Verlag in der Krise:Wie die Bischöfe um Weltbild ringen

Herbstvollversammlung Deutsche Bischofskonferenz

Vermutlich wird es Streit geben, wenn die Bischöfe in Fulda über die Zukunft des Weltbild-Verlags diskutieren

(Foto: picture alliance / dpa)

Wie soll es mit Weltbild weitergehen? Vor einem Jahr erst hatten die katholischen Bischöfe eine Stiftungslösung für den angeschlagenen Verlag gefunden. Aber die Stiftung existiert nicht. Nun steht der Verkauf von Weltbild erneut zur Diskussion.

Von Matthias Drobinski

Wieder einmal hat der Weltbild-Betriebsrat an die Bischöfe geschrieben, sorgenvoll, höflich, geradezu demütig. Vor einem Jahr habe "durch Ihre einmütige Entscheidung" glücklicherweise verhindert werden können, "dass unzählige Mitarbeiter und ihre Familien in finanzielle und wirtschaftliche Notlagen gerieten. Gott und Ihnen sei's gedankt!" Nun bitte man sie erneut "als Gesellschafter der Verlagsgruppe, Ihre Kraft und Einsicht darauf zu lenken, weiterhin das Schicksal vieler Hunderter Menschen mit ihren Angehörigen in eine positive Richtung zu führen". Unterzeichnet ist das Schreiben "mit herzlichsten Grüßen" vom Betriebsratsvorsitzenden Peter Fritz.

Die 65 Bischöfe und Weihbischöfe aus den 27 Diözesen des katholischen Deutschlands treffen sich wie jedes Jahr zur Herbstvollversammlung in Fulda; zu bereden gibt es einiges. Da ist Papst Franziskus mit seinen frappierenden Äußerungen: Bischöfe sollten bescheiden leben, die katholische Kirche nicht immer auf den Themen Homosexualität, Verhütung oder Abtreibung herumreiten. Da ist der Mitbruder Franz-Peter Tebartz-van Elst aus Limburg, dessen Bischofshaus immer teurer geworden ist; Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, der Bischofskonferenzvorsitzende, hat erklärt, dass die ganze Kirche in Deutschland unter dem Imageschaden leide. Es geht um den Stand des kircheninternen Dialogprozesses und um die Beteiligung am Luther-Jubiläum 2017.

Schwierigstes Thema: außerhalb der Tagesordnung

Das schwierigste Thema aber wird diesen Mittwoch außerhalb der Tagesordnung behandelt - es geht um die Rolle der Bischöfe als Unternehmer und Arbeitgeber.

Man kann es auch so sagen: Wieder einmal streiten die Bischöfe darüber, was sie nun mit dem Augsburger Weltbild-Verlag anstellen sollen. Die Verlagsgruppe (Weltbild, Hugendubel, Jokers, Droemer-Knaur) mit 6800 Beschäftigten und einem Umsatz von 1,59 Milliarden Euro, gehört zwölf Bistümern, dem Militärbischofsamt und dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Der Verlag macht, nach Jahren des Gewinns, zur Zeit Verlust - vor allem das Geschäft mit den Buchhandlungen ist schwierig geworden. Zudem werfen konservative Kirchengruppen ein scharfes Auge aufs Verlagsprogramm; ihr unermüdlicher Protest gegen einige Erotik- und Esoterik-Titel hatte Ende 2011 dazu geführt, dass die Bischöfe überhastet den Verkauf des Verlages beschlossen.

Für die Belegschaft war das ein Schock. Ein neuer Besitzer, so fürchtete sie, würde die Gruppe filetieren, das profitable Online-Geschäft ausgliedern, die Buchhandlungen schließen. Die Eigentümer saßen in der Klemme: Sollten die Verkaufsbedingungen auch nur einigermaßen den Ansprüchen der katholischen Soziallehre entsprechen, würde sich kaum ein Käufer finden. Dass die Kirche aber der Zerschlagung des Unternehmens und der Entlassung Hunderter Mitarbeiter zustimmen würde, erschien undenkbar.

Mehrere Bistümer favorisieren Verkauf

So einigten sich die Bischöfe 2012 auf eine Stiftungslösung: Jeder überführt seine Anteile und muss sich nicht mehr ums operative Geschäft kümmern, ein Aufsichtsratschef, gestellt von der Kirche, wacht übers Verlagsprogramm. Ausgedacht wurde die Idee im Erzbistum München-Freising; der Münchner Kardinal Reinhard Marx, mit 13,2 Prozent der größte Anteilseigner, setzte sie durch, sein Generalvikar Peter Beer wurde Aufsichtsratschef.

Bis heute allerdings gibt es diese Stiftung nicht. Unter der Führung des Erzbistums Köln favorisieren nun offenbar drei weitere Bistümer doch den kompletten Verkauf. Bleiben sie bei dieser Haltung, stellt sich mal wieder die Grundsatzfrage für den Weltbild-Verlag.

Die Motive der Stiftungs-Gegner sind vielschichtig: Kölns Kardinal Joachim Meisner misstraute schon immer der Versicherung, dass es künftig keine Sex- und Pendel-Literatur mehr geben werde. Anderen ist die starke Stellung des Münchner Erzbistums und Erzbischofs nicht recht. Und die Frage, ob die katholische Kirche in dieser Weise weltliche Unternehmerin sein soll, kann man ja tatsächlich auch verneinen.

"Die reden mal so und mal so"

Kardinal Marx und sein Generalvikar Beer argumentieren dagegen mit der Verantwortung, die die Bistümer als Eigentümerinnen der Weltbild-Gruppe nun einmal hätten - eine Kirche, die 6800 Mitarbeiter am Ende einer Heuschrecke überantwortet, das gehe nicht. Beide reizt aber auch der Gedanke, einen der größten und bekanntesten deutschen Buch- und Medienhändler zu nutzen, um mit größtmöglicher Breitenwirkung und Marktmacht in die Gesellschaft hinein zu wirken.

Ob es Marx gelingt, die zögernden Bistümer zu überzeugen, ist offen, "die reden mal so und mal so", sagt ein Insider. Berichte, dass Weltbild gar die Insolvenz drohe, weil die Banken angesichts dieser Unsicherheit kein Geld mehr geben würden, hat der Verlag empört zurückgewiesen, doch es liegt auf der Hand, dass die Institute ungern Kredite an ein Unternehmen geben, dessen Besitzer sich gegenseitig blockieren. Auch das werden Marx und Beer klar zu machen versuchen.

Die Gewerkschaft Verdi hat sich ebenfalls an die Bischöfe gewandt: Der Umbau müsse "ohne Personalopfer" gelingen, fordert sie. Das klingt nicht ganz so nett wie der Brief vom Betriebsrat aus Augsburg.

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