Youtube-Video:Spaßziele

Die TV-Unterhalter Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf kritisieren die kampagnenhafte Griechenland-Berichterstattung vieler deutscher Medien. Ihre Botschaft: "#stopbeingassholes".

Von David Denk

Wer den ganzen Tag im Bademantel herumlaufen kann, hat es geschafft. Der Bademantel ist mehr als ein Kleidungsstück - er ist eine Chiffre für das süße Leben. Es ist Sommer 2015, "irgendwo in Europas größter Volkswirtschaft" telefonieren zwei Fernsehunterhalter miteinander, sie tragen Bademäntel und nennen einander "Klaasi", respektive "Janni". Klaas Heufer-Umlauf und Jan Böhmermann, so ihre vollen Namen, sind schwer gelangweilt - Sommerpause -, doch zum Glück haben sie ein Feindbild: Sobald sie auf Griechenland zu sprechen kommen, werden beide munter. "Und weißt du, was das Schlimmste ist: In Wirklichkeit sind die Griechen doppelt so reich wie wir Deutschen", ereifert sich etwa Böhmermann. Und Heufer-Umlauf sekundiert: "Ja, Deutschland hat auch Schulden, aber wir können sie wenigstens begleichen, weil wir morgens ziemlich früh aufstehen und den ganzen Tag arbeiten." Dabei sitzt er auf dem Sofa seiner Hotelsuite und hat sich gerade beim Zimmerservice was zu essen bestellt.

Ja, sind die denn verrückt geworden?

Natürlich nicht. In exakt jener Woche, in welcher der Spiegel "Unsere Griechen - Annäherung an ein seltsames Volk" titelt und der Focus populistisch "Keinen Cent mehr!" fordert, kritisieren die befreundeten Fernsehmoderatoren in einem Youtube-Video die Griechenland-Berichterstattung deutscher Medien wie Spiegel, Stern, Welt und allen voran die Bild-Zeitung, indem sie in ihrem Telefongespräch aus Schlagzeilen und Artikeln zitieren. Es ist ein Dauerfeuer der Herablassung, das da auf den Zuschauer einprasselt.

Nach dem Vorbild von US-Entertainern wie Jon Stewart und Stephen Colbert beziehen Heufer-Umlauf und Böhmermann politisch Stellung und verurteilen die Häme gegen Griechenland, die für sie einer Medien-Kampagne gleichkommt. Um auch bloß keinen Applaus aus der falschen Ecke zu bekommen, heißt es am Ende des knapp dreiminütigen Videos: "In diesem Sommer haben wir Deutschen eine historische Chance. Die Chance, uns ausnahmsweise mal nicht wie Arschlöcher zu benehmen." Bei Twitter ergänzte Böhmermann am Samstag: "Und nur falls es missverständlich sein sollte: für einen Schuldenschnitt. Einfach weil wir das können."

SPD-Chef Sigmar Gabriel reagierte auf das ihm von Böhmermann zugeschickte Video mit einer Einladung zu einem Treffen. Der gab ihm einen Korb: "Nee, Missverständnis, Herr Vizekanzler", twitterte Böhmermann. "Wir würden SIE gerne in dieser Sache instrumentalisieren, nicht andersrum."

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