TV-Comedians Engelke und Pastewka:Urdeutsche Schatten

"Wir beide haben ja nie geknutscht": Anke Engelke und Bastian Pastewka haben neue Sketche gedreht. Ein Besuch bei einem eingespielten Pärchen.

Hans Hoff

Wenn man ein bisschen Feuer in die Debatte bringen will, dann lässt man am besten irgendwann das Wörtchen Kommunismus fallen. Das funktioniert immer und gebiert wahlweise Reflexe oder längeres Nachdenken.

Wetten, dass..?

Mal grinsendes Volksblödelduo, mal Ladykracherin und wandelndes Fernsehlexikon: Anke Engelke und Bastian Pastewka (Archivfoto von 2009).

(Foto: ddp)

Anke Engelke denkt nach. Sehr angestrengt. Sehr ernst. Man sieht, wie ihr die Frage durch den Kopf geht, ob sich das, was sie mit dem Kollegen Bastian Pastewka betreibt, möglicherweise in die Kategorie kreativer Kommunismus einordnen lässt. "Kreativer Kommunismus", sagt sie in den Raum, und dann folgt ein lang gezogenes Fragezeichen, das sich wie "Mmh" anhört.

Während Engelke sinniert, bleibt Zeit, das Bild zu erklären, die Vorstellung einer kreativen Kommune, die da im Umfeld der Kölner Produktionsfirma Brainpool gemeinsam wirkt. Indizien dafür gibt es viele. Wenn etwa an diesem Freitag die neuen Folgen von Pastewka und Ladykracher bei Sat.1 starten, dann tun sie das natürlich wieder als Nachbarn im Programm.

Erst wird aus dem Leben eines leicht dicklichen Komödianten erzählt, dann folgen die kurzen Spots einer sehr wandelbaren Schauspielerin. Dass beide zusammengehören, erkennt man schnell.

Engelke taucht gleich zweimal in der neuen, inzwischen fünften Pastewka-Staffel auf, und in einem der Ladykracher-Sketche der sechsten Staffel trägt Matthias Matschke ein Pastewka-T-Shirt.

Zudem tritt dieser auffällig unauffällige Schauspieler ebenso in beiden Produktionen auf wie auch seine Kollegin Bettina Lamprecht. Und dann ist da noch ein Autor wie Chris Geletneky, der viel für Engelke geschrieben hat und immer noch schreibt, der sich im vergangenen Jahr aber stark bei Pastewka engagieren durfte. Man teilt sich - um das Bild der kreativen Kommune zu bedienen - sozusagen die Produktionsmittel und die arbeitende Bevölkerung.

"Nein", sagt Engelke schließlich. Kein Kommunismus, und auch der ihr beim Gespräch in Köln gegenübersitzende Kollege Pastewka schüttelt den Kopf.

"Weißt du noch"-Ping-Pong

"Wir haben da einen sehr tollen Pool an Leuten, die uns helfen. Ohne die würde das Ganze auch keinen Spaß machen. In anderen Produktionen fehlt mir oft der Humor des Autors, der mir sagt, warum er das macht. Mir ist total wichtig, zu wissen, warum Chris Geletneky eine Szene so oder so geschrieben hat. Ich verstehe erst dann, was ich zu spielen habe", sagt der 38-Jährige.

Er glaube nicht, dass einer alleine wichtig sei. "Es ist immer das Zusammenspiel von allen", fügt die sieben Jahre ältere Engelke hinzu und wird kurz spirituell: "Es gibt eine virtuelle Bibel, die alle Beteiligten kennen. Es geht schon mal einer voran. Der überzeugt aber, und dann ist es die Idee von allen."

Engelke und Pastewka an einem Tisch zu haben, bedeutet, dass man seine Kärtchen mit vorbereiteten Fragen wegwerfen kann. Zwei, drei wird man vielleicht los, dann übernehmen die beiden das Ruder, spielen "Weißt du noch"-Ping-Pong und werfen sich auch sonst die Bälle zu.

Von Pastewkas Schwäche für die britische John-Cleese-Serie Fawlty Towers und deren Präzision im Spiel springt das Gespräch zum Prinzip der Realitätsverweigerung in Engelkes Sketchen, zu den Chancen eines Ladykracher-Kinofilms, zu ihrer Vertretungsprofessur an der Kölner Kunsthochschule für Medien und schließlich zur Frage, ob man alte, auf Videokassette gespeicherte Wochenshow-Folgen einfach wegwerfen darf.

Pastewka erweist sich bei alledem als wandelndes Lexikon, aus dem im weichen Märchenerzählerton Daten und Fernsehfakten nur so heraussprudeln. Engelke dagegen ist eher die Frau fürs Hier und Jetzt, die in einem Moment eruptiv lachen, grölen und poltern kann, um im nächsten Augenblick sehr ernst zu wirken. Man weiß bei beiden nicht genau, was sie wann sind, was Rolle und was echt ist.

"Ehemann mit Charisma - das bist du nicht"

Eine solche Verwirrung muss schon 1996 geherrscht haben, als sie im Sketch-Team der Sat.1-Wochenshow erstmals aufeinandertrafen. Im ersten gemeinsamen Sketch sollte Engelke eine Frau spielen, die ihren Mann verloren hat. Pastewka gab den Reporter, der sie interviewen sollte.

