TV-Kritik: "Brot und Spiele" in der ARD:Schwitzen für den Lorbeerkranz

Eine Geschichtsstunde ist dem Samstagabendshow-Gucker erspart geblieben. Dennoch hat die aufwendig produzierte Sendung "Brot und Spiele" allerlei spannende Fakten über die alten Römer gezeigt. Für Schauspieler Ralf Möller wurde es schweißtreibend.

Verena Wolff

Der Moment allerhöchster Anspannung kommt für Matthias Opdenhövel nach etwa zwei Stunden: Eine Reihe von Artefakten ist auf dem Sand des Archäologischen Parks in Xanten aufgebaut. Auf schmalen Säulen - es ist eine wackelige Angelegenheit. Und die Funde sind alle echt, wie der Moderator des Sandalen-Spektakels Brot und Spiele betont.

Fototermin zu 'Brot und Spiele'

Henry Maske musste seine Kräfte gegen Hollywood-Star Ralf Möller messen.

(Foto: dapd)

Er will seine acht prominenten Kandidaten hinter den Ausstellungsstücken versammeln. Sie sollen entweder die Funktion des Gegenstands, den Fundort oder das Fundjahr erraten.

Doch die Promis um "Gladiator"-Darsteller Ralf Möller und Ex-Boxer Henry Maske sind nicht so einfach in den Griff zu bekommen: Sie wollen sich die Artefakte anschauen. Genauestens. Und das am liebsten mit den Fingern. Opdenhövel, der eigentlich so coole Neuzugang der ARD, wird nervös. Er schiebt seine Kandidaten immer wieder beiseite, verbietet ihnen, auch nur die Säulen anzufassen. Irgendwann rutscht ihm heraus: "Wenn ihr wüsstet, was ich alles unterschreiben musste, damit wir dieses Spiel spielen können."

Der TV-Sender das Erste scheute offenbar keine Kosten, um in einer aufwendig produzierten Samstagabendshow das Leben der Römer lebendig werden zu lassen. Ein bisschen war das wie die Sommer-Ausgabe von Wetten, dass..?! in Sandalen und opulenten Kostümen, auf die der geneigte Samstagabendshow-Gucker ja bekanntermaßen in diesem Jahr verzichten muss.

Ein Amphitheater, ein bisschen wie das in Mallorca, aus dem Thomas Gottschalk dereinst seine launigsten Ausgaben sendete. Und ein bisschen wie die Shows von Stefan Raab, die in den vergangenen Jahren viele Zuschauer zu Pro7 gebracht und einen gewissen Matthias Opdenhövel bekannt gemacht haben. Die Überraschung über letzteres hält sich in Grenzen, denn produziert hat die Sendung Brainpool - das Unternehmen, das auch für die Sendungen des früheren Metzgers verantwortlich zeichnet.

Acht mehr oder minder Prominente, Hunderte Darsteller - und eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes für den Niederrhein. Für Spannung war gesorgt. Um die Wetterfrage gleich zu beantworten: Alles blieb ruhig. Und auch die Zählweise der Spiele, ebenfalls bekannt aus den Raab-Sendungen, sorgte für Spannung zum Schluss: Bei jedem Spiel wurden mehr Punkte vergeben, sodass am Ende das lange deutlich unterlegene Team um Henry Maske fast noch mit dem goldenen Lorbeerkranz geschmückt worden wäre.

Maske, der schon vor Tagen zu Protokoll gab, die römische Geschichte sei "schon beeindruckend", kam eine der glanzvollsten - und anstrengendsten Aufgaben des Abends zu: Er musste seine Kräfte im Kampf mit Hollywood-Star Ralf Möller messen.

Schweißtreibender Fünf-Minuten-Kampf

Eine schweißtreibende Angelegenheit war dieser Fünf-Minuten-Kampf, der sowohl Maske als auch Möller arg zum Schnaufen brachte. Mit Original-Helm, Schwertern und Riesen-Schilden mussten sich die beiden Hünen messen. Auch wenn Möller ein paar Zentimeter größer und etwa 20 Kilo schwerer ist als Maske, war es mit schlichtem Wegrammen nicht getan.

Der frühere Boxprofi erwies sich als flinker Kämpfer, der auch noch mit der linken Hand angreift. Maske hatte über seine Erfolgschancen im Gladiatorenkampf mit Möller sinniert. "Die haben mir den letzten Vorteil genommen, den ich hatte", denn der Sandboden in der Arena sei einfach zu weich, um seine Fähigkeiten als ehemaliger Profiboxer vollständig einsetzen zu können. "Ralf ist mir ansonsten körperlich ein wenig überlegen."

Doch Maske kam bestens mit seiner klobigen Ausrüstung klar und besiegte den früheren Gladiator-Darsteller. Eine Überraschung, nicht zuletzt für Maske. Beim abschließenden Wagenrennen setzte sich Christine Neubauer mit wilder Entschlossenheit klar gegen Andrea Kaiser durch - der Spielstand 15 zu 21, oder, stilecht, XV zu XXI, zeigte den Sieger deutlich an.

Die beiden letzten Wettkämpfe waren die spannendsten, das liegt wohl in der Natur der Sache. Und dazwischen? Allerlei Wissenswertes über eine Zeit, durch die sich die meisten Schüler im Unterricht eher quälen, die uns aber eine Reihe von Errungenschaften gebracht hat. Übertragen in eine heutige Welt, die verständlich ist. Da liest Jens Riewa im Kettenhemd die Tagesschau vor, "mit den gleichen nachrichtlichen Dauerbrennern wie heute". "Salvete", begrüßt er die Zuschauer - und liest von Riesen-Rollen ab. Auch musste er sich im Vorfeld der Sendung als Legionär durch das Römer-Leben kämpfen, merkwürdige Mahle essen und auch in einem Ruderboot schwitzen.

Mareile Höppner, Co- und so etwas wie eine Außen-Moderatorin, brachte noch allerlei Geschichts-Fakten in Erfahrung. Was etwa die Römer aßen, warum der Schleier der Braut orange war, wie gekämpft und wie Handwerk betrieben wurde. Jenseits von Ben Hur und Spartakus war das eine lehrreiche Samstagabendshow, die zwar keine tiefen wissenschaftlichen Erkenntnisse brachte, aber die historischen Fakten unterhaltsam aufbereitet hat. Und die bei einer Erkenntnis mitgeholfen hat: Ein Archäologe muss schubkarrenweise Dreck wegschaffen, ehe er eine kleine Entdeckung macht.

Auch der Leiter des Archäologischen Parks des Landschaftsverbands Rheinland in Xanten, Martin Müller, durfte ein bisschen Werbung für seinen Park und das Museum machen - und freut sich auf viele neue Besucher am Niederrhein, die über den Umweg Fernsehen ihre Faszination für die alten Römer entdecken.

Die wohl angenehmste Aufgabe im Vorfeld der Show hatten die Kandidatinnen Franziska van Almsick und Maite Kelly: Sie durften sich in einem Wellness-Tempel, wie er zu Zeiten der Römer wohl ausgesehen haben muss, vergnügen. Mit Sauna und warmen Bädern, mit römischen Reinigungsritualen und Körperpflege aus einer anderen Zeit - aber auch mit Haarfarbe aus Blutegeln, Lidschatten aus Fliegen und Lippenstift aus vergorenem Wein. Es war einfach eine andere Zeit, damals.

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