Weimers Satire-Comeback:Pardon, ich will nur scherzen

Es veräppelte in den sechziger Jahren alles, was der seriösen Presse heilig war. Dann wurde "Pardon" von "Titanic" abgelöst. Jetzt kommt das Satiremagazin unter der Leitung von Ex-"Cicero"-Chef Wolfram Weimer zurück. Ausgerechnet.

Willi Winkler

Das sind die Nachrichten, auf die die verunsicherte Welt gewartet hat: Pardon erscheint wieder, und die verlegerische Leitung soll bei Wolfram Weimer liegen. Die Meldung, die an diesem Mittwoch verbreitet wurde, ist nicht ohne Witz, auch wenn er sich nicht auf den ersten Blick erschließt.

Satire-Magazin "Pardon" in den 60er Jahren

1966 schrieben für die "Pardon", damals unter Verleger Hans Nikel, noch die jungen Genies Robert Gernhardt, F. W. Bernstein und F. K. Wächter. Jetzt wagt ausgerechnet Wolfram Weimer einen Neuanfang.

(Foto: DPA)

Die 1962 gegründete Zeitschrift Pardon hat sich das bleibende Verdienst erworben, die ewige Adenauer-Ära in Grund und Boden verlacht, verspottet, verhöhnt, ja, so verächtlich gemacht zu haben, dass Rainer Barzel auch 1972 nicht mehr Kanzler werden konnte. Loriot zeichnete für die erste Ausgabe, und die jungen Genies Robert Gernhardt, F. W. Bernstein und F. K. Waechter veräppelten in der Beilage "Welt im Spiegel" alles, was der seriösen Presse, vor allem jener aus dem Hause Springer, hoch und heilig war.

Alice Schwarzer wirkte noch als Reporterin, Günter Wallraff verkleidete sich, und Otto klaute die Gags so schamlos, dass er Gernhardt und die anderen schließlich offiziell als Co-Autoren beschäftigen musste. 1984 war das Werk nach mehreren Metamorphosen vollendet; Pardon entschlief und hatte in der Titanic längst einen würdigen Nachfolger gefunden. Seine bisher letzte Auferstehung erlebte Pardon dank des islamowahnen Bernd Zeller, der seine Ergüsse inzwischen großzügig an die Website Die Achse der Guten spendet.

Das eigentliche Rätsel bei dieser Wiederauferstehung ist Wolfram Weimer. In der Branche gilt der Mann als ziemlich beweglich. Sein selbstbewusstes Auflaufen bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung brachte ihm immerhin das Chefredakteuriat beim Politik-Magazin Cicero.

Bei Ringier war man nicht nur unglücklich, als er zu Focus ging, den er dann allen Ernstes vom Verbrauchermagazin zum konservativen Denkblatt verbessern wollte. Auch sonst ist Weimer für seinen Humor bekannt: Eine angebliche Enthüllungsgeschichte über Stefan Raab brachte Focus die ausführlichste (und lustigste) Gegendarstellung der deutschen Pressegeschichte ein. Zuletzt wirkte er als Kolumnist fürs Handelsblatt eher im Verborgenen.

Auch wenn es sich dem bloßen Auge nicht gleich mitteilt, gibt es doch eine gewisse Affinität zwischen dem Werte-Bewahrer Weimer und dem alten Pardon. Die "Welt im Spiegel" trug das schöne lateinische Motto "Pro bono, contra malum", es war nur nicht ernst, sondern - aufgepasst - ironisch gemeint. Aber vielleicht kann Weimer dem unsanft wachgeküssten Pardon ja mit seiner Trias der Werte aus freiem Unternehmertum, rücksichtsloser Papst-Verehrung und regelmäßigem Tischgebet ein ganz neues Zombie-Leben einhauchen.

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