Zeitungsmarkt:Beschädigte Eigenheiten

Die Redaktionen von "Münchner Merkur" und "tz" müssen sparen und daher vor allem im Lokalen enger zusammenarbeiten. Kündigungen sind Verleger Dirk Ippen zufolge nicht vorgesehen.

Von Karoline Meta Beisel

"Lokalreduktion" steht auf dem Zettel, den jemand an eine Tür im vierten Stock des Hauses des Münchner Zeitungsverlags gehängt hat. Genau so kommt einigen vor, was Geschäftsführer Daniel Schöningh dort, in den Redaktionen von Münchner Merkur und tz, am Dienstag verkündet hat: Eine gemeinsame Lokalredaktion soll künftig beide Zeitungen bestücken, die betroffenen Redakteure des Merkur sollen aus dem vierten Stock umziehen in die Räume der tz zwei Etagen tiefer. Auch die Kulturressorts sollen enger zusammenarbeiten, aber andersherum: Die tz-Leute ziehen rauf zum Merkur. Schon im Herbst sollen die Pläne umgesetzt werden.

Im Haus hatte man seit einigen Tagen mit so einer Ankündigung gerechnet. Dennoch herrscht jetzt Ratlosigkeit: Wie kann das gehen, mit einer gemeinsamen Redaktion zwei so unterschiedliche Leserschaften zu bedienen? Der Münchner Merkur ist eine klassische Abo-Zeitung, die tz bedient den Boulevard. "Synergieeffekte (. . .) sollen den Lesern beider Titel zugutekommen, unbeschadet der markenspezifischen Eigenheiten, die voll erhalten bleiben", teilten Verleger Dirk Ippen und Schöningh am Nachmittag schriftlich mit. Man erhoffe sich, "das lokale Angebot beider Titel nachhaltig" zu verbessern.

Kündigungen seien nicht vorgesehen, ergänzt Ippen auf Anfrage: "Es sind bei uns meines Wissens keine Entlassungen geplant, aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen auch nicht unbedingt Neueinstellungen. Die Kürzungen haben wir schon hinter uns." Dem Verleger zufolge hätte die tz ohne die Umstrukturierung Mitarbeiter einstellen müssen, da dort einige Stellen unbesetzt gewesen seien.

Überlegungen, tz und Merkur enger zu verzahnen, gibt es im Verlag schon länger. Im vergangenen Jahr hatte eine Arbeitsgruppe unter enger Beteiligung der Redaktionen das Konzept "Publishing 2020" ausgearbeitet, das dann aber doch nicht umgesetzt wurde. "Jetzt wird aus Teilen dieses Programms ein Sparprogramm gezimmert", sagt Betriebsrat Martin Prem aus der Merkur-Redaktion.

Gerade beim Merkur löst die Ankündigung neue Verunsicherung aus. Ende März hatte die bisherige Chefredakteurin Bettina Bäumlisberger den Verlag verlassen. Seitdem ist die Position unbesetzt, die Geschäfte führt der bisherige Stellvertreter Georg Anastasiadis, bis ein Nachfolger gefunden ist.

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