TV-Kritik zu "Die Rechnung geht auf uns!":Sprücheklopfer im Showkorsett

Die TV-Punks Joko und Klaas sollen mit ihrer neuen Spielshow "Die Rechnung geht auf uns!" das junge Publikum zu ProSieben holen. Trotz Pubertätskomik, Peinlichkeiten und ordentlich Glibberschleim geht diese Rechnung nicht auf. Eine kleine Nachtkritik.

Meike Mai

Zwei talentierte Moderatoren, schnittig, jung, in glänzenden Anzügen. Dazu ein Publikum das bei jedem Witz johlt, Glibberschleim im Dekolleté, amüsante Alltagsgeschichten. Der perfekte Mix fürs Privatfernsehen an einem Donnerstagabend. Bei "Joko & Klaas: Die Rechnung geht auf uns!" können sich Kandidaten durch eine persönliche "Challenge" auf einen Schlag von einer nervigen Rechnung befreien.

Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf mit Kandidatin Jenny

Joko Winterscheidt (links) und Klaas Heufer-Umlauf (rechts) mit Kandidatin Jenny.

(Foto: obs)

Bedingung: Es muss eine skurrile Geschichte dahinter stecken. Wie bei Stuart, der vor 26 Jahren Gitarrenunterricht nahm, diesen offensichtlich nicht bezahlte, und nun eine Rechnung über 478,34 Euro mit ins Kölner Studio brachte. Die Idee also ist erst mal neu, interessant und wahnsinnig zeitgeistig obendrein. In Zeiten einer Weltfinanzkrise scheinen einige für ein paar Euro zu vielem bereit zu sein - auch zu ungewöhnlich waghalsigen Aktionen. Trotzdem möchte man nach ein paar dieser sogenannten Challenges am liebsten umschalten. Warum nur?

Die eigentlichen Stars dieser Sendung sind nicht die Stunts, sind nicht die Scheinchen und auch nicht Kandidat Stuart. (Der effektheischend mit einem Trapez zwischen zwei Mauern von einer Seite auf die andere schwingt, um so viel Bargeld wie möglich zu grapschen.)

Die eigentlichen Stars dieser Show sind ihre zwei Moderatoren Joko Winterscheidt, 32, und Klaas Heufer-Umlauf, 28. Für sie wurde die Show erfunden. Sie stehen ganz vorne, auch im Titel der Sendung: "Joko & Klaas: Die Rechnung geht auf uns!". Auf ihre Kapriolen, ihr verbales Kräftemessen, ihre Komik ist der ganze Abend ausgerichtet. Programmiertes Chaos gewissermaßen. Nur leider: Es funktioniert nicht.

Um zu verstehen, weshalb es nicht funktioniert, muss man das Phänomen "Joko und Klaas" kurz erklären. Im Juni 2009 moderierte das Duo erstmals seine Chaos-WG-Sendung "MTV Home". Eine Show, in dem sich die beiden TV-Freestyler zu Albernheiten vor der Kamera anstachelten. Pubertäre Späße, sinnfreie Wettkämpfe und eine große Portion Coolness inklusive.

TV-Punks sollen Quote fürs Big Business machen

Die Freitagssendung wurde schnell Kult und war einer der letzten Gründe, überhaupt noch bei dem ehemaligen Jugendsender MTV vorbeizuschauen. Die beiden fielen auf - und weckten Begehrlichkeiten bei den etablierten Sendern. Mit deren unverbrauchten Gesichtern und ihrem Mut vor der Kamera müsste man doch wieder die junge, werbeträchtige Zielgruppe erreichen können!

Die TV-Punks sollen nun also Quote fürs Big Business machen. Seit einem Jahr sind Joko und Klaas deshalb beim Fernsehmacher Endemol unter Vertrag. Seitdem kennt auch der Sparkassenkunde aus Castrop-Rauxel die beiden. Und das 20:15-Uhr-Publikum sowieso. Fünf Formate wurden für die moderierenden Kichererbsen entwickelt, darunter die Quizsendung "Ahnungslos" oder die Spielshow "17 Meter" (beide ProSieben).

Zuletzt: "Joko & Klaas: Die Rechnung geht auf uns!". Für die neue Schuldenshow steckte man die beiden Anarchos in eine pompöse Kulisse, entwickelte "Challenges" und räumte den Sendeplatz um 20:15 Uhr. Bahn frei fürs Quotenglück also?

Eher nicht. Zwar sind die Storys hinter den Rechnungen durchaus amüsant. Aber die Moderatoren können in diesem Umfeld nicht so kess und kabbelig wie früher sein. Die Aufgaben sind oft umständlich und immer eklig. Halbnacktes Wettrutschen auf einer Schmierseife-Bahn etwa oder "Fragen beantworten und dann einem wild gewordenen Schäferhund davonlaufen, damit dieser einem nicht in den Arm beißt ..."

Die Show ist langatmig, pubertär, und nicht mal der finale Kampf um insgesamt 15.475,41 Euro kann der Sache nach zwei Stunden noch Drive geben. Hier verwechselt jemand Spaß mit Schadenfreude. Hier zwängen sich zwei Sprücheklopfer in ein Showkorsett, das ihnen nicht passt. Hier verspielen zwei coole Jungs gerade ihr Image fürs Big Business. Sorry, Joko und Klaas, aber diese Rechnung geht nicht auf!

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