fraktionsvize Dietmar Bartsch. Er begründet das mit der abenteuerlichen These, Deutschland dürfe sich der Geschichte wegen nie militärisch in den Nahostkonflikt einmischen. Der IS-Vormarsch in Syrien und im Nordirak als Teil des Nahostkonflikts zwischen Israel und den Palästinensern? Bartsch sei eine Runde Geschichte empfohlen. Ein anderer meint, der Jammerzustand der Bundeswehr verbiete den Einsatz gegen IS. Das geht so weit am Thema vorbei wie die Erklärung eines Abgeordneten, er sei nicht bei den Grünen ausgetreten, um jetzt wieder auf ihren Spuren zu enden.

Und Gregor Gysi?

Sagt: Krieg ist schlecht. Wenn es ernst wird, macht die Linke sich Hemd und Parteiprogramm nicht schmutzig am Elend der Kurden. Dazu sollte sie stehen und zugeben, dass US-Amerikaner und Briten gern sterben können für die gute Sache, Deutsche aber leider nicht. Zynismus? Man kann die Sache umdrehen. Nie wieder Krieg, das trägt nicht mehr weit. Nicht nur die Linke, das ganze Land muss sich da auf den Weg machen.

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