TV-Kritik zu "Menschen bei Maischberger":Lass uns über Sex reden

Das große Gerede hat begonnen: Sandra Maischberger eröffnet den Talk-Herbst in der ARD - mit dem Quotenthema Sexualität und der Bestsellerautorin Charlotte Roche. Erwachsene wollen einfach mal wieder über Sex reden. Da kann doch nichts schiefgehen. Oder?

Mirjam Hauck

Nur kurz kam die erste ARD-Talkrunde nach der Sommerpause ins Stocken: "Wo stehen die Männer?" fragte Sandra Maischberger die Runde, irritiert hakte Jutta Ditfurth nach: "Welche Männer?" Dann redeten in einer netten Frauenrunde Charlotte Roche, Jutta Ditfurth und Helmuth Karasek munter weiter über Sex ("nicht das Wichtigste auf der Welt"), Swingerclubs ("habe eine Einladung abgelehnt") und 50er-Jahre-Beziehungen ("führen wieder viele junge Erwachsene").

Charlotte Roche geht mit Alice Schwarzer ins Gericht

Es darf geplaudert werden: Sandra Maischberger hatte am Dienstag unter anderem Charlotte Roche zu Gast.

(Foto: dpa)

Selbst der in der Sendungsankündigung als "überzeugter Christ" beworbene Journalist Tobias-Benjamin Ottmar fügte sich mit Bonmots wie "Männer sind Schweine" hervorragend in die Runde ein.

Geladen hatte Maischberger eigentlich zu "Sexualmoral 2011: kein Anstand, kein Tabu?", doch auf derart moralinsauren Boden wollten sich bis auf die fehlplatzierte und bald verstummende Jugendärztin Esther Schoonbrood keiner begeben. Erwachsene wollten einfach mal wieder über Sex reden. Jugendliche haben nach 23 Uhr sowieso nichts vor und schon gar nichts im Fernsehen verloren, genausowenig wie ihre Probleme.

"Schoßgebete" als Sachbuch gelesen?

Klar, der Aufhänger der Sendung war Charlotte Roches Feuchtgebiete-Nachfolger Schoßgebete. Karasek und Ditfurth lobten den "großen Roman", gar dessen "britischen Humor". Bettina Böttinger hatte das Buch wohl aus der Sachbuchecke gezogen und kritisierte die "komplett verunsicherte" Protagonistin und die daraus zu folgernden Verwerfungen der Gesellschaft. Doch das kollektiv genervte Aufstöhnen: "Das ist doch ein Roman", ließ Böttingers angedeuteter Kritik allerdings keine Chance.

Und so weiß der Zuschauer nach diesem Plauderstündchen jetzt, was auch schon Goethe und/oder Karasek/Ditfuth/Roche wussten: Treue ist ein Mangel an Gelegenheit, sexualisierte C&A-Werbung schrecklich und es ist verdammt schwierig, in einer langjährigen Partnerschaft ein aufregendes Sexleben zu haben.

Gut, dass Maischberger dafür bei den Sexpertinnen der Nation einmal nachgefragt hat.

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