US-Medien:Schweigen über Trump

Dean Baquet, Chefredakteur der New York Times

Dean Baquet, 61, ist seit Mai 2014 Chefredakteur der New York Times.

(Foto: Reuters)

"New York Times"-Journalisten sollen keine politischen Meinungen mehr twittern, so will es ihr Chefredakteur. Nur so könne man den Lesern glaubhaft machen, dass das Blatt keine "Vendetta" gegen den Präsidenten führe.

Von Katharina Riehl

Am Freitag veröffentlichte die New York Times einen Artikel, der sich nur in zweiter Linie an ihre Leser richtete. In erster Linie richtete sich der Text an die eigenen Mitarbeiter. Unter der Überschrift "Die Times gibt Richtlinien für die Nutzung von sozialen Medien in der Redaktion heraus" machte Chefredakteur Dean Baquet seinen Mitarbeitern eine durchaus bemerkenswerte Anweisung: Sie sollen sich beim Twittern künftig bitte zurückhalten.

Der erläuternde Text, in dem Baquet einige führende New-York-Times-Journalisten als Unterstützer seiner Richtlinien nennt, beginnt mit ein paar allgemeinen Zeilen über die gewachsene Bedeutung von sozialen Medien für den Journalismus. Man könne bei Twitter & Co. neue Zielgruppen erreichen, die Leser mit einbeziehen und die eigenen Texte bewerben. Aber, so weiter, soziale Medien "stellen potenzielle Risiken für die New York Times" dar: "Wenn unsere Journalisten als parteiisch wahrgenommen werden oder wenn sie in den sozialen Medien ihre Meinungen äußern, dann kann das die Glaubwürdigkeit der ganzen Redaktion untergraben." Man habe die Redaktion immer dazu angehalten, auf Äußerungen zu verzichten, die dem Ruf des Blattes in Sachen Fairness und Neutralität schaden können. Jetzt aber gebe es detailliertere Anweisungen - eine "Zuwiderhandlung wird in den Beurteilungen der Mitarbeiter festgehalten".

Das sind deutliche Worte, mit denen Dean Baquet auf etwas reagiert, das er offenbar als Problem betrachtet. Bereits am Donnerstag hatte der Chefredakteur bei einer Veranstaltung öffentlich darüber gesprochen, wie schwer es sei, die Leser davon zu überzeugen, dass die New York Times keine "Vendetta" gegen den US-Präsidenten Donald Trump habe, wenn die Journalisten ihre persönliche Meinung via Twitter mit der Welt teilen. Er sei der Meinung, seine Journalisten sollten in den sozialen Medien nichts aussprechen, das sie nicht in der New York Times sagen können.

Dem Artikel zufolge dürfen die Journalisten der New York Times künftig nicht nur keine parteipolitischen Meinungen mehr äußern, keine Kandidaten unterstützen und keine politischen Ansichten bewerben, sondern sich zum Beispiel auch nicht mehr als Verbraucher über Twitter bei Firmen beschweren. Auch das Eintreten in parteipolitische Facebook-Gruppen ist nach der neuen Regelung nicht erwünscht. Für das Weiße Haus, heißt es in dem Text, mache es keinen Unterschied, ob eine Meinung von einem Journalisten privat geäußert werde oder von der New York Times als Institution. Die strengeren Richtlinien gelten auch für alle, die nicht über die Regierung oder über Politik berichten.

Die Washington Post nannte die Entscheidung des Konkurrenzblatts einen Punktsieg für Kellyanne Conway. Die Beraterin Donald Trumps hatte mehrmals geklagt, man erkenne an den Twitter-Beiträgen von Journalisten deren politische Voreingenommenheit.

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