US-Medien:Recherche, bitte

Journalistische Stiftungen in den USA erleben seit der Wahl von Donald Trump einen Spendenboom. Auch der Komiker John Oliver ist ein Grund dafür.

Von Viola Schenz

Um der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten etwas Positives abzugewinnen, böte sich folgende Nachricht an: Journalistische Stiftungen und gemeinnützige Recherchebüros können sich freuen - ihre Arbeit ist vorerst finanziell gesichert, denn sie erleben derzeit eine Spendenflut. Der New York Times zufolge ist besonders die Zahl kleiner Spenden, also von Privatpersonen, die bei zehn Dollar beginnen und irgendwo im dreistelligen Bereich enden, seit dem Wahltag am 8. November sprunghaft angestiegen.

Allein Pro Publica, eine Organisation für investigative Recherche mit Sitz in New York, hat seit November 750 000 Dollar an Kleinspenden verzeichnet, ein gewaltiger Anstieg im Vergleich zu den 500 000 Dollar, die Pro Publica insgesamt 2015 an Kleinbeträgen einsammelte. Und das gemeinnützige Center for Public Integrity in Washington, das ein "Internationales Konsortium Investigativer Journalisten" organisiert, verzeichnet bis zu 70 Prozent mehr Spenden im Vergleich zum Vorjahr.

Da die Geber in der Regel kein Motiv für ihr Tun nennen, lässt sich über den Geldfluss nur spekulieren. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass viele Amerikaner aufgeschreckt sind von Fake News, also gefälschten Nachrichten, die insbesondere im Präsidentschaftswahlkampf über soziale Medien und manche TV- und Radiosender gezielt verbreitet wurden. Dazu kamen womöglich Trumps Dauerattacken gegen all jene Medien, die kritisch über ihn berichten. Deswegen wollen diese Aufgeschreckten nun offensichtlich investigativen, unabhängigen Journalismus unterstützen.

Eine Rolle in der Geschichte des Spendenbooms spielt auch John Oliver. Der überaus beliebte Komiker und Moderator der amerikanischen Late-Night-Show Last Week Tonight hatte zur Wahl wiederholt einen Appell an seine Zuschauer gerichtet: Wenn ihr guten Journalismus wollt, dann zahlt dafür! Bei Pro Publica gingen danach Spenden im Minutentakt ein. Deren Direktor Richard Tofel erklärt sich das mit "dem Bedürfnis vieler Menschen, staatsbürgerlich in Aktion zu treten".

Nicht nur gemeinnützige Recherchebüros erleben mehr Aufmerksamkeit, sondern auch traditionelle, gewinnorientierte Medien. So zählte allein die New York Times zwischen dem 8. und 26. November dieses Jahres 132 000 zahlende Neuabonnenten für ihre gedruckten und digitalen Ausgaben.

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