TV-Krimi "Föhnlage":Maßkrug und Mafialeichen

Ein "Alpenkrimi", der auch eine gute Komödie ist: Der BR zeigt eine bayerische Intrigengeschichte - mit Katharina Schubert als preußischer Gegenthese. Bei der Premiere erlebt man vor Ort, was "Heimat" in Garmisch bedeutet: nichts Gutes.

Katharina Riehl

Fünf Bücher lang hat der Krimiautor Wolf Haas seinen Privatdetektiv Simon Brenner durch diverse österreichische Städte und Ortschaften ziehen lassen, bis er ihn, im sechsten Band, endlich in seine Heimatstadt Graz zurückkehren lässt. Es lässt sich in Das ewige Leben, an Brenners Begegnungen mit seinen Freunden von der Polizeischule und deren Jugendsünden recht schön beobachten, was der Begriff "Heimat" für den Heimatkrimi denn nun eigentlich bedeutet: im Grunde nichts Gutes.

Dreharbeiten des BR-Heimatkrimis 'Föhnlage'

Die Schauspieler Martin Feifel und Andreas Giebel bei den Dreharbeiten in Oberau bei Garmisch Partenkirchen.

(Foto: dpa)

An einem warmen Herbstabend im oberbayerischen Garmisch zeigen der Bergidyllenort und sein Idyllenberichterstatter, der Bayerische Rundfunk, was man hier unter Heimatinszenierung versteht.

Vor dem Kulturzentrum stehen zahlreiche Damen im Dirndl samt passend gekleideten Männern, später, in der holzverkleideten Halle mit den flaschengrünen Stühlen tuten vier Alphornbläser. Es ist die erste Filmpremiere in Garmisch seit rund 40 Jahren, sagt der stellvertretende Bürgermeister. Und wenn der BR schon hierher kommt, um seinen neuen Heimatkrimi Föhnlage vorzustellen, zeigt Garmisch natürlich auch, was es an Folklore zu bieten hat.

Einen "Alpenkrimi" nennt der BR seine neue Produktion, nachdem er in den vergangenen Jahren mit Erntedank und Sau Nummer Vier bereits das Allgäu und Niederbayern zum Schauplatz von Mordermittlungen hat werden lassen. Die Marke "Heimatkrimi" des Bayerischen Rundfunks will dabei nicht nur Kriminalgeschichten außerhalb der Großstädte erzählen. Vor allem - und damit wäre man wieder bei Wolf Haas - sollen ziemlich seltsame Typen (Ermittler ebenso wie Täter) den heimatlichen Intrigensumpf zu einer abendfüllenden Geschichte zusammenbinden.

Eine gute Komödie, zweifellos

Ins fiktionale Garmisch wird der sichtlich nicht ganz taufrische Kommissar Hubertus Jennerwein (Martin Feifel) gegen seinen Willen versetzt. Kurz danach stürzt jemand durch die Decke eben jener Kulturhalle, in der im realen Garmisch gerade die Alphornbläser von der Bühne gegangen sind. Und irgendwie hängt das Bestatterehepaar (Andreas Giebel und Gundi Ellert), das Mafialeichen gegen viel Geld in Särgen versteckt, in dem Fall mit drin. Jennerwein jedenfalls muss quasi nur bis zum nächsten Stammtisch ermitteln, um das Zentrum aller Intrigen gefunden zu haben.

Eine gute Komödie, und das ist Föhnlage zweifellos, braucht neben all den Verlierern, Rumhängern und Mitläufern immer auch eine Gegenthese - und Rainer Kaufmann, der nach Erntedank bereits das zweite Mal in der BR-Reihe Regie führte, hat mit Katharina Schubert ohne Frage einen ziemlich guten Griff getan. Ihre Nicole Schwattke, die überambitionierte Jungermittlerin - vom Ehrgeiz ebenso zerfressen wie vom dringenden Bedürfnis, von ihrem neuen Chef gemocht zu werden - wird in ihrer preußischen, pferdeschwanzigen Verspanntheit zum idealen Hintergrund für all die alpenländischen Albernheiten.

Katharina Marie Schubert, 1977 in Niedersachsen geboren, hat sich an den Münchner Kammerspielen in den vergangenen Jahren in einer Unzahl von Rollen viel Lob von der Theaterkritik erspielt. Doch ist es genau der verspannte Humor der anstrengenden Polizistin, mit dem sie nun dabei ist, auch Kino und Fernsehen für sich zu erschließen. 2007 spielte sie in Ralf Westhoffs wunderbarem Ensemblefilm Shoppen - in dem Singles beim Speed-Dating größtenteils zwar keinen Partner, aber ein paar Wahrheiten über sich selbst finden - die sehr lustig frustrierte Isabelle. Im Dezember kommt sie mit Detlef Bucks Rubbeldiekatz wieder ins Kino.

Berliner Distanz zur bayerischen Heimat

Sie selbst sagt, sie habe ihr komödiantisches Talent bei sich selbst erst gar nicht so wahrgenommen. "So werde ich erst in jüngerer Zeit besetzt." Aber dann, sagt sie, sähen die Leute, dass es funktioniert, "und dann wird man natürlich auch immer wieder für so etwas besetzt". Sie grinst, gar nicht verspannt, wenn sie sagt: "Ich habe im Kino auch schon ganz ernste Rollen gespielt, nur dass die Filme leider so wahnsinnig gefloppt sind, dass das keiner wahrgenommen hat." Sie findet, dass ihre Karriere langsamer vorangehe als die mancher Kollegen. "Dafür hoffe ich, meine ist auf Stein gebaut und nicht auf Glas."

Föhnlage ist natürlich eine sehr bayerische Geschichte und Produktion, und auch Shoppen spielt in München. Die Zeit an den Kammerspielen hat Katharina Schubert auch künstlerisch im Süden verankert. Vielleicht auch deshalb ist sie nun erst mal weggezogen, nach Berlin, hat ihr festes Engagement gekündigt, spielt jetzt auch am Deutschen Theater in der Hauptstadt. Sie sagt, sie habe nach acht Jahren gedacht, sie müsse München mal eine Pause geben von sich und sich selbst auch eine Pause. "Ich dachte: Wenn ich jetzt nicht gehe, gehe ich gar nicht mehr, und dafür war es mir einfach zu früh." Als das Angebot für Föhnlage kam, war sie gerade weggezogen.

In Garmisch ist es mittlerweile Nacht geworden, die Trachten tragenden Premierengäste stehen mit Bierflaschen in der Hand vor dem Kultursaal herum, über ihnen leuchten die Sterne, nur ein paar Wölkchen umspielen die Berge. Katharina Schubert sagt, es sei schon sehr schön hier, die ganze Umgebung. Dann fügt sie hinzu: "Also wenn man hier nicht für immer sein muss."

Zu ihrer viele Jahre lang geliehenen bayerischen Heimat hat sie sich ganz offenbar ausreichend Distanz bewahrt.

Föhnlage, Bayerisches Fernsehen, Samstag, 20.15 Uhr.

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