TV-Doku im ZDF:Wie Christopher Clark in Australien singt und taucht

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Clark - Mein Australien /1/2) Sir Christopher Clark ist beeindruckt von den uralten Regenwäldern. (Foto: ZDF und Gero von Boehm)

Mit dem britischen Historiker hat das ZDF die Idealbesetzung für eine Australien-Doku gefunden. Auch der leicht deutsche Touch tut ihr gut.

TV-Kritik von Viola Schenz

Mit dem westlichen Interesse an Australien ist es so eine Sache. Es gäbe von dort einiges aus Politik und Wirtschaft zu berichten, aber in die internationalen Nachrichten schaffen es vor allem Katastrophen und Klatsch: Hai beißt Surfer, Waldbrände bedrohen Sydney, Prinz William, Kate und Klein-George besuchen das Outback.

Anders sieht es mit TV-Dokumentationen über Natur und "die Australier" aus, die schaffen es regelmäßig ins westliche Fernsehen, auch ins deutsche. Der ferne Kontinent ist bei Filmern beliebt - weil er so schön fremd und exotisch ist und tolle Bilder liefert und die Sonne zuverlässig und kameragerecht vom kornblumenblauen Himmel strahlt.

Jetzt hat das ZDF unter der Leitung von Gero von Boehm wieder einen Australien-Interpreten losgeschickt, und zwar den Historiker Christopher Clark. Der hat vor drei Jahren in seinem Bestseller "Die Schlafwandler" die Ursachen des Ersten Weltkriegs erklärt und ist jetzt in Deutschland so berühmt, dass er sogar im Titel dieser Terra-X-Ausgabe auftauchen darf.

Clark vereint mehrere Vorteile: Er ist in Sydney geboren, spricht fließend Deutsch, hat sich aber diesen niedlichen Rest englischen Akzent bewahrt, er unterrichtet in Cambridge und kann wie viele angelsächsisch geprägte Wissenschaftler Dinge so erläutern, dass der Laie sie versteht und der Experte was dazulernt, und er spricht so gut vor der Kamera wie er Bücher schreibt. Ein Multitalent, eine Idealbesetzung für eine Australien-Doku.

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Was dann kommt, ist das, was man von vielen Australien-Dokus kennt: ein Parforceritt über den riesigen vielfältigen, gegensätzlichen Kontinent: Urzeit und Gondwana, Besiedlung durch Weiße, glühendes Outback, Regenwälder, Boomerangs, Koalas, Uluru, Eukalyptus, riesige Krokodile, malende Aborigines, tödliche Schlangen, Great Barrier Reef, Didgeridoos, giftige Pflanzen, Opernhaus, hüpfende Beuteltiere, Bondi Beach, jagende Aborigines, fliegende Hunde, einsame Farmer - die ganze Palette, gequetscht in zwei Mal 45 Minuten. Uffff.

Christopher Clark fliegt, fährt, wandert überall hin, macht alles mit, singt, taucht, lässt sich in den Tropen klitschnass regnen und überall von den supernervigen Fliegen ärgern, die jeden Besucher in den Wahnsinn treiben und jeden Australier zu den absonderlichsten Abwehrtechniken. Ihre lästige Existenz downunder wird leider nicht erklärt, dafür gehen wertvolle Sendeminuten für Binsen drauf ("nach und nach entstanden an den Küsten Siedlungen, dann Städte", "ohne das Wissen der Ureinwohner hätten es die Entdecker noch schwerer gehabt als ohnehin schon").

Clark kommt ohne den Auswanderer-Besuch aus

Trotzdem schaut und hört man Clark gerne zu, er erklärt klug seine Heimat, weiß um die richtige Mischung aus Neugier und Zurückhaltung, spielt sich nicht, wie bei deutschen Dokumachern leider längst üblich, in den Vordergrund.

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Und: Clark kommt ohne den für deutsche Dokus typischen Besuch bei deutschen Auswanderern aus, die einem erklären, worin sich die Menschen in der Fremde von denen daheim unterscheiden und dass sie eine tolle Quelle für Bierschinken aufgetan haben. Diese Doku hat einen australisch-britischen Zugang mit leicht deutschem Touch - das tut ihr gut.

Die Australien-Saga - mit Christopher Clark, ZDF, Sonntag, 15.5., Teil 2 am 22.5., jeweils 19.30 Uhr.

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