Doch schon bei den Vorbereitungen kam es zu Irritationen, denn im Bus zum Drehort saß auch der Mann, der den Gatten spielen sollte. "Ich dachte: Das wird ein Kleindarsteller sein, der hat keinen Satz", erinnert sich Pastewka. "Anke hat aber schon auf dem Hinweg mit diesem Mann geknutscht. Ich ging noch zitternd meinen Text durch und habe gedacht: Das ist ja unglaublich. Wie die Engelke sich in die Rollen reinschafft."

In Wahrheit saß Engelkes echter Ehemann im Bus, der auch Chefautor der Wochenshow war. Trotzdem hat sie Verständnis für die Verwirrung des Kollegen. "Du hast ein bisschen gebraucht, um mich einschätzen zu können, weil ich ja Menschen ganz gerne irritiere", sagt sie zu Pastewka.

"Damit hattest du zu kämpfen. Weil ich ja auch mit Marco (Rima) immer geknutscht habe", berichtet sie und schiebt leicht verwundert nach: "Wir beide haben ja nie geknutscht."

Pastewka ist nicht der Typ für körperliche Nähe, zumindest im Fernsehen. "Mir hat man immer gesagt: Ja, weißt du, so eine Rolle als Ehemann mit Charisma, mit Rückgrat, mit Durchsetzungsvermögen - das bist du nicht. Spiel lieber so Typen, die Schatten ihrer selber sind", sagt er.

Küssen dürfen sich die beiden auch als Wolfgang und Anneliese nicht, also als jenes Volksmusik-Paar, das 2009 mit einer wunderbaren geträllerten Moderation den Deutschen Fernsehpreis geschmückt hat ("Die Doris Heinze schreibt so schön beim NDR mit Pseudonym") und auch bei Wetten, dass..? für Heiterkeit sorgte.

"Es ist so unglaublich gemütlich in diesen Rollen. Man kann sich da so reinsetzen", sagt Engelke. Mit einem Team von zehn Leuten sind sie damals beim Fernsehpreis angerauscht, haben ihren eigenen Autor und eigenen Regisseur mitgebracht. Genau das scheint ihr Erfolgsgeheimnis zu sein: Wo sie sind, da ist auch ihre Mannschaft.

Bei Wetten, dass..? hatten Engelke und Pastewka ebenfalls ihren eigenen Regisseur dabei. Der hat dann in der Show per Maskenbildnerin Zettel an seine Akteure gereicht. "Basti weniger lachen, Anke weniger mit Hugh Grant", stand drauf.

"Die macht einen guten Job. Super Alte."

So gut hat das grinsende Volksblödelduo funktioniert, dass seine Fortsetzung praktisch beschlossene Sache ist. "Wir glauben, dass da 2011 noch was kommt, dass Wolfgang und Anneliese auch mal rausgehen, sich mal zum Singen wie Günter Wewel auf eine Wiese stellen, so Kein-schöner-Land-mäßig", sagt Pastewka.

Fragt man, wie böse Wolfgang und Anneliese sein dürfen, schränkt Engelke rasch ein. "Es geht bei uns nicht um Häme. Die Texte von Wolfgang und Anneliese sind gar nicht so weit entfernt von den wirklichen Sachen", sagt sie.

Bei einem gemeinsamen Wochenende in der Eifel haben sich Engelke, Pastewka und Autor Geletneky kürzlich etliche Originale aus der volkstümelnden Unterhaltungsecke angesehen. Unter anderem auch eine komplette ZDF-Show mit Carmen Nebel, der Engelke nun neidfrei Respekt zollt. "Da ist viel drin. Die ist richtig charmant und macht einen guten Job. Super Alte."

Pastewka sieht Wolfgang und Anneliese auch als Erweiterung seiner Humorpalette an. "Momentan schwingen auch bei Pastewka oft amerikanische Vorbilder in der Comedy mit, ob nun Two and a Half Men oder Hangover, wo die Best Buddies unterwegs sind. Ich glaube aber, dass es noch eine andere Erlebniswelt gibt, die sich lohnt, auf die Comedybühne zu bringen: dieses Urdeutsche."

Letztlich vertrauen die beiden Kollegen aber auch darauf, dass sie in all ihren Fernsehjahren viel gelernt haben. Im schlimmsten Fall haben sie nicht viel zu erzählen, inszenieren das aber unterhaltsam.

Engelke hat ihr Können schon als kleines Mädchen auf dem Bildschirm bewiesen, und auch bei Pastewka reichen die Wurzeln weit in die Kindheit zurück. Damals, erzählt er, hätten sich seine Großmutter und Tante Käthe immer etwas vom jungen Bastian erzählen lassen, und der hörte dann, während er in der Küche zum Milchholen war, wie seine Oma sagte: "Nicht alles, was er erzählt, ist interessant." Woraufhin Käthe im besten Tantenton erwiderte: "Aber wie er es macht, gefällt mir."

Pastewka, Freitag, 22.15 Uhr; Ladykracher, Freitag, 22.45 Uhr, beide Sat1.

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