Zeitungskrise:Ausgedruckt

Der britische "Independent" stellt Ende März seine Printausgabe ein. Zuletzt war die Auflage auf unter 50000 gesunken. Mit seinem Schwesterblatt teilt sich der "Independent" 150 Journalisten. Es soll "einige Entlassungen" geben.

Von Christian Zaschke

Die britische Tageszeitung The Independent wird von Ende März an nicht mehr in gedruckter Form erscheinen. Das teilte Besitzer Evgeny Lebedev am Freitag mit. Die Zukunft des Blattes sei eine rein digitale. Der Independent ist damit der erste große, landesweit erscheinende britische Zeitungstitel, der seine Print-Ausgabe einstellt. Lebedev sagte, es werde "einige Entlassungen" geben. Dafür würden 25 neue Stellen in der Online-Redaktion geschaffen.

Der Independent ist 1986 von Journalisten unter Federführung von Andreas Whittam Smith gegründet worden. Er warb für sich als Zeitung, die unabhängig von den politischen Ansichten eines Verlegers ist - anders als zum Beispiel die Blätter des Medienunternehmers Rupert Murdoch. Das Konzept hatte zunächst Erfolg. In seiner besten Zeit in den Neunzigerjahren verkaufte sich das Blatt täglich mehr als 400 000 Mal. Zuletzt war die Auflage jedoch auf unter 50 000 gesunken.

Die Familie Lebedev hatte den Independent im Jahr 2010 übernommen. Seither soll sie rund 65 Millionen Pfund in die defizitäre Zeitung investiert haben, rund 83 Millionen Euro. Das kompakte und deutlich billigere Schwesterblatt i verkaufen die Lebedevs an die Gruppe Johnston Press, die rund 220 regionale Blätter besitzt, darunter den Scotsman und die Yorkshire Post. Der Evening Standard, der ebenfalls den Lebedevs gehört, sei von den Veränderungen nicht betroffen.

Das 2010 gegründete Kompaktblatt i erwirtschaftet rund fünf Millionen Pfund Gewinn im Jahr und galt als Lebensversicherung des Independent, der laut jüngsten Zahlen 4,6 Millionen Pfund Verlust im Jahr schrieb. In der gemeinsamen Redaktion beider Blätter arbeiteten nach mehreren Kürzungsrunden zuletzt noch 150 Journalisten. Stephen Glover, einer der Mitgründer des Independent, sagte der BBC, er rechne damit, dass bald weitere Titel ihre Print-Ausgaben einstellen. "Und in zehn bis 15 Jahren gibt es hier nicht mehr viele gedruckte Zeitungen", sagte er.

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