TV-Doku über Kriegsfotografen:Im Bilderkampf

Screenshot Arte.tv: Kriegsfotografen

Szene aus der Arte-Reihe "Ans Vergessene erinnern": US-Soldaten beim Einmarsch in den Irak 2003 (Screenshot arte.tv)

Bei Arte erzählen vier Kriegsfotografen aus ihrem bewegten Leben. Alle haben Schlimmes gesehen. Nur: Warum erfährt man nicht, aus welchen Gründen diese Menschen ihren Beruf trotz des Leids und der Gefahr lieben?

Von Michael Bitala

Es liegt in der Natur des Menschen, dass er wegrennt, wenn es kracht, wenn geschossen wird, wenn Gefahr droht. Ebenso liegt es in der Natur des Kriegsreporters, dass er genau das Gegenteil macht. Dass er in die andere Richtung läuft, ins Gefahrengebiet. Ohne Fotos, ohne Film, ohne Ton oder Augenzeugenschaft hat er keine Geschichte.

Natürlich fragt man sich, was das für Menschen sind, die ihre stärksten Reflexe überwinden müssen, und von denen eigentlich nur dann die Rede ist, wenn einer getötet wurde - so wie die im April in Afghanistan erschossene Fotojournalistin Anja Niedringhaus. Warum setzt jemand für ein Foto sein Leben aufs Spiel? Was treibt ihn an? Und was macht dieser Job mit ihm?

Bei Arte kommen jetzt vier Kriegsreporter zu Wort. Jeweils 26 Minuten lang. Da sitzen sie schwarz gekleidet vor schwarzem Hintergrund und sprechen über ihre Bilder, ihre Filme. Es sind klassische Werkstattgespräche, die gleichzeitig auch noch Ans Vergessene erinnern sollen. So heißt die Reihe.

Den Anfang macht der Franzose Patrick Chauvel, der von der Schlacht um Grosny erzählt, Mitte der Neunzigerjahre war das, und er könnte nicht nur von Tschetschenien erzählen, er war auch im Sechs-Tage-Krieg dabei, in Vietnam, Kambodscha, Libanon und eigentlich überall sonst, wo in den vergangenen 40 Jahren Krieg herrschte. Er zeigt verstörende Fotos aus Grosny, einer Stadt, in der es keinen Rückzugsort mehr gab, er erzählt von einem Russen, der auf der Kette eines Panzers saß und sich betrank. Im Inneren befand sich die verweste Leiche seines Sohns. Irgendwann haben tschetschenische Anwohner den Mann ergriffen, und (Chauvel sagt es nicht explizit) ihn vermutlich totgeprügelt, weil sein Sohn auf ihre Häuser geschossen hatte.

Eine knappe halbe Stunde ist nicht viel, um über einen solchen Einsatz zu reden. Umso mehr verwundert es, dass Chauvel ausführlich erzählt, wie er sich in eine Kollegin verliebte, wie er ihr die Haare gewaschen hat und wie aus ihnen nichts geworden ist. Auch spricht er darüber, wie er einen verwundeten Kollegen gerettet hat.

Aber es ist bei ihm wie auch bei den anderen drei Kriegsreportern, die über ihre Einsätze in Nigeria, Irak und Syrien erzählen, ein Jammer, dass man nicht wirklich etwas über sie erfährt. Ja, alle haben Schlimmes gesehen, alle sind mehr als einmal knapp mit dem Leben davongekommen und alle reden davon, wie schwierig ihre Arbeit ist. Aber sonst: eine Vielzahl von Anekdoten aus einem Reporterleben.

Man erfährt wenig über die Konflikte an sich, man erfährt ein bisschen über die Arbeitsbedingungen, und man erfährt nichts darüber, warum sie das tun und wie sie mit dem Erlebten umgehen. Vielleicht liegt es daran, dass Chauvel, der seine Kollegen in den weiteren Folgen befragt, schlicht vergessen hat, was Menschen interessieren könnte, die keine Kriegsreporter sind.

Ans Vergessene erinnern, Arte, viermal immer samstags gegen 17 Uhr.

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