Verlage:Neues von gestern

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Freitags im Handel: FAZ-Woche.

(Foto: oh)

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bringt ein wöchentliches Magazin für die "junge Elite" an den Kiosk.

Von Gerhard Matzig

Als Harry Rowohlt 1992 den legendären Proust'schen "Fragebogen" des nicht weniger legendären und kaum weniger Proust'schen FAZ-Magazins ausfüllte, beantwortete er die Frage "Was ist für Sie das größte Unglück?" so: "Daß manche Menschen sterben. Und manche nicht." Wäre er nicht auch selbst, was ein großes Unglück ist, vor fast einem Jahr gestorben, so könnte man ihn fragen, was er vom Wiedergänger des seit 1980 immer freitags erschienenen Magazins hält, das am 25. Juni 1999 nach 1008 Ausgaben zum allgemeinen Entsetzen eingestellt wurde.

Denn manche Magazine sterben. Und manche nicht. Das FAZ-Magazin ist seinerzeit eher dahin- und von uns gegangen als nur platterdings gestorben - wie es sich eben für Dinge gehört, die großartig sind. Die Frage ist also, als was es nun zurückkehrt. An diesem Freitag bringt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einer Erstauflage von 200 000 Exemplaren wieder ein Wochenmagazin heraus. Es kostet 3,50 Euro, erscheint sowohl gedruckt als auch in digitaler Form und heißt Frankfurter Allgemeine Woche. Es wendet sich an "jüngere Leserinnen und Leser, die an Einordnungen und Zusammenhängen interessiert sind", weshalb die erste Ausgabe auf 74 Seiten "kompakt und übersichtlich" allerlei einordnet und vielerlei Zusammenhänge herstellt. Auf dem Cover: Angela Merkel, gewandet wie eine Figur aus dem Marvel-Superhelden-Universum - und daneben Obama, dessen Superhelden-Cape im Wind flattert. Seine Ohren tun das nicht.

Eigentlich legt das Cover, das auf eigentümlich leise Weise eher laut ist, die Vermutung nahe, das Magazin P. M. ("Woher kam der Dino-Meteor?") habe sich mit Cicero (Merkel als Kate Winslet auf der Titanic) verheiratet. Die Artikel bestätigen das glücklicherweise nicht.

Allerdings bestätigen sie auch nicht die Hoffnung, die FAZ könnte sich an ihre große Magazin-Vergangenheit erinnern. Eher erinnert das Heft an die junge Vergangenheit des Böhmermann-Irrsinns ("Richter sind oft humorlos"), an die Vergangenheit des Reinheitsgebots ("Bier-Blues") und die Vergangenheit der Integrationsdebatte "Ein Landrat berichtet . . ." Die FAZ-Woche treibt Journalismus-Sampling für Leute Ende 30. Gut aufgemacht, sicher. Gut gedacht, sowieso. Gut abgehangen. Kleinkalibrig liegt das Magazin in der Hand.

Im Blick hat der Verlag - für Berichte aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissen und Kultur - "die junge Elite". Das sei ein "Premium Potenzial". Der Inhalt legt nahe, dass die junge Elite bis zu diesem Freitag aus mutmaßlich terminlichen Gründen noch nichts vom Fall Böhmermann gehört hat - oder von den niedrigen Kreditzinsen. Hat sie gar "die deutsche Messelandschaft in Zahlen" verpasst? Die junge Elite hat es nicht leicht. Vielleicht ist sie sogar das größte Unglück der Verlagsgeschichte.

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