"The Walking Dead" im TV:Flott und blutig

Alle sind weg. Die Zombieserie "The Walking Dead" bei RTL 2 verlegt die Apokalypse in die amerikanische Kleinstadt. Vielmehr als um halbverfaulte Untote geht es aber um die Frage: Was ist und wie bleibt man menschlich?

Marc Felix Serrao

Zombies werden gerne unterschätzt. Anders als die edelbleichen, von pubertären Sehnsüchten verklärten Vampire, gelten sie als blöde Fressmaschinen. Dabei sind sie eine wunderbar bunte Truppe; es gibt Zombiebabys (Braindead), Zombienazis (Dead Snow), es gibt sogar nackte Zombies (Zombie Strippers).

The Walking Dead

An der Bushaltestelle: Zombies sind humaner als viele meinen.

(Foto: RTL II)

Und sie sind humaner als viele meinen. In der sehr schönen Splatterkomödie Shaun of the Dead etwa sieht man zu Beginn, wie Menschen stumpf auf ihre Handys eintippen und durch Supermärkte schieben. Sie tun das mit einer solchen Monotonie, dass der Held des Films kurz nach Ausbruch der Apokalypse erstmal gar nicht merkt, dass es Zombies sind, die jetzt durch sein Viertel schleichen. Das ist der böse kleine Subtext vieler solcher Filme: Ob ich blind vor mich hin konsumiere oder als hirntoter Zombie durch die Straßen ziehe, dass ist - zivilisatorisch gesehen - einerlei.

Einer, der das begriffen hat und ebenfalls den Menschen im Zombie sieht, ist Kleinstadtsheriff Rick Grimes (Andrew Lincoln). Er ist der Held der Serie The Walking Dead, die in den USA von Fox und AMC produziert wurde, dort Quotenrekorde brach und nun als "Eventprogrammierung" bei RTL 2 zu sehen ist - geballt als komplette erste Staffel an drei aufeinanderfolgenden Tagen.

Rick Grimes also wacht eines Tages im Krankenhaus auf, nachdem er angeschossen wurde, und findet: nichts. Alle sind weg. Der Sheriff stolpert im Kittel nach draußen und muss zu seinem Schrecken feststellen, dass die Welt während seines Komas untergegangen ist. Neben den normalen Leichen, die überall rumliegen, gibt es noch andere, die einem selbst dann an die Gurgel wollen, wenn ihnen die Gedärme aus dem Bauch hängen. "Streuner" nennt sein Retter, ein anderer Überlebender, diese Wesen abfällig - und knallt sie ab. Anders Grimes. "Tut mir leid, dass dir das passiert ist", sagt er in der Pilotfolge zu einer halbverfaulten Frau. Erst dann schießt er. Ein Horrorheld.

Die Frage, um die es in der ersten Staffel von The Walking Dead geht, reicht - wie so oft in diesem unterschätzten Genre - weiter als die blutrünstigen Szenen nahelegen: Was ist und wie bleibt man menschlich?

Sheriff Grimes findet im Wald zwar andere Überlebende, darunter auch seine Frau und seinen Sohn, die ihn für tot gehalten hatten. Doch die kleine Menschengemeinschaft hält ihren eigenen Horror bereit.

Neben den Zombies, die vor allem die nahe Großstadt bevölkern, macht ihr das Fehlen jedweder Ordnung zu schaffen. Konflikte brechen auf, Machtkämpfe, auch sexueller Natur, dazu Rassismus, Wahnsinn und blanke Gewalt. Manche Charaktere sind etwas schlicht geschnitzt und viele Zombie-Ideen aus zweiter Hand (Der Krankenhausstart? Aus 28 Days Later geklaut). Trotzdem ist die Serie ein rundes, flottes Stück Unterhaltung. Vor allem dank der Maskenbildner und Special-Effects-Leute, deren Arbeit die späte Sendezeit mehr als rechtfertigen.

The Walking Dead - Die erste Staffel, RTL 2, Freitag, 23.00 Uhr (Pilotfolge), 0.15 Uhr (Folge 2); Samstag, 23 Uhr (3), 23.55 Uhr (4), Sonntag, 22.05 Uhr (5), 23.00 Uhr (6).

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