Wimbledon im TV:Tennis als Nischenprogramm

Wofür früher sogar die Nachrichten verschoben wurden, das läuft heute exklusiv auf Sky. Warum die ARD scheiterte, wenigstens das Frauenfinale aus Wimbledon zu zeigen.

Christopher Keil

So war es: ARD und ZDF verschoben alles, sogar Nachrichtensendungen, wenn Boris Becker oder Stefanie Graf gerade in wichtigen Spielen immer auch für Deutschland kämpften. Und weil am Anfang Wimbledon stand, Beckers Sieg im Alter von 17 Jahren und siebeneinhalb Monaten im Juli vor nun 27 Jahren, war vor allem das Grand-Slam-Turnier im Londoner Stadtteil SW 19 so etwas wie eine weihevolle Veranstaltung. Alles wurde übertragen, immer wieder auch nur Regen.

The Championships - Wimbledon 2012: Day Ten

Angelique Kerber wischt sich nach dem verlorenen Halbfinal-Match in Wimbledon die Tränen weg. Die Zuschauer konnten das nur auf dem Bezahlsender Sky sehen.

(Foto: Getty Images)

Dass Becker letztmals 1989 auf dem Rasen das All England Lawn Tennis & Croquet Clubs siegte, fiel nicht weiter auf, Graf gewann dafür um so öfter, einmal auch der Spieler Stich. Stundenlang ploppte es Ende Juni bis Anfang Juli aus den Fernsehgeräten der Deutschen. Serve, Volley, Punkt. Verlässlich übertrugen ARD und ZDF: alles - auch Tauben auf dem Stadiondach.

Heute ist Tennis, sofern es um die Verwertung der Live-Rechte geht, in Deutschland ein Strategiemittel des Pay-TVs geworden. 2004 berichtete die ARD letztmals aus Wimbledon live, damals gemeinsam und im Wechsel mit dem DSF (nun Sport 1). ARD und ZDF haben sich zurückgezogen.

1999 beendeten Becker und Graf ihre Profikarrieren, Tennis fiel wieder auf den Grund der Einschaltquotenmessung. Weil mit dem Erwerb eines Live-Rechtes auch eine Verpflichtung besteht, umfassend zu berichten, stiegen die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus. Es lag nicht am Geld: Stundenlange Tennisduelle hätten den Tagesmarktanteil nach unten getrieben.

Inzwischen wird Wimbledon - so wie viele andere Turniere - exklusiv bei Sky (früher Premiere) gezeigt. Wie exklusiv, merkte auch die ARD. Als Angelique Kerber aus Bremen vergangene Woche ins Frauen-Halbfinale vorstieß, versuchten die für den Sport zuständigen Herren des Ersten ein mögliches Finale mit Kerber als parallele Ausstrahlung zu erwerben. Die Sky-Manager lehnten ab. Deshalb fand Wimbledon 2012 erneut nicht statt im frei empfänglichen TV. Tennis ist ein Nischenprogramm geworden und wird noch eine Weile dort bleiben.

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