Verlage:Klein gegen groß

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Die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" spielt offenbar mit der Idee, ihr Format radikal zu verändern. In der Redaktion kursiert offenbar ein Dummy - ob die Pläne tatsächlich umgesetzt werden, ist allerdings völlig offen.

Von Katharina Riehl

Als die Zeit vor einem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen feierte, gab Verleger Dieter von Holtzbrinck dem eigenen Blatt ein Interview. Er erzählte viele Geschichten aus alten Zeiten, unter anderem ging es auch um das Jahr 1997, als der Schweizer Roger de Weck Chefredakteur des Blattes wurde. In einer Frage zu dessen nicht unumstrittener Amtszeit heißt es, de Weck habe "sogar das DIN-A2-Format der Zeit infrage" gestellt. "In den Augen mancher Kollegen wollte er den Geist der Zeitung zerstören." Den Vorwurf wies Holtzbrinck, der de Weck einst einstellte, entschieden zurück.

Man liest diese Passage noch einmal mit größerem Interesse, wenn man weiß, dass 20 Jahre nach de Wecks Antritt das Format der Zeit tatsächlich zur Debatte steht. Bereits als die Hamburger Wochenzeitung Mitte Februar ihre Chefredaktion erweiterte, kursierte das Gerücht, ein großes Reformprojekt sei der Grund für die Neuberufung eines Reporters und einer Artdirektorin an die Spitze der Zeitung. Vor ein paar Tagen berichtete dann das Magazin Bilanz, dass über eine Verkleinerung des Formats nachgedacht werde.

Hört man sich also um in der Redaktion, erfährt man, dass ein Dummy existiere, den Chefredakteur Giovanni di Lorenzo großen Teilen der Redaktion bereits vorgestellt habe. Tatsächlich geht es bei der möglichen Veränderung aber wohl nicht nur um eine Verkleinerung der Zeitung, sondern um ein ganz neuartiges Format, in dem die einzelnen Teile des Blattes von einer Art Schuber zusammengehalten werden. Es ist offenbar noch völlig unklar, ob aus der Idee tatsächlich eine neue Form der Zeit wird, die Machbarkeit in Bezug auf Herstellung und Vertrieb muss geprüft werden. Und auch wenn das Projekt wirklich umgesetzt werden sollte, wäre das wohl frühestens in einem Jahr der Fall. Bemerkenswert ist der Vorstoß so oder so, gelten Formatveränderungen doch traditionell als heikel; viele Leser haben schon große Schwierigkeiten damit, wenn sich ihr gewohntes Layout minimal verändert.

Auf Anfrage zum Dummy, zur Wahrscheinlichkeit der Umsetzung und zum Zeitplan will man sich in Hamburg nicht äußern und teilt mit: "Wir entwickeln ständig neue Ideen, wie wir Die Zeit verändern können." Ein interner Innovationsbericht habe dazu vielfältige Anregungen gegeben, "die wir intensiv prüfen, aber nicht in jedem Fall umsetzen".

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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