Urteil:Kein Geheimnis

Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag den Auskunftsanspruch der Presse gestärkt: Auch privatrechtlich organisierte Unternehmen der Daseinsvorsorge müssen sich Fragen gefallen lassen - wenn mehr als die Hälfte ihrer Anteile der öffentlichen Hand gehören.

Von Karoline Meta Beisel

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist eine Behörde ein Ort mit schlechtem Kaffee und arbeitnehmerunfreundlichen Öffnungszeiten. Für den presserechtlichen Auskunftsanspruch war der Begriff der "Behörde" schon immer etwas weiter zu verstehen; nun hat ihn der Bundesgerichtshof noch einmal ausgeweitet und so den Auskunftsanspruch der Presse gestärkt.

Am Donnerstag entschied das Gericht, dass auch privatrechtlich organisierte Unternehmen eine Behörde im Sinne des Auskunftsanspruchs sein können - wenn sie "von der öffentlichen Hand beherrscht", also zu mehr als der Hälfte in öffentlichem Eigentum stehen, "und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben" eingesetzt werden.

In dem Fall ging es um einen Wasser- und Stromanbieter in Nordrhein-Westfalen. Die Anteile der Aktiengesellschaft werden mehrheitlich von Kommunen gehalten. Der Kläger, ein Journalist, hatte an einem Artikel über die Finanzierung des Bundestagswahlkampfs der SPD im Jahr 2013 und früherer Landtagswahlkämpfe der Partei in Nordrhein-Westfalen gearbeitet. Sein Verdacht: Die Firma könne Blogs, in denen SPD-freundliche Beiträge erschienen, indirekt finanziert haben.

Ein entsprechendes Auskunftsverlangen hatte die Firma mit Verweis auf schutzwürdige private Interessen zurückgewiesen. Zu Unrecht, wie der BGH klarstellte: Im Hinblick auf die sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel und die politischen Aktivitäten eines kommunal beherrschten Unternehmens bestehe ein gewichtiges öffentliches Informationsinteresse, das schwerer wiege als das Geheimhaltungsinteresse der Firma.

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