TV-Dokumentation:Wo kein Gras mehr wächst

Arte zeigt eine Reihe über Steine als "Gedächtnis des Planeten" und erklärt, wieso manche für Hippies und andere für Eremiten gut sind.

Von Anke Sterneborg

So ein Stein ist ungeheuer stumm, macht aber trotzdem im Fernsehen viel her. In weichen Wellen und mit dramatischem Schwung schiebt sich rot, braun und weiß gestreifter Sandstein durchs Land, formt gigantische Schluchten, türmt sich zu Formen, die an Kathedralen erinnern und zu bizarren, steinernen Schaumkronen in Utah und New Mexico. Auf Hawaii ist einst brodelnd heiße Lava zu einer schwarzsilbrigen Knollenlandschaft aus Basalt erstarrt. Im indischen Rajasthan bergen Arbeiter ohne Helm und Schuhe schwere Quader aus weißem oder grünem Marmor aus einem Steinbruch. In der Bretagne werden zerklüftete rosa Granitfelsen von leuchtend türkisem Meer umspült. Und überall auf der Erde hoffen Menschen, dass sie statt irdischen Vulkangesteins nickelhaltiges Eisen aus dem All finden, Stücke von Meteoriten als Boten ferner Welten.

Nachdem die Filmemacherin Petra Haffter vor drei Jahren im Auftrag von ZDF und Arte fünf verschiedene Wüsten der Welt bereist hat, verlagert sie ihr Interesse von den kleinen Körnern auf die großen Brocken. In der fünfteiligen Reihe Gedächtnis des Planeten bezieht sie den Zuschauer in ihren unverhohlen subjektiven Blick mit ein, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu reklamieren. So lässt man sich von ihr an entfernte Flecken der Erde führen und erliegt mit ihr der Faszination für geologische Phänomene.

Warum nur verteilen Menschen Hinkelsteine in der Landschaft?

Als Gesprächspartner kommen Experten zu Wort, die die Entstehung und Entwicklung der Gesteine erforschen und erklären, aber auch Exzentriker, die den Steinen bizarre Lebensräume abtrotzen. Zum Beispiel die französische Familie, die sich in einem 600 Jahre alten Schloss mit dem porösen Granit arrangiert, aus dem es gebaut ist und der die Feuchtigkeit durch die Mauern ins Haus kriechen lässt. Oder die Hippies, die ihre polygame Wohngemeinschaft im Colorado-Plateau direkt in den Sandsteinfelsen hineingebaut haben, so ähnlich wie einst die Indianer ihre Pueblos. Oder der amerikanische Eremit, der sein Haus auf den hawaiianischen Basalt gebaut hat, weil er nicht gerne Rasen mäht, und in der Zerstörung dieses Lebensraumes auch einen Schöpfungsakt sieht.

Die Geschichte der Gesteine, das zeigt Petra Haffter, ist immer auch eine Geschichte von Menschen, die deren Widerstände brechen. Die sie zersägen, zerklopfen und sprengen, polieren, schleifen und hämmern, die Höhlenskulpturen in den Sandstein fräsen, Hinkelsteine in der Landschaft verteilen oder aus weißem Marmor einen Palast wie das Taj Mahal herausschlagen. Als Zuschauer kann man viel lernen über geologische Prozesse, über die rätselhafte Mystik der Steine staunen, über esoterische Theorien den Kopf schütteln - oder sich von den Bildern auch einfach nur für die nächste Urlaubsreise inspirieren lassen. Die wird dann allerdings echt hart.

Das Gedächtnis unseres Planeten. Arte, seit Montag bis 23. Oktober, Folgen täglich um 19.30 Uhr; alle Folgen abrufbar in der Mediathek Arte+7.

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