WDR: Karstadt-Film verschoben:Mitternacht mit Middelhoff

Die ARD hat einen Film um die Karstadt-Pleite verschoben. Angeblich ist neues, brisantes Material aufgetaucht.

Christina Maria Berr

Der Film wurde groß angekündigt: In der ARD sollte am vergangenen Montag in der Primetime um 21 Uhr eine WDR-Dokumentation mit dem Titel "Karstadt - der große Schlussverkauf" über den Ausverkauf des Arcandor-Konzerns laufen. Die Macher des Films seien "weitverzweigten Spuren der Finanztransaktionen im In- und Ausland" gefolgt, heißt es in der Ankündigung.

Karstadt - der große Schlussverkauf, Foto: WDR, oh

Interview mit Middelhoff: Szenenbild aus dem Film "Karstadt - der große Schlussverkauf"

(Foto: Foto: WDR /oh)

Außerdem durfte man darauf wohl gespannt sein: "Erstmals nehmen sowohl Middelhoff als auch sein Vorgänger Wolfgang Urban in ausführlichen Interviews vor der Kamera Stellung." Die Programmpresse wies auf das Karstadt-Werk hin - doch der Film wurde nicht gesendet.

Stattdessen hob die ARD ohne weiteren Kommentar eine Dokumentation über die schicksalshafte Gipfelbesteigung der Messner-Brüder 1970 ins Programm. "Die Story: Tod am Nanga Parbat" ist ebenfalls eine WDR-Produktion.

Der Film über Middelhoff, das Symbol für Exzess-Kapitalismus, wurde sang- und klanglos auf den 24. Februar verschoben - allerdings auf den Nachttermin um 23:30 Uhr. Grund sollen laut WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn vor kurzem aufgetauchte neue Dokumente gewesen sein. "Wir haben in der Endphase der Fertigstellung des Films neues Recherchematerial erhalten, das wir nicht in so kurzer Zeit prüfen konnten", so Schönenborn.

Das offenbar durchaus brisante Material zu bewerten, sei nicht ganz einfach, so der WDR-Chefredakteur: "Es handelt sich um komplizierte rechtliche Sachverhalte. So etwas zu prüfen, schafft man ja nicht in sieben Tagen." Sie hätten den Film, wie er war, senden können - doch Chefredakteur und Redaktion entschieden, die neuesten Rechercheergebnisse noch einzuarbeiten.

Dass bei der Verschiebung des Films der eigene Hausjustiziar und Probleme mit den Verursachern der Arcandor-Pleite eine Rolle gespielt haben könnte, streitet Schönenborn ab: "Mit einer rechtlichen Intervention hat die Verschiebung nichts zu tun." Auch Rechtsanwalt Christian Schertz, der Thomas Middelhoff vertritt, erklärt: "Die Verschiebung hat mit uns nichts zu tun." Er habe lediglich vorige Woche nach den O-Tönen gefragt, deren Übersendung zugesagt worden war. Von neuem Material wisse er nichts: "Ich halte den Film für einen alten Aufguß alter Sachen."

Warum der Film, der ja nach offizieller Lesart mit brisantem Material angereichert werden soll, allerdings auf dem Sendeplatz 23:30 Uhr endgelagert wird, ist nicht ersichtlich. "Für mich hatte Priorität, dass wir es überhaupt präsentieren können, es war der nächste freie Sendeplatz", so WDR-Chefredakteur Schönenborn. Er verweist auf Schwierigkeiten bei der Programmplanung durch die Faschingszeit.

Und so muss sich Middelhoff, der in Köln an einer Finanzfirma beteiligt ist, auf die Zeit nach Rosenmontag gedulden.

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