Übernahmeschlacht:Ein Brief aus Japan

Der japanische Medienkonzern Nikkei hat die "Financial Times" übernommen. Per Brief versucht der neue Eigner zu beruhigen.

Von Caspar Busse, Björn Finke

Es ist eine Institution des Journalismus in Großbritannien - die bald in japanischer Hand ist: Der überraschende Verkauf der altehrwürdigen Financial Times an die japanische Mediengruppe Nikkei sorgt auf der Insel für Wirbel. Und nicht nur positiven. Während der Guardian die Finanzkraft des neuen Eigners lobt, breitet die konservative Tageszeitung The Times die Klage eines Managers aus, der einst in Japan einen großen Korruptionsskandal in seiner Firma aufdeckte, dem Optik-Konzern Olympus.

Michael Woodford, so der Name des Mannes, steckte die Geschichte damals der FT. Dem japanischen Wirtschaftsblatt Nikkei hingegen vertraute er nicht, weil diese Zeitung das Sprachrohr der japanischen Konzerne sei, wie er nun sagt.

Ein schlechtes Image, das die Führung der Nikkei-Verlagsgruppe nun in einem Brief an die FT-Beschäftigten zu entkräften versucht. Man teile die Werte und Prinzipien der britischen Wirtschaftszeitung, heißt es in dem Schreiben vom Freitag. Und: Die Redaktion der lachsfarbenen Zeitung werde weiterhin "komplette Unabhängigkeit" vom Verlag genießen. Das Unternehmen werde in die FT investieren, um neue Produkte zu entwickeln und mehr Leser zu gewinnen. Ein Stellenabbau sei nicht geplant.

Am Tag zuvor hat das britische Verlagshaus Pearson den Verkauf der FT erklärt. Die Briten wollen sich auf ihr Geschäft mit Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien konzentrieren und freuen sich über 1,2 Milliarden Euro in bar. Ein sehr hoher Preis, wie Analysten urteilen. Zu hoch für einen Mitbewerber, den Axel-Springer-Konzern. Die Berliner verhandelten offenbar seit Monaten über einen Kauf des Blattes, das in Unternehmen Pflichtlektüre ist. Doch dann äußerte auch Rivale Nikkei Interesse - und setzte sich am Donnerstag durch. "Wir haben uns die Financial Times angeschaut und die Möglichkeiten sondiert", bestätigte eine Springer-Sprecherin.

Dabei soll die Redaktion der Londoner Wirtschaftszeitung das Springer-Angebot favorisiert haben. Ein europäisches Medienhaus erschien den FT-Machern als die bessere Alternative. Für Springer wiederum wäre das ein Coup gewesen. Vorstandschef Mathias Döpfner will aus dem Unternehmen einen internationalen Medienkonzern machen. "Uns interessiert derzeit besonders der englische Sprachraum", sagte er erst vor wenigen Wochen. Das Blatt aus London hätte also perfekt gepasst. Am US-Wirtschaftsmagazin Forbes waren die Berliner ebenfalls dran, an der Huffington Post wurde ihnen genauso Interesse nachgesagt. Zum Zuge kam Döpfner bislang jedoch nicht. Die FT wäre besonders reizvoll gewesen, weil das Blatt auch im Internet gut verdient. Hier sieht der Manager die Zukunft der Medienbranche. Aber die Chance ist nun vertan.

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