Wolff-Christoph Fuss:Da ist ein Mann im Wohnzimmer

"Je mehr Leute zuschauen, desto mehr mäkeln": Wolff-Christoph Fuss kommentiert das Champions-League-Finale

Markus Schäflein

"Wenn er antritt, teilt sich das Meer", hat Wolff-Christoph Fuss mal über Lucio gesagt. Ein schöner Vergleich, weil er nicht einfach so dahingesagt wurde, um ein Stilmittel einzubauen; weil jeder, der Lucio einmal gesehen hatte, sich dachte, dass es keine besseren Worte gibt, diesen Antritt zu beschreiben. Man kann diesen Satz heute noch hören, auf YouTube haben Fans von Fuss Best-of-Videos seiner Kommentare zusammengeschnitten.

Mann vor einer Videowand Fussball, FC Bayern

Die Stimme von Wolff-Chrisotph Fuss wird aus unzähligen Fernsehern schallen, denn er kommentiert das Champions League-Finale.

"Das ist wirklich unvorstellbar, da fühle ich mich ehrlich geschmeichelt", sagt Fuss. Die Abstimmung auf dem Branchenportal transfermarkt.de zum besten deutscher Fußball-Kommentator hat er auch gewonnen, mit 31,1 Prozent und großem Abstand, als "Christopf-Wolf Fuss" zwar, aber immerhin. Er weiß, dass Kommentatoren öfter gehasst als geliebt werden: "Das ist kein Job, in dem dir die Herzen von Millionen Menschen zufliegen. Die Leute wollen das Spiel sehen, der Kommentator wird ihnen aufgedrängt", sagt er. "Sie sind gezwungen, einen Menschen in ihr Wohnzimmer zu lassen, den sie unter Umständen nicht mögen."

Auch an diesem Samstagabend, wenn Fuss das Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern München und Inter Mailand bei Sat1 kommentieren wird, werden sich wieder viele Zuschauer über ihn aufregen. "Ich gebe mich da keinen Illusionen hin. Je mehr Leute zuschauen, desto mehr mäkeln", sagt Fuss. Den einen ist der Kommentator zu laut, den anderen zu leise. Den einen ist er zu parteiisch, den anderen zu distanziert. Vorgaben vom Sender gibt es nicht, deshalb macht Fuss immer das, wonach er sich gerade fühlt. "Nah am Spiel bleiben" und "natürliche Emotionalität an der richtigen Stelle" - so nennt er das, es sind für ihn die Grundtugenden eines Kommentators.

"Als Bayern in Lyon noch das 3:0 geschossen hat, da konnte ich nicht mehr jubeln und brüllen - das hätte ich mir ja selbst nicht geglaubt." Zudem muss er den Spagat schaffen, sowohl eingefleischte Fans als auch zufällige Zuschauer anzusprechen. "Diesmal haben wir extrem viele, die nichts mit Fußball zu tun haben. Da kann ich nicht vom Sechser sprechen, da muss ich erklären, dass das der defensive Mittelfeldspieler ist", sagt Fuss, "da regen sich manche sicher auf."

Merkzettelchen mit Mannschaftsaufstellungen

Es ist das erste Champions-League-Finale, das Fuss kommentiert. Er ist zwar erst 33 Jahre alt, macht seinen Job aber schon seit 13 Jahren; von Beginn an kam er in den Sendern gut an, so dass er sein BWL-Studium schnell hinwarf. Er fing 1997 bei Leo Kirchs Digitalfernseh-Projekt DF1 an, wo er mitten in der Nacht Aufzeichnungen abstruser Partien aus der argentinischen Liga kommentierte. "Das war super zum Üben", sagt er heute. "Ob du für 100 Leute kommentierst oder für 15 Millionen - das ändert gar nichts. Nichts an der Vorbereitung, nichts an der Anspannung und nichts daran, dass du dich dabei so gut wie möglich amüsieren willst."

Er wird auch in Madrid seine gelben Merkzettelchen dabeihaben, mit denen er sich die Mannschaftsaufstellungen zurechtklebt, und seine 120 Seiten dicke Vorbereitungsmappe mit Fakten zum Spiel, die ihm die Redaktion zusammengestellt hat. Und er wird Lampenfieber haben, so wie immer, wenn er kommentiert, "das ist gut, das schafft ein bisschen Demut vor dem Ereignis."

Und wenn Lucio antritt, diesmal für Mailand, bringt er dann wieder seinen berühmten Satz? "Kann schon sein, aber ich bereite so etwas nicht vor. Diese Dinge fallen mir irgendwann mal ein, und dann liegen sie hinten in der linken Gehirnhälfte. Sie auszusprechen, entscheide ich dann in einer Sechzehntelsekunde." Fuss hat noch einen anderen Vergleich für Lucio im Hinterkopf, der auch mal zum Einsatz kommen könnte: "Ein-Mann-Büffelherde finde ich auch ganz gut."

ran: Champions-League-Finale FC Bayern München - Inter Mailand, Sat1, Samstag, 20.15 Uhr.

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