US-Filme:Geheimwissen

Erstmals kursieren Quoten zu Netflix, dem großen US-Filmanbieter, der die klassischen TV-Sender immer wieder in Aufregung versetzt mit Eigenproduktionen, aber auch attraktiven Lizenzen. Doch stimmen die Zahlen?

Von David Steinitz

Eins der am besten gehüteten Geheimnisse der Unterhaltungsindustrie sind die Zuschauerzahlen des amerikanischen Streaming-Dienstes Netflix. Die US-Firma hat als neuer Online-Konkurrent die klassischen Studios und Fernsehsender zuletzt ordentlich ins Schwitzen gebracht - zumindest gefühlt. Denn über konkrete Bilanzen schweigt das Unternehmen sich eisern aus; Quoten wie im alten TV gibt es nicht.

Nun hat ein Forschungsinstitut aus San Diego im Auftrag mehrerer Produktionsfirmen versucht, Netflix-Zahlen zu bekommen - ohne die Mithilfe von Netflix. Die Kernfrage: welche der gefeierten Originalserien des Streaming-Dienstes sind bei den Abonnenten wirklich erfolgreich? Das Ergebnis: Die neue Superhelden-Serie Daredevil sei derzeit beliebter als alle anderen Netflix-Serien, übertreffe sogar den Polit-Thriller House of Cards. Zum Vergleich: 10,7 Prozent der US-Abonnenten hätten sich mindestens eine Folge Daredevil angeschaut, seit die Serie am 10. April gestartet ist. Die Folgen der ebenfalls kürzlich gestarteten dritten Staffel House of Cards hätten nur 7,3 Prozent der Abonnenten angeklickt. Viel Diskussionsstoff für die überraschte Filmbranche.

Das große Problem mit diesen Zahlen, die gestern von der Hollywood-Fachzeitschrift Variety veröffentlicht wurden: Es ist nicht klar, ob sie stimmen. Denn unter den 2500 Teilnehmern der Messung sind nur Abonnenten, die Netflix auf dem Computer, Tablet oder Smartphone benutzen. Und die lassen sich vielleicht gar nicht zum Durchschnitts-Netflix-Kunden hochrechnen, von denen es laut Variety allein in den USA insgesamt über 40 Millionen gibt. Viele Menschen rufen den Dienst über den Fernseher ab - vielleicht mit ganz anderen Serien-Interessen. Außerdem stellt sich die Frage, mit was man die Zahlen vergleichen soll: Bislang spielt kaum ein Produzent in der gleichen Liga wie Netflix; Firmen wie Hulu oder Amazon holen erst langsam auf. Zudem sind die Budgets der Serien nicht bekannt, es lässt sich kaum feststellen, ob sich der Aufwand gelohnt hat, gemessen an der Zuschauerzahl. Und Netflix selbst? Schweigt wie gewohnt: kein Kommentar zur Studie.

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