Zeitschrift "Allegra":Die Andere ist zurück am Kiosk

Allegra

Langer Abschied: Allegra.

(Foto: oh)

Weil ein ungewöhnliches Profil noch kein Geschäftsmodell ist, wurde die Frauenzeitschrift "Allegra" einst eingestampft. Zehn Jahre später spendiert der Springer-Verlag eine nachösterliche Wiederauferstehung - eine gute Nachricht.

Von Katharina Riehl

Das Ende steht ganz am Anfang, gleich nach Inhaltsverzeichnis und Editorial. Unter dem Titel "Es war einmal . . ." schreibt Andreas Möller, einst Chefredakteur des eingestellten Frauenmagazins Allegra, wie es zuging, als der Springer-Verlag jenem Heft erst erstaunlich viel Freiraum gab und es dann im Juni 2004 doch auf dem Zeitschriftenfriedhof begrub. Möller erzählt vom Anfang vom Ende, zwei Jahre vor der letzten Ausgabe, als eine neue Verlagsspitze deutlich machte, mit der Idee von Allegra wenig anfangen zu können. "Man konnte dem Mann nicht mal böse sein", schreibt er. "Anderssein schärft zwar das Profil, ist aber allein noch kein Geschäftsmodell."

Im Jahr 1995 hatte Springer die Frauenzeitschrift Allegra auf den Markt gebracht, der spätere Stern-Chef Andreas Petzold hatte das Konzept entwickelt, und auch er darf in der aktuellen Revival-Ausgabe seine Sicht der Dinge zu Papier bringen. Erzählen, wie er Springer ein neues Heft vorschlug, das "ohne Cellulite-Dragees, Diäten und Schönheitsfarmen auskommt". Vor allem aber gibt er Einblick in eine Zeit, als Verlage für eine gute Idee gleich mal ein Bürogebäude anmieteten, Leute einstellten, und einer wie Petzold "quasi per Handauflegen" zum Chefredakteur wurde.

Zehn Jahre nach dem Aus von Allegra hat Springer dem Heft nun also eine nachösterliche und zunächst einmalige Wiederauferstehung spendiert, was ja auch insofern eine hübsche Randnotiz ist, als der Verlag sich seines sonstigen Printangebots per Verkauf bekanntlich gerade nachhaltig entledigt hat. Das neue Heft wirkt dann auch ein bisschen wie eine Erzählung aus den guten alten Zeiten, mit vielen Verweisen auf alte Geschichten, mit alten Covers und Anekdoten aus den Redaktionsräumen am Hamburger Gänsemarkt. So schön war das, als wir noch an Zeitschriften glaubten.

Nichtsdestotrotz ist die neue Allegra, betreut von Uli Morant und Joachim Hentschel, auch ein hübsches Magazin, zumindest eins, von dem man gern wüsste, wie die zweite Ausgabe aussähe. Das Cover ist wieder schwarz-weiß, wie damals, bevor der eingangs erwähnte neue Verlagsmanager Titelfrauen in Farbe anordnete. Die Geschichten (Dating im Silicon Valley, Häuserkampf in Köln) sind nichts, was unbedingt in einer Frauenzeitschrift stehen müsste, was angesichts von wöchentlich 341 Sex- und Style-Guides eine gute Nachricht sein muss. Die Optik erinnert eher an Neon oder Vanity Fair als an Freundin oder Brigitte.

Allegra wurde damals eingestellt, weil der Verlag zu wenige Anzeigenkunden fand, da half es auch nichts, das Heft mit farbigem Cover und Taschenformat der Konkurrenz anzupassen. Der Vermarktungserfolg der Revival-Ausgabe sei "deutlich höher als erwartet", sagt Petra Kalb, die Verlagsgeschäftsführerin. Was natürlich gar nichts bedeuten muss. Man müsse "jetzt auch erst einmal abwarten, wie sich das Heft am Kiosk verkauft". Konkret geplant sei nichts. Der neue Anfang wäre dann nur ein Teil vom Ende.

